Hamburg. Der Trainer nutzt die Fanaktion für einen psychologischen Kniff, um die Verunsicherung der Profis zu lösen. Startelf-Debüt für Meißner.
Am Ende kam noch einmal Stimmung auf. Als das Abschlusstraining des HSV vor dem Heimspiel am Montag gegen den 1. FC Nürnberg (20.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) fast beendet war, marschierten rund 50 der treuesten Fans im Volkspark auf und feuerten die Mannschaft von Horst Hrubesch lautstark an. Das Signal der Ultras war klar: Auch wenn der Aufstieg zum dritten Mal in Folge verspielt wird, kann der HSV weiterhin auf die Unterstützung der aktiven Fanszene zählen.
Bis der Klassenverbleib in der 2. Bundesliga rechnerisch noch nicht besiegelt ist, wollen Club und Fans noch einmal alles mobilisieren. „Nicht nur die Fans, auch wir glauben natürlich noch dran. Wir leben noch", stellte Hrubesch klar, der sich über die überraschende Aktion der Ultras freute. „Es war fantastisch, was da abgegangen ist. Man hat auch in den Gesichtern der Spieler gesehen, wie sehr sie sich darüber gefreut haben."
Der Nachfolger des am Montag freigestellten Daniel Thioune will diesen in Corona-Zeiten besonderen Vorfall am Trainingsplatz als psychologischen Kniff für die Spielvorbereitung gegen Nürnberg nutzen. „Die Aktion zeigt, was den HSV ausmacht: Wir sind eine Familie, die bis zuletzt daran glaubt. Das ist auch genau das, was ich den Spielern die ganze Woche mitgegeben habe", sagt Hrubesch. „Danke an die Fans, das war eine super Geschichte, die auch den Jungs geholfen hat."
Wie Hrubesch die Verkrampfung der HSV-Profis angeht
Seit Montag steht Hrubesch in der Verantwortung, nicht weniger als ein mittelschweres Fußball-Wunder in Hamburg zu vollbringen. Auf dieser Mission ist die Hauptaufgabe des 70-Jährigen, eine zuletzt verunsicherte und verkrampft spielende Mannschaft wieder aufzurichten und sie an ihre Stärken zu erinnern. Dafür führte der neue HSV-Coach viele Einzelgespräche, nahm seine Spieler immer wieder in den Arm und gestaltete die Trainingsinhalte bewusst einfach, um die Profis nicht zu überfrachten.
„Man hat gemerkt, dass die Mannschaft nicht wusste, wo sie steht. Ich habe sie verkrampft vorgefunden, sie hat nicht an sich geglaubt", räumte Hrubesch ein. „Wir müssen eine Lockerheit vorleben – sowohl unter den Spielern als auch im Staff." Der erfahrene Trainer hörte in seine Profis hinein und fühlte vor, welche Art von Kommunikation und Führung sie benötigen.
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Hrubesch will HSV „kratzen" sehen
Als nächsten Schritt nimmt Hrubesch seine Spieler nun aber auch in die Pflicht: „Sie müssen die Verantwortung mit auf den Platz tragen." Eine Aufgabe, für die er die Mannschaft gegen Nürnberg trotz einer Negativbilanz von fünf sieglosen Partien in Serie gewachsen sieht. „Die Jungs werden kratzen, beißen und Gas geben."
Bleibt noch die Frage, welche Spieler dieser Vorgabe gerecht werden sollen. Fest steht, dass Jeremy Dudziak den Kampf gegen die Uhr verloren hat. Der Mittelfeldspieler hat noch Trainingsrückstand nach seinem grippalen Infekt und kommt für die erste Elf nicht infrage. Vertreten werden dürfte Dudziak durch David Kinsombi, den Hrubesch noch aus seiner Zeit als U-18-Nationalcoach kennt.
Hrubesch bringt Meißner beim HSV
Im Training deutete sich die gesamte Woche an, dass Talent Robin Meißner als zweite Spitze in einem 4-4-2 neben Torjäger Simon Terodde das Vertrauen erhalten wird. „Die Mannschaft weiß die Aufstellung schon", sagte Hrubesch überraschend. „Es hat Sinn, vorzeitig zu wissen, ob man spielt oder nicht, um sich gezielt vorbereiten zu können. Das vertragen junge Spieler auch ganz gut."
Eine Aussage, die als weiteres Indiz für eine Startelfnominierung von Meißner zu werten ist. „Robin hatte zuletzt fast immer eine Torchance, wenn er eingewechselt wurde", sagte Hrubesch, der Gefallen an dem 21-Jährigen gefunden hat. „Ich habe ihm auf der Tribüne immer die Daumen gedrückt, dass er auch mal einen reinmacht. Das würde ihm Selbstsicherheit geben und ihn weiterbringen." Jene Selbstsicherheit soll sich der Youngster nun offenbar gegen Nürnberg holen.
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Alleine wird es der Nachwuchsstürmer zweifellos nicht richten können. Doch Hrubesch ist davon überzeugt, dass die gesamte Mannschaft mit einer kämpferisch besseren Einstellung auftreten wird als zuletzt. „Wir werden ein Gesicht sehen, das zum HSV passt", sagte der Coach. Eine Ankündigung, mit der sich auch die Ultras anfreunden dürften.