Hamburg. HSV-Spieler geben Einblicke in ihre Gefühlswelt nach der Doping-Sperre gegen Mario Vuskovic. Auch die Fans werden deutlich.
Nach dem Abpfiff wurde es noch einmal emotional. Schulter an Schulter versammelten sich die HSV-Profis nach dem 4:1-Erfolg gegen Preußen Münster vor der Nordtribüne und reckten die Fäuste in die Luft. „Vuskovic! Vuskovic!“, tönte es aus den Kehlen der Spieler und Fans. Schließlich breitete Doppelpacker Robert Glatzel, der nach seinem Führungstreffer bereits ein Trikot von Mario Vuskovic in Richtung der Zuschauer streckte, ein riesiges aus der Fankurve gereichtes „Free Vuskovic“-Banner vor sich aus.
Gemeinsam sangen Mannschaft und Anhänger das neue Fanlied „Wir kämpfen immer weiter für die Freiheit“, das wie gemacht scheint für einen friedlichen Protest gegen die vom Internationalen Sportgerichtshof (Cas) ausgesprochene Vierjahressperre. Dass die HSV-Ultras den Song ursprünglich gedichtet hatten, um auf Fanrechte aufmerksam zu machen, rückte an diesem Nachmittag in den Hintergrund.
Der Song mit Ohrwurmpotenzial zeigte auch bei den Spielern Wirkung. Torhüter Daniel Heuer Fernandes trällerte die Textzeilen beim Gang in die Kabine vor sich her und schlug kämpferisch mit einem Ordner ein. Die Profis demonstrierten im Rahmen des Heimspiels einmal mehr große Solidarität mit dem in der Mannschaft so beliebten Vuskovic.
Mario Vuskovic: Trikot-Aktion der HSV-Profis war geplant
„Die Aktion war geplant“, sagte Miro Muheim über den Jubel von Glatzel nach dem 1:0 in der sechsten Minute. „Der erste Torschütze sollte das Trikot holen. Wir wollten Mario damit zeigen, dass wir hinter ihm stehen und alle für ihn da sind.“ Torjäger Glatzel ergänzte: „Uns mit solchen Gesten solidarisch mit ihm zu zeigen und in jedem Spiel an ihn zu denken, ist das Mindeste, was wir machen können.“
Wie viele seiner Mitspieler reagierte auch Muheim äußerst betroffen, als Sportvorstand Stefan Kuntz die Mannschaft am Dienstag informierte, dass Vuskovic rückwirkend für vier Jahre bis November 2026 gesperrt bleibt. „Es war sehr hart für uns, wir waren extrem geschockt. Ich persönlich war den Tag danach sehr down und wusste nicht so richtig, wie ich ihm helfen kann“, gab Muheim einen Einblick in seine Gefühlswelt. „Es ist wichtig, dass wir zusammen hinter ihm stehen und alles möglich machen, um ihm irgendwie zu helfen. Wir sind für ihn da und stehen im Kontakt mit ihm.“
HSV-Spieler planen weitere Vuskovic-Aktion
Der im September 2022 positiv auf Epo getestete Innenverteidiger pflegt ein enges Verhältnis zu zahlreichen Spielern in der Mannschaft. Mit Glatzel trifft er sich beispielsweise fast bei jedem seiner Hamburg-Besuche im gemeinsam Wohnort Eimsbüttel. „Was geschehen ist, macht mich unfassbar traurig“, sagte Glatzel, der sich direkt nach dem Cas-Urteil bei Vuskovic gemeldet hatte. „Wir werden ihn auf gar keinen Fall vergessen oder normal in den Alltag übergehen. Wir werden ihn immer mitnehmen und ihm zeigen, dass er einer von uns ist. Wir werden ihn nicht fallen lassen“, lauteten seine kämpferischen Worte.
Deshalb plant die Mannschaft eine weitere Aktion, um sich solidarisch mit Vuskovic zu zeigen. Voraussichtlich geht es dabei um ein großes Wiedersehen mit dem gesamten Team. „Wir werden uns auf jeden Fall etwas einfallen lassen“, kündigte Glatzel an. „Ich bin mir sicher, dass wir ihn bald sehen werden“, ergänzte Muheim.
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Mario Vuskovic: Wie die HSV-Fans reagierten
Schon vor der Partie hatten die HSV-Anhänger mit „Vuskovic“-Sprechchören und dem neuen die Freiheit besingenden Fanlied für eine emotionale Atmosphäre gesorgt. „Ich habe vor dem Spiel Gänsehaut bekommen“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Meffert. „Es ist wirklich lächerlich, was mit dem Jungen veranstaltet wird. Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das tut.“
Kurz vor der Pause solidarisierten sich die Ultras auf der Nordtribüne abermals mit Vuskovic. Ihre Botschaft war eindeutig: „Die Unschuld eines Jungen geschändet“ und „Ein Leben zu Unrecht ruiniert“, stand unter anderem auf den Bannern, gefolgt von einer Aufforderung an den Club. „HSV: Konsequent bleiben. Weiter vollen Rückhalt zeigen!“ Der Zweitligist muss Vuskovic aus haftungsrechtlichen Gründen voraussichtlich kündigen, prüft aber im Hintergrund Szenarien, wie der 22-Jährige weiterhin unterstützt werden kann.
„Mario ist ein großer Teil unserer Familie. Wir stehen an seiner Seite, vielleicht war das heute ein kleines Geschenk für ihn“, sagte Trainer Steffen Baumgart über einen Heimsieg, der ganz im Zeichen von Vuskovic stand.