Hamburg. Der Club wehrt sich gegen aufkommende Unruhe und stärkt seine Spieler. Eine Analyse, was gerade beim HSV schiefläuft.
Es war ein wahres Floskelfeuerwerk, mit dem der HSV-Sportdirektor Michael Mutzel am Montag um sich warf. Man müsse jetzt auf der Hut sein, die richtigen Lehren aus dem 2:3 beim Tabellenletzten Würzburger Kickers ziehen, sich gut auf das Derby Montag in einer Woche gegen den FC St. Pauli vorbereiten und versuchen, die nächsten Spiele zu gewinnen. Na, dann kann ja eigentlich nichts schiefgehen beim HSV. Oder etwa doch?
Vor dem nicht nur für die Fans so wichtigen Stadtderby spricht der Trend klar gegen den HSV. Mit nur einem Sieg aus den jüngsten fünf Zweitligaspielen präsentieren sich die Hamburger aktuell nicht in Aufstiegsform. Im Vergleich zur Hinrunde, als der Club die ersten fünf Spiele gewann, holte der Club in der Rückrunde gegen dieselben fünf Mannschaften neun Punkte weniger. Die Folge: Der vor wenigen Wochen noch komfortable Vorsprung auf die Konkurrenz ist längst verspielt.
Ein tabellarischer Fakt, der dem HSV allerdings keinen Anlass zur Sorge gibt. „Sorgenfalten hätte ich, wenn wir die vergangenen sechs Wochen rumgestümpert hätten, ohne uns Torchancen zu erspielen“, sagte Mutzel ganz gelassen und erinnerte daran, selbst beim „beschissenen Spiel“ in Würzburg zwei Tore geschossen zu haben. Denn mit der Art und Weise, wie der HSV in den zurückliegenden Wochen Fußball spielte, sei er zufrieden.
Wie Würzburg den HSV ohne Überraschung düpierte
Nicht so sehr zufrieden sei er dagegen mit den Ergebnissen – insbesondere der Niederlage beim Tabellenletzten aus Würzburg. Bei den Franken war nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Leistung phasenweise desaströs. Auch ohne taktisch oder spielerisch zu überraschen, gelang es dem Ligaschlusslicht gegen den Spitzenreiter, seinen erst vierten (!) Saisonsieg einzufahren.
Die Kickers zeigten dabei genau das, was man im Vorfeld auch ohne Taktikschulung von ihnen erwarten konnte. Sie standen tief, setzen die wacklige HSV-Defensive unter Druck und lauerten auf Fehler. Und der HSV? Der tat Würzburg den Gefallen, Fehler zu machen. Wie aber kann es sein, dass die Hamburger zum wiederholten Male in ihrer jüngeren Clubgeschichte auf eine derart simple und erwartbare Spielweise des Gegners hereingefallen sind und Kapitän Tim Leibold hinterher sogar die Einstellung der gesamten Mannschaft beklagte („Uns hat von der ersten Minute an die Einstellung gefehlt“)?
„Manche Dinge sind nicht erklärbar“, räumte Mutzel ein, ehe er sich erneut in seinem Phrasenregal bediente. „Ich haue die Phrasen seit Monaten raus, aber wenn wir drei Prozent nachlassen, dann reicht es eben auch gegen Würzburg nicht. Das hat man gestern leider gesehen.“
Wird Aue zum HSV-Knackpunkt der Saison?
Der Sportdirektor hat recht: Diese Phrase ist nicht neu. Mutzel hat sie in dieser Saison schon des Öfteren verwendet. Nach dem sowohl spektakulären als auch unnötigen 3:3-Remis des HSV bei Erzgebirge Aue Anfang des Monats sprach Mutzel sogar davon, diese Prozentrechnung „fast alle zwei Wochen“ auszupacken.
Die Partie in Aue könnte sich ohnehin noch zum Knackpunkt der Saison entwickeln. Im Erzgebirge zeigte der HSV phasenweise seine beste Saisonleistung, agierte dann aber zu überheblich und verspielte den sicher geglaubten Auswärtssieg. Anschließend verpassten es die Hamburger auch im Heimspiel gegen Fürth (0:0), trotz einer vernünftigen Vorstellung den ersehnten Dreier einzufahren.
Zwei Spiele, in denen der HSV vier Punkte mehr hätte holen können, wenn nicht sogar müssen. Denn nun folgte mit Würzburg ein schlechtes Spiel, was zweifellos im Laufe einer Saison einmal passieren kann. Doch wegen der zuvor verpassten Siege wächst nun der Druck, der auf den Spielern lastet. Auch wenn Mutzel dies in der Öffentlichkeit nicht wahrhaben will.
HSV wehrt sich gegen Unruhe
Darüber hinaus betonte der HSV-Manager, die akut abstiegsgefährdeten Würzburger im Vorfeld „ganz sicher nicht zu leicht genommen“ zu haben. Auf dem Platz, als die Hamburger jegliche Aggressivität vermissen ließen und vor allem Innenverteidiger Gideon Jung und Mittelfeld-Abräumer Amadou Onana auf den zentralen Positionen eklatante Schwächen offenbarten, sah das jedoch anders aus.
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Ein Leistungsabfall, der Erinnerungen an die vergangenen beiden Spielzeiten weckt, als der HSV jeweils in der Rückrunde den Aufstieg verspielt hatte. Eine Sorge, die Mutzel nicht teilt. „Ich kann es grundsätzlich nicht verstehen. Ich habe das Gefühl, dass hier in Hamburg immer ein bisschen schneller Unruhe vorhanden ist. Das haben wir die vergangenen Jahre gesehen“, klagt der Sportdirektor. „Nach innen haben wir diese Unruhe aber nicht. Ich sehe nach einem verlorenen Spiel auch keinen Grund, warum wir unruhig werden sollten.“
Von wegen Duell der Gegensätze: HSV verliert in Würzburg
Es ist auf der einen Seite verständlich, warum Mutzel solche Aussagen wählt. Er will damit Ruhe nach außen vermitteln und den Druck von der Mannschaft nehmen. „Wir sind in der Analyse immer recht nüchtern, das ist auch das Beste, was wir machen können“, sagt er.
Auf der anderen Seite können die Fans nur hoffen, dass der HSV die zweifellos vorhandene negative Entwicklung intern anders analysiert und die Fehler klarer benennt. Ansonsten droht der Club auch im dritten Anlauf das große Ziel zu verpassen.
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