Hamburg. HSV vor Systemwechsel gegen Hannover, wo Trainer Leitl nach nur einer Niederlage vom Sportchef öffentlich angezählt worden ist.

Steffen Baumgart ließ sich am Donnerstag nicht in die Karten blicken. Das Abschlusstraining vor dem Auswärtsspiel des HSV am Freitag bei Hannover 96 (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Volksparkstadion statt. Ganz im Geheimen wird Baumgart eine Antwort auf die Frage gefunden haben, ob er auf das von ihm favorisierte System mit zwei Spitzen umstellt, nachdem er tags zuvor noch nicht für Klarheit sorgen konnte. „Ich bin mir noch nicht so sicher“, gab der Trainer zu.

Sicher ist nur, dass Robert Glatzel nach seiner Sehnenreizung in der Jokerrolle bleibt. Dafür gilt die Startelfpremiere von Davie Selke an der Seite von Ransford Königsdörffer, der alle drei Ligatore erzielt hat, als wahrscheinlich, auch wenn der Neuzugang noch nicht fit für die gesamte Spielzeit ist. „Sollte Davie anfangen, wird er noch keine 90 Minuten spielen“, sagte Baumgart.

HSV-Trainer Baumgart: Zwei Spitzen in Hannover?

Die Doppelspitze wäre eine logische Antwort auf die Spielidee Hannovers. Denn bei 96 trifft der HSV erstmals in dieser Saison auf einen Gegner mit einer defensiven Dreierkette, die zur Fünferkette erweitert werden kann. Trotzdem will Baumgart den möglichen Systemwechsel nicht auf die Herangehensweise des Gegners zurückführen. „Ob ich mit zwei oder einer Spitze spiele, hat oft nichts mit defensiven Ausrichtungen zu tun, sondern damit, wo wir Ansätze sehen.“

Und Ansätze sieht der HSV-Coach vor allem in der Offensive, auch wenn ihm in Köln (2:1) und gegen Hertha (1:1) eine mitunter zu defensive Spielweise unterstellt wurde. Mit Hannover 96 treffen die Hamburger nun auf das dritte Liga-Schwergewicht in Serie. Dürfen sich die Fans also erneut auf einen sehr tief stehenden HSV einstellen, der in Köln und gegen Hertha jeweils in der zweiten Halbzeit kaum zur Entlastung kam?

„Wir wollen uns aus diesem System weiterentwickeln“, sagte Baumgart und versprach mehr Dominanz. „Wir müssen über eine längere Distanz besser spielen. Wenn’s geht, nicht nur eine Halbzeit, sondern über 60, 70, 80 Minuten. Dahin wollen wir uns entwickeln.“

Bei HSV-Gegner Hannover herrscht Chaos

Der 52-Jährige kündigte eine „mutigere Spielweise unabhängig vom Ergebnis“ an. Bei einer Führung soll sich seine Mannschaft „nicht nur hinten reinstellen, sondern weiter guten Fußball spielen“. Komplett abrücken wird Baumgart aber nicht von seinem im Vergleich zur vergangenen Saison deutlich defensiveren Ansatz. Zumal es Hannover schwerfällt, das Spiel zu gestalten, wie der Saisonstart gegen die beiden Aufsteiger Regensburg (2:0) und Münster (0:0) gezeigt hat. Als dann auch noch das Pokal-Aus in Bielefeld (0:2) folgte, platzte Sportchef Marcus Mann der Kragen.

Hannovers Trainer Stefan Leitl steht vor dem HSV-Spiel unter Druck.
Hannovers Trainer Stefan Leitl steht vor dem HSV-Spiel unter Druck. © imago/Noah Wedel | IMAGO/Noah Wedel

„Diesen Schlafwagen-Fußball gucke ich mir nicht mehr lange an“, schimpfte der 40-Jährige und räumte auf Nachfrage ein, diese Kritik auch auf Trainer Stefan Leitl zu beziehen. Es waren deutliche Worte, die selbst der frühere Clubchef Martin Kind in seinen besten Zeiten nicht hätte besser formulieren können. In Hannover herrscht also mal wieder Chaos – und das nach nur einer Niederlage. Beobachter sagen, dass Leitl schon gegen den HSV enorm unter Druck steht. Im Falle einer weiteren Niederlage soll ihm sogar das Aus drohen.

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Dabei genießt der 46-Jährige innerhalb der Branche einen exzellenten Ruf. Leitl gilt als einer der besten Zweitligatrainer. Nur in Hannover scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben. „Stefan war in all seinen drei Jahren in Hannover angezählt“, schüttelt auch Baumgart den Kopf. „Ich habe ab und zu Kontakt mit ihm und weiß, wie schwer es ist, dann immer einen kühlen Kopf zu bewahren.“

Leitl selbst monierte am Donnerstag die „schlechte Stimmung“ im Umfeld von 96, die am Freitag noch schlechter ausfallen könnte, falls der HSV Profit aus der Unruhe schlägt. Die Grundlage dafür wurde beim Geheimtraining im Volkspark geschaffen.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

  • Hannover: Zieler – Neumann, Halstenberg, Knight – Muroya, Christiansen, Leopold, Dehm – Ngankam, Gindorf – Tresoldi.
  • HSV: Heuer Fernandes – Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Hefti, Reis, Meffert, Baldé – Pherai – Königsdörffer, Selke.
  • Schiedsrichter: Patrick Alt (Illingen).