Hamburg. Sechs HSV-Profis sowie Staff-Mitglieder überraschten den Kroaten in Split. Spieler verpassten auch riesige Autogrammstunde im Volkspark.
Am Montag wurde es übersichtlich im Volkspark. Trainer Steffen Baumgart standen gerade einmal 13 Feldspieler und zwei Torhüter zur Verfügung. Der Grund hätte allerdings kaum rührender sein können: Einige HSV-Spieler fehlten, weil sie den wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic in seiner kroatischen Heimatstadt Split besuchten.
Einen Tag nach dem Heimsieg gegen Münster (4:1) flog ein Tross um die Spieler Sebastian Schonlau, Robert Glatzel, Jonas Meffert, Ludovit Reis, Bakery Jatta, Miro Muheim und Ransford Königsdörffer, Co-Trainer Merlin Polzin, Mannschaftsarzt Götz Welsch, Reha-Coach Sebastian Capel, Athletiktrainer Daniel Müssig und Spielanalyst Eduard Riesen nach Kroatien. Der Direktflug von Fuhlsbüttel landete am Sonntagabend nach knapp 100 Minuten um 20.21 Uhr in Split. Abends stand ein gemeinsames Essen mit Vuskovics Familie um seinen jüngeren Bruder Luka (17) auf dem Programm. Am Montagabend ging es zurück nach Hamburg.
Vuskovic ahnte nichts von der Aktion, die auf Eigeninitiative der Spieler zurückgeht. Der Impuls, sich solidarisch mit dem rückwirkend für vier Jahre bis November 2026 gesperrten Kroaten zu zeigen, kam aus der Mannschaft. „Wir werden uns etwas einfallen lassen“, hatte Glatzel bereits nach dem Münster-Spiel angekündigt. Die Idee kam zum Ende der zurückliegenden Woche auf und wurde nach dem Heimspiel finalisiert. Nun eignete sich die Länderspielpause als optimaler Zeitpunkt für einen Besuch.
Vuskovic-Besuch: HSV gibt Spielern trainingsfrei
Der HSV unterstützte diesen Plan und gab den Teilnehmern der Reise in Absprache mit Baumgart trainingsfrei am Montag. „Ich sehe es nicht als freien Tag, die Spieler nutzen den Tag für die HSV-Familie“, freute sich der 52-Jährige. „Sie besuchen einen unserer Jungs. Der Fall geht den Spielern sehr nah, sie wollten ein Zeichen setzen.“
Die betroffenen Profis verpassten außerdem eine von Exklusivpartner Rewe initiierte Autogrammstunde mit 1000 Kindern am Montag um 16 im Volkspark. Allerdings gingen die Akteure in Vorleistung und unterschrieben einen ganzen Karton voller Autogrammkarten am Vortag. Die Eltern der kleinen Autogrammjäger wurden am Sonntagabend informiert, damit die Enttäuschung über das Fehlen einiger Idole nicht ganz so groß ausfällt.
HSV zeigt sich solidarisch mit Vuskovic
Die Reisegruppe Split wird bei der Vormittagseinheit am Dienstag zurückerwartet. Etwas Vergleichbares hat es beim HSV noch nie gegeben. „Wir werden ihn immer mitnehmen und ihm zeigen, dass er einer von uns ist“, sagte der eng mit Vuskovic befreundete Glatzel am Sonnabend.
Schon nach seinem Führungstor gegen Münster ließ sich der Torjäger von Zeugwart Miroslav Zadach ein Vuskovic-Trikot mit der Rückennummer 44 reichen und reckte es in die Luft zu den Zuschauern. „Uns mit solchen Gesten solidarisch mit ihm zu zeigen und in jedem Spiel an ihn zu denken, ist das Mindeste, was wir tun können“, sagte Glatzel. „Es ist wichtig, dass wir zusammen hinter ihm stehen und alles möglich machen, um ihm irgendwie zu helfen“, ergänzte Muheim.
HSV-Profis zeigen sich betroffen mit Vuskovic
Innerhalb der Mannschaft pflegen viele Spieler einen guten Kontakt zu Vuskovic, der nach einem positiven Epo-Test seit November 2022 aus dem Verkehr gezogen wurde. Am vergangenen Dienstag hatte der Internationale Sportgerichtshof (Cas) das finale Urteil verkündet, das viele beim HSV schockierte. „Was geschehen ist, macht mich unfassbar traurig“, sagte Glatzel, der wie der gesamte HSV von der Unschuld des 22-Jährigen überzeugt ist. „Es ist wirklich lächerlich, was mit dem Jungen veranstaltet wird. Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das tut“, sagte Meffert.
Auch die Fans solidarisierten sich mit Vuskovic im Rahmen des Münster-Spiels und brachten ihren friedlichen Protest gegen das Cas-Urteil mit inhaltsstarken Spruchbändern zum Ausdruck. „Die Unschuld eines Jungen geschändet“ und „Ein Leben zu Unrecht ruiniert“, stand unter anderem auf den Bannern.
HSV: Vuskovic trotz Doping-Urteil kämpferisch
Vuskovic macht gerade eine schwere Zeit durch. Rein rechtlich gilt er als verurteilter Doping-Sünder, der nicht einmal mit einer unterklassigen Mannschaft trainieren darf. Damit ist er nicht nur für Pflichtspiele gesperrt. Es wird ihm auch die Möglichkeit genommen, sich im Hintergrund auf den Wiedereinstieg in seine Berufswelt als Fußballprofi vernünftig vorzubereiten. Trotzdem gibt sich der Innenverteidiger, der sich mit Privattrainern fit hält, weiter kämpferisch. Seine Karriere will er noch nicht beenden.
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„Ich habe nichts Falsches getan und ich werde nicht aufhören zu kämpfen, bis ich meine Unschuld bewiesen habe. Ihr könnt sicher sein, dass ich Erfolg haben werde und stärker als zuvor zurückkommen werde“, hatte Vuskovic in einem emotionalen Statement angekündigt. Seine rechtlichen Mittel sind allerdings nahezu vollständig ausgeschöpft. Ihm bliebe lediglich die Möglichkeit, vor dem Schweizer Bundesgericht in Berufung zu gehen. Voraussetzung dafür wären Verfahrensfehler vom Cas, eine neue Beweisaufnahme ist ausgeschlossen.
Beim Besuch der HSV-Spieler sollen all diese komplexen juristischen Themen jedoch in den Hintergrund rücken. Im Fokus steht, Vuskovic eine gute Zeit zu bereiten, das Lächeln in sein Gesicht zurückkehren zu lassen. Auf den ersten Bildern des Trips ist zu sehen, dass diese Mission aufgegangen ist. Der strahlende Vuskovic freute sich über die Überraschung.