Hamburg. Finanznot, fehlende Stützen im Team und ein Machtvakuum – ein Club schafft sich ab. Das sind die verschiedenen Problemfelder des HSV.

Die ganze Welt spricht ja über nichts anders als übers Impfen. Wie schön wäre es, gäbe es ein Vakzin, das den HSV gegen das jedes Jahr aggressiv auftretende Misserfolgsvirus schützen würde, das unter anderem zu Nervenflattern in der „crunch time“, also in einer entscheidenden Phase, führt.

Doch um solch einen Impfstoff zu entwickeln, müssten wohl die klügsten Köpfe weltweit intensiv forschen, denn dies heimtückische Virus agiert unsichtbar, mutiert von Saison zu Saison und befällt auch scheinbar immune Protagonisten wie Simon Terodde.

HSV: Aufstiegswahrscheinlichkeit sinkt rapide

Alexander Laux ist Sportchef  des Hamburger Abendblatts.
Alexander Laux ist Sportchef des Hamburger Abendblatts. © Andreas Laible | Andreas Laible

Wechseln wir von der Illusion zu den Fakten: Dass der HSV zum dritten Mal die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga verpasst hat, lässt Fans und Beobachter fassungslos zurück. Niemand kann mir erzählen, dass die Mannschaft im Vergleich zur Konkurrenz nicht die nötige Qualität gehabt hätte für den Aufstieg.

Das erneute Scheitern ist insofern extrem bitter, weil die Wahrscheinlichkeit, in der kommenden Saison einen Aufstiegsplatz zu erreichen, noch einmal rapide sinkt. Angesichts sich zuspitzender finanzieller Lage nimmt der Gestaltungsspielraum für den Kader weiter ab.

HSV: Spieleretat muss kräftig reduziert werden

Noch sind die Zahlen nicht publik, aber intern geht man von einem neuen Rekordminus aus, bedingt natürlich durch die Ausfälle bei den Ticketeinnahmen. Dem Vernehmen nach wird die Bilanz des laufenden Geschäftsjahres noch positives Eigenkapital ausweisen, doch sonderlich viel ist nicht mehr übriggeblieben.

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Der Etat für die Profis wird für die Saison 2021/21 deshalb noch einmal kräftig sinken müssen, auf rund 20 Millionen Euro. Inwieweit die Clubführung in die Mannschaft investieren kann, hängt wesentlich davon ab, wie viel Geld ein Transfer von U-21-Nationalspieler Josha Vagnoman in die Kassen spült. Aber mehr als fünf Millionen Euro dürften unrealistisch sein.

HSV hätte allerhand Verkaufskandidaten

Dabei bräuchte der Kader eine Auffrischung. Nach Bobby Wood (endlich ist er weg) verlassen auch Terodde und Aaron Hunt die Hamburger. Und es gäbe weitere Verkaufskandidaten: Klaus Gjasula, als Mentalitätsspieler geholt, konnte seine Rolle nicht ausfüllen. Sven Ulreich entwickelte sich im Tor zum Unsicherheitsfaktor.

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Weder der oft verletzte Jeremy Dudziak noch David Kinsombi konnten ihr Potenzial abrufen. Sie alle werden aber wohl bleiben. Wenigstens der flehende Appell sei gestattet: Bitte, Herr Boldt, ermögliche es dem seit 2014 für den HSV kickenden Gideon Jung, woanders sein Glück zu finden.

Weder Klaus Gjasula (l.) noch Jeremy Dudziak (r.) wurden beim HSV den hohen Erwartungen gerecht.
Weder Klaus Gjasula (l.) noch Jeremy Dudziak (r.) wurden beim HSV den hohen Erwartungen gerecht. © Witters | Unbekannt

Schalke, Köln und Werder "bedrohen" den HSV

So oder so benötigt der HSV schon wieder „Säulenspieler“, die einer Mannschaft Struktur geben, vor allem im zentralen Mittelfeld und im Angriff. Angesichts der begrenzten Mittel wird es aber eher zu einem „Umbruch light“ kommen. Sich gegen prominente Absteiger wie Schalke und womöglich noch Bremen und Köln (wenn der Erstligist die Relegation verliert) durchzusetzen, wäre eine Mega-Überraschung.

Im Gegenteil: Die Entwicklung stimmt selbst Optimisten skeptisch. Sollte der Club mit seinen Neuzugängen danebenliegen, könnte es in der mit Traditionsclubs gespickten Liga schnell weiter nach unten gehen. Siehe Hannover oder Nürnberg.

HSV sollte Wissenschaftler zu Rate ziehen

Passend dazu leistet sich der Club  auch noch ein Machtvakuum. Das neue Präsidium des HSV e.V., größter Anteilseigner der AG, kann frühestens im Juli gewählt werden. Der Aufsichtsrat steht vor einer Umstrukturierung, der Vorstand ist mit nur zwei Personen unterbesetzt.

Und, fast vergessen, ein neuer Trainer wird ja auch gesucht. Konstanz bleibt beim wichtigsten Posten eines Fußballclubs ein Fremdwort. Auch wenn es aussichtslos scheint: Vielleicht wäre das Hinzuziehen von Wissenschaftlern doch keine so schlechte Idee.

Aufstieg ade! HSV enttäuscht auf ganzer Ebene in Osnabrück

HSV-Torhüter Sven Ulreich hatte wenig Arbeit in der ersten Hälfte von Osnabrück. Der erste Schuss, der auf den Kasten kam, war sofort drin.
HSV-Torhüter Sven Ulreich hatte wenig Arbeit in der ersten Hälfte von Osnabrück. Der erste Schuss, der auf den Kasten kam, war sofort drin. © Witters | Unbekannt
Osnabrücks Torhüter Philipp Kühn (r.) rettete mehrmals gut gegen den HSV.
Osnabrücks Torhüter Philipp Kühn (r.) rettete mehrmals gut gegen den HSV. © dpa | Unbekannt
Nichts geht mehr: Sven Ulreich (r.) und Toni Leistner konnten mit dem HSV den Aufstieg mal wieder nicht erreichen.
Nichts geht mehr: Sven Ulreich (r.) und Toni Leistner konnten mit dem HSV den Aufstieg mal wieder nicht erreichen. © Imago | Unbekannt
Simon Terodde konnte gar nicht mehr hingucken. Der Torjäger blieb blass in Osnabrück und war sichtlich enttäuscht von sich und seiner Mannschaft.
Simon Terodde konnte gar nicht mehr hingucken. Der Torjäger blieb blass in Osnabrück und war sichtlich enttäuscht von sich und seiner Mannschaft. © Unbekannt | Unbekannt
Die Blicke von Moritz Heyer (l.) und Tim Leibold sprechen Bände. Der HSV bleibt auch in der neuen Saison ein Zweitligist.
Die Blicke von Moritz Heyer (l.) und Tim Leibold sprechen Bände. Der HSV bleibt auch in der neuen Saison ein Zweitligist. © Witters | Unbekannt
Marc Heider (r.) sorgte für den K.-o für den HSV und neue Hoffnung im Abstiegskampf für Osnabrück.
Marc Heider (r.) sorgte für den K.-o für den HSV und neue Hoffnung im Abstiegskampf für Osnabrück. © Unbekannt | Unbekannt
Kapitän Tim Leibold sorgte mit seinem Tor zum 2:2 kurzfristig für Hoffnung. Lange sollte sie aber nicht währen.
Kapitän Tim Leibold sorgte mit seinem Tor zum 2:2 kurzfristig für Hoffnung. Lange sollte sie aber nicht währen. © Witters | Unbekannt
Maurice Multhaup düpiert HSV-Verteidiger Moritz Heyer beim 1:2. Ein Bild mit Symbolcharakter.
Maurice Multhaup düpiert HSV-Verteidiger Moritz Heyer beim 1:2. Ein Bild mit Symbolcharakter. © dpa | Unbekannt
Amadou Onana musste kurz nach der Pause mit einer Adduktorenverletzung den Platz verlassen.
Amadou Onana musste kurz nach der Pause mit einer Adduktorenverletzung den Platz verlassen. © Witters | Unbekannt
Robin Meißner bejubelt sein zweites Profitor für den HSV. Der Youngster zeigte eine gute Leistung.
Robin Meißner bejubelt sein zweites Profitor für den HSV. Der Youngster zeigte eine gute Leistung. © Witters | Unbekannt
Horst Hrubesch war nur bedingt zufrieden mit der Anfangsphase seiner Jungs.
Horst Hrubesch war nur bedingt zufrieden mit der Anfangsphase seiner Jungs. © Witters | Unbekannt
Jan Gyamerah (l.) kam beim HSV für den verletzten Josha Vagnoman in die Startformation
Jan Gyamerah (l.) kam beim HSV für den verletzten Josha Vagnoman in die Startformation © Unbekannt | Unbekannt
Die passende Antwort des HSV. Robin Meißner traf sehenswert aus 17 Metern zum Ausgleich. Bereits gegen Nürnberg hatte der Youngster getroffen.
Die passende Antwort des HSV. Robin Meißner traf sehenswert aus 17 Metern zum Ausgleich. Bereits gegen Nürnberg hatte der Youngster getroffen. © Witters | Unbekannt
Christian Santos ließ HSV-Keeper Sven Ulreich aus kurzer Distanz keine Abwehrchance. Das 1:0 für Osnabrück
Christian Santos ließ HSV-Keeper Sven Ulreich aus kurzer Distanz keine Abwehrchance. Das 1:0 für Osnabrück © Witters | Unbekannt
Christian Santos (2.v.r.) brachte Osnabrück in der 34. Minute in Führung. Ganz zur Freude des Abstiegskandidaten.
Christian Santos (2.v.r.) brachte Osnabrück in der 34. Minute in Führung. Ganz zur Freude des Abstiegskandidaten. © dpa | Unbekannt
Simon Terodde vergab in der 23. Minute die Riesenchance zur Führung, als er frei an Philipp Kühn scheiterte.
Simon Terodde vergab in der 23. Minute die Riesenchance zur Führung, als er frei an Philipp Kühn scheiterte. © dpa | Unbekannt
Shootingstar Robin Meißner (l.) war im Sturm deutlich auffälliger als sein Nebenmann Simon Terodde.
Shootingstar Robin Meißner (l.) war im Sturm deutlich auffälliger als sein Nebenmann Simon Terodde. © Witters | Unbekannt
Bakery Jatta (l.) und Amadou Onana versuchten, dem HSV-Offensivspiel Impulse zu verleihen.
Bakery Jatta (l.) und Amadou Onana versuchten, dem HSV-Offensivspiel Impulse zu verleihen. © Witters | Unbekannt
Nachwuchsstürmer Robin Meißner (M.) stand beim HSV wieder in der Startformation
Nachwuchsstürmer Robin Meißner (M.) stand beim HSV wieder in der Startformation © Witters | Unbekannt
Sonny Kittel (v.) und die HSV-Profis wirkten vor der Partie in Osnabrück locker, aber konzentriert.
Sonny Kittel (v.) und die HSV-Profis wirkten vor der Partie in Osnabrück locker, aber konzentriert. © Witters | Unbekannt
Vor dem Spiel sorgten die Fans des VfL Osnabrück für eine emotionale Begrüßung vor dem Stadion.
Vor dem Spiel sorgten die Fans des VfL Osnabrück für eine emotionale Begrüßung vor dem Stadion. © dpa | Unbekannt
HSV-Trainer Horst Hrubesch (l.) tauschte sich vor dem Spiel mit Osnabrücks Coach Markus Feldhoff aus. Für beide Trainer stand viel auf dem Spiel.
HSV-Trainer Horst Hrubesch (l.) tauschte sich vor dem Spiel mit Osnabrücks Coach Markus Feldhoff aus. Für beide Trainer stand viel auf dem Spiel. © Witters | Unbekannt
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