Hamburg. Beim 1:1 gegen Kiel stieg der Youngster als Leibold-Vertreter zum besten HSV-Spieler auf. Aber was, wenn der Kapitän zurückkehrt?
Am Morgen danach tat Michael Mutzel der verspielte Sieg gegen Holstein Kiel schon nicht mehr so weh. "Wenn man so dominant ist und viele Chancen verballert, ist der Frust da", sagte der HSV-Sportdirektor am Dienstag, "aber heute hatte ich schon das Gefühl, dass jeder wahrgenommen hat, dass wir ein richtig gutes Spiel gemacht haben und auf einem guten Weg sind."
Ersteres ist unbestritten: Der HSV hatte am Vorabend 17 Torschüsse abgegeben, 14 mehr als der Aufstiegsrivale. Allemal genug, um nach zuvor vier Enttäuschungen einmal wieder ein Spiel zu gewinnen und aufkommende Selbstzweifel zu zerstreuen.
Letzteres muss sich noch zeigen in diesen Wochen, in denen der Aufstieg zwar noch nicht erreicht, wohl aber verspielt werden kann. Schon am Freitag geht es zum Tabellenführer VfL Bochum, der dem HSV um fünf Punkte einteilt ist und von dem Mutzel sagt, dass er "individuell richtig gut besetzt" sei und auch "super eingespielt".
Beides lässt sich nach dem Eindruck vom Montagabend auch über den HSV sagen. Nur dass es sich eben nicht am Ergebnis von 1:1 ablesen ließ. Bei Mutzel klang es fast schon trotzig: "Wenn wir den Weg weitergehen, bin ich mir sicher, dass wir die Tore wieder schießen und der Ball nicht mehr gegen den Pfosten geht, sondern rein." Diese Botschaft habe man auch den Spielern mitgegeben: "Wir machen weiter, und dann gewinnen wir die Spiele auch wieder."
Vagnoman lässt HSV-Kapitän Leibold vergessen
Was dafür spricht: Simon Terodde hat nach drei Spielen endlich wieder getroffen. Ihn wieder in das Spiel einzubinden habe die Mannschaft in der Woche nach dem verlorenen Derby beim FC St. Pauli verstärkt trainiert. "Ich finde, dass man da einen Fortschritt gesehen hat", sagte Mutzel "für Simon ist es wichtig, dass er wieder getroffen hat."
Für Josha Vagnoman hätte das auch gegolten, doch sein Kopfball aus drei Metern klatschte an den Pfosten. Zum zweiten Mal überhaupt seit seiner Beförderung zum Profi lief Vagnoman als linker Verteidiger auf – vor mehr als zwei Jahren durfte er sich beim 1:0-Sieg gegen Dresden einmal für 30 Minuten auf der Position versuchen.
Mutzel: "Vagnoman hat ein Superspiel gemacht"
Am Montag machte er es so gut, dass er den gesperrten Tim Leibold nicht nur vergessen ließ, sondern man sich ernsthaft fragen konnte, ob der formschwache Kapitän nicht vorerst besser draußen bleiben sollte. Mutzel stellte sich diese Frage nicht. Vagnoman habe "ein Superspiel gemacht" und die Mannschaft nach wochenlanger Verletzungspause "direkt bereichert". Überhaupt: "Josha ist ein Supertyp, der immer Gas gibt und anschiebt", sagte der Sportdirektor.
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Vagnoman könnte also wieder auf die rechte Abwehrseite zurückkehren, wenn Leibold am 20. März gegen Heidenheim wieder spielen darf. Aber Mutzel hätte da noch eine ganz andere Idee: "Mit ein bisschen Fantasie kann man auch darüber nachdenken, ihn mit seinem Tempo vorn spielen zu lassen. In der Dreierkette, die wir am Anfang der Saison gespielt haben, hatte er die ganze Bahn für sich gehabt. Das liegt ihm."
Auch Aaron Hunt war gegen Kiel in ungewohnter Rolle zu besichtigen: als defensiver Mittelfeldspieler. Mutzel gefiel es: "Wenn wir dominant sind und sich im Mittelfeld Räume ergeben, ist er ein Spieler, der den Unterschied machen kann. So darf er gern weitermachen."
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Warum auch nicht gleich in Bochum? Zwei Spiele binnen fünf Tagen – früher hätte Hunts Körper das vielleicht nicht verkraftet. Aber im reifen Alter von 34 Jahren präsentiert sich der einstige Kapitän zäh wie lange nicht.
Die Zeit sei kurz, aber allemal lang genug, um sich zu erholen, sagte Mutzel. Und auch wenn die Spiele gegen die Aufstiegskonkurrenten Fürth und Kiel unentschieden endeten, hätten sie eines gezeigt: "Wir brauchen keine Angst zu haben oder zu denken, wir können die anderen nicht schlagen. Im Gegenteil: Wir haben es selbst in der Hand und wissen, dass wir gut sind. Es liegt nur an uns."