Hamburg. Terodde geht nach Schalke, der HSV will Dursun – und hält vorerst am Trainer fest. Die Vorbereitungen für Liga zwei laufen.
Es war der Aufreger des 28. Zweitligaspieltags aus Hamburger Sicht. Simon Terodde ging nach einem Zweikampf mit Serdar Dursun im Strafraum zu Boden. Ein Fall, ein Pfiff, eine Überprüfung. Und eine Entscheidung, die Terodde zur Weißglut brachte. Der Elfmeter wurde nach Videobeweis zurückgenommen. Wenig später traf Dursun auf der Gegenseite zum vorentscheidenden 2:0 für Darmstadt. Terodde schimpfte. „Das war ein ganz klarer Elfer.“ Der HSV-Stürmer wurde richtig emotional und sagte schließlich: „Ich bin mir trotzdem sicher, dass wir am Ende etwas zu feiern haben. Vorher gehe ich auch nicht nach Hause.“
Drei Wochen später steht fest: Der HSV wird mit ziemlicher Sicherheit auch nach dieser Saison nichts zu feiern haben. Trotzdem geht es für Terodde nach Hause. Und zwar zurück in den Westen. Nach nur einem Jahr im Norden wechselt der gebürtige Bocholter zur neuen Saison zum FC Schalke 04.
Das ist seit Sonntag offiziell. Der Revierclub, der nach 30 Jahren wieder in die Zweite Liga absteigt, gab die Verpflichtung Teroddes am frühen Nachmittag bekannt. „Simon wird unser Offensivspiel mit seinem Gespür für den torgefährlichen Raum und seiner Kaltschnäuzigkeit im Abschluss bereichern“, sagte der ehemalige HSV- und jetzige Schalke-Manager Peter Knäbel in der Mitteilung. „Er kennt die 2. Liga, hat über viele Jahre die richtige Mentalität und Einstellung nachgewiesen, um dort erfolgreich zu sein. Das macht Simon zu einem zentralen Baustein unserer neuen Mannschaft.“
Dursun soll Terodde beim HSV ersetzen
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung überraschte nicht nur Insider auf Schalke. Viele hatten fast täglich damit gerechnet, dass der Noch-Bundesligist die Verpflichtung von Serdar Dursun bekannt gibt. Mit dem Darmstadt-Stürmer, dessen Vertrag nach dieser Saison ausläuft, hatte sich Schalke schon seit Wochen beschäftigt.
Stattdessen soll Dursun nun zum HSV kommen. Bereits am Freitag hatten sich Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel mit dem 29-Jährigen getroffen, um ihn von einer Rückkehr in seine Heimatstadt Hamburg zu überzeugen. Dass Terodde zu Schalke wechseln wird, wussten die beiden HSV-Verantwortlichen schon seit Wochen. Dass sie für ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga planen müssen, wissen sie allerdings erst nach dem ernüchternden 1:1 gegen den Karlsruher SC am Donnerstagabend.
Obwohl rechnerisch der Aufstieg noch möglich ist, beschäftigen sich Boldt und Mutzel nun intensiv mit dem Kader für die kommende Zweitligasaison. Und dabei spielt der Name Dursun eine große Rolle. Der Darmstädter hat genau wie Terodde 21 Saisontore erzielt. Dass er ablösefrei zu haben ist, macht ihn für den HSV besonders interessant.
Schalke zahlt Terodde mehr Gehalt als der HSV
Auf Abendblatt-Nachfrage wollte sich Dursun am Sonntag nicht zu seiner Zukunft äußern. Die Chancen stehen aber gut, dass der HSV trotz Anfragen aus der Türkei den Vorzug bekommen könnte, da Dursuns Familie in Hamburg lebt und der Angreifer, der in der Jugend für Lorbeer Rothenburgsort, Vorwärts Wacker Billstedt und Concordia Hamburg spielte, immer schon gerne mal für den HSV aufgelaufen wäre. Mit fast 30 Jahren könnte es nun dazu kommen.
Die Hamburger hätten gerne auch mit Terodde verlängert. Doch finanziell war der HSV gegen die Offerte der Schalke ohne Chance. Bei den Königsblauen soll Terodde ein Gehalt kassieren, das sich an seiner Kölner Zeit orientiert. Dort hatte der 33-Jährige rund zwei Millionen Euro pro Jahr erhalten. Der HSV hatte aber nur 500.000 Euro zahlen müssen, weil Köln dem Mittelstürmer nach der Vertragsauflösung im August noch eine Abfindung mit auf den Weg gab.
Wirtschaftlich war es ein gutes Geschäft für den HSV. Und auch sportlich wäre die Rechnung beinahe aufgegangen. Doch nach der starken Vorrunde mit 17 Terodde-Toren und 36 HSV-Punkten brach nicht nur der Torjäger in der Rückrunde ein, sondern mit ihm gleich die ganze Mannschaft.
Woran Thiounes Zukunft beim HSV hängt
Wie aber geht es nun weiter im Volkspark? Nach dem aller Voraussicht nach dritten Scheitern der Aufstiegsmission steht beim HSV mal wieder vieles auf dem Prüfstand. In erster Linie Trainer Daniel Thioune. Grundsätzlich wollen Boldt und Mutzel den Weg der Entwicklung weitergehen und dieser Weg beinhaltet auch die Entwicklung des Trainers. Doch sicher ist diese Entscheidung, mit Thioune auch in die nächste Saison zu gehen, noch nicht.
Nach Abendblatt-Informationen will der Vorstand abwarten, in welchem Zustand sich der Trainer und die Mannschaft in den verbleibenden drei Spielen präsentieren. Nur ein starker Thioune, der den Glauben an den kontinuierlichen Weg der Entwicklung vorleben und seiner Mannschaft überzeugend vermitteln kann, hat beim HSV noch eine Zukunft.
Boldt beklagt fehlende Leistungskultur beim HSV
Nach dem 1:1 gegen den KSC wirkte der Chefcoach spürbar angeschlagen. Am Tag nach diesem Rückschlag stärkte Boldt dem 46-Jährigen den Rücken. Als der Sportvorstand nach der Mitschuld des Trainers am erneuten Einbruch in der Rückrunde befragt wurde, sagte er: „Ob das immer nur am Trainer liegt oder ob ein Wechsel die Kultur beim HSV verbessern würde, wage ich zu bezweifeln.“
Und weiter: „Ich bin überzeugt, dass wir auf Strecke Erfolg haben, wenn wir die Ruhe bewahren.“ Grundsätzliche Probleme hat Boldt dagegen in der Struktur des gesamten Clubs ausgemacht. „Uns fehlt eine Leistungskultur und Mut, da gebe ich den Kritikern recht. Dieser Zustand ist über Jahre gewachsen.“
Macht der HSV Vagnoman zu Geld?
Eine grundsätzliche Neuausrichtung im Sport plant der 38 Jahre alte Manager nicht. Der Großteil des Kaders wird in der neuen Saison beisammen bleiben. Nach Bobby Wood (Vertrag aufgelöst) und Terodde wird wohl auch Aaron Hunt (34/Vertrag läuft aus) den HSV nach sechs Jahren verlassen. Wunschspieler wie KSC-Stürmer Philipp Hofmann (28) wird sich der Club nur leisten können, wenn er andere Spieler verkauft. Einnahmen könnte der HSV durch einen Verkauf von Josha Vagnoman (20) erzielen.
Boldt denkt perspektivisch zudem an den Verkauf weiterer Anteile durch eine Rechtsformänderung. „Das ist kein Thema, das den HSV aktuell extrem betrifft. Es ist aber ein Pfund, das wir noch in der Hinterhand haben“, sagte Boldt am Freitag nahezu ungefragt. Den Manager nervt es, dass sich im Volkspark niemand traut, dieses Thema mit den Mitgliedern offen zu diskutieren.
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Diskussionen über die Zukunft wird es beim HSV in den kommenden Wochen allerdings zur Genüge geben. Welchen Weg der Club gehen will, ist für Boldt klar. Noch klarer ist: Es wird kein leichter sein.