Hamburg. Hat Ulreich Trainer Thioune angeschossen? Und hat dieser längst aufgegeben? Die Wahrheit erzählt viel über das derzeitige Klima.
Sven Ulreich hatte am Tag, nachdem er Redebedarf gehabt hatte, Redebedarf. „Hallo Leute“, sagte der HSV-Torhüter an seine Fans gerichtet in die Kamera, und weiter: „Ich wollte mich hier kurz zu Wort melden, da eine Aussage vom gestrigen Spiel über den Trainer komplett fehlinterpretiert wird.“
Die Aussage, von der Ulreich da ganz neumodern über Instagram sprach, hatte er ganz altmodisch am Vorabend nach dem enttäuschenden 1:1 des HSV gegen Karlsruhe einem NDR-Reporter ins Mikrofon diktiert. Der Journalist sagte: „Daniel Thioune macht einen Superjob, wie ich finde. Wie beurteilen Sie ihn jetzt in dieser entscheidenden Phase? Wie kann er der Mannschaft helfen?“
Ulreichs Antwort: „Das ist momentan natürlich schwer. Du bist als junger Trainer in einem Umfeld, in dem die Erwartungshaltung hoch ist. Es ist nicht einfach. Nach der Saison muss man analysieren – die Schlüsse daraus ziehen.“
Viel Wirbel um Ulreich-Zitat über Thioune
Man könnte meinen: eine harmlose Aussage. Zudem diese Aussage zunächst gar nicht über den Sender lief. Da Journalisten sie aber noch am Abend im Stadion hörten, fand sie – ohne die vorangestellte Fragestellung und auch ohne Quellenangabe – am nächsten Tag doch sehr schnell den Weg in die Zeitung und ins Internet. Und das Unheil nahm seinen Lauf. So fragte direkt ein Sport1-Journalist provokativ via Twitter: „Sägt Ulreich da gerade Thioune ab?“
Die Antwort ist simpel: Nein! Nur hören will sie wohl niemand. Schon gar nicht die Redakteure vom Clickbaiting-Portal „24hamburg.de“, das sogar noch deutlicher wurde: „HSV-Krise: Torwart Ulreich flippt aus – zählt er Thioune an?“ Ulreichs nüchterne Antwort auf die Nachfrage, ob seine Aussage möglicherweise missverstanden wurde: „Sie wurde stark verkürzt wiedergegeben.“
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Thiounes HSV-Aussage dramatisiert
Ganz ähnlich erging es kurioserweise auch Trainer Thioune selbst. Der Coach hatte eine Dreiviertelstunde nach dem Spiel gegen den KSC im Presseraum des Volksparkstadions Platz genommen und der Reihe nach eine Frage nach der nächsten abgearbeitet.
Dabei hatte Thioune auf die Frage, wie realistisch überhaupt noch ein Relegationsplatz sei, geantwortet: „Wir brauchen jetzt nicht über Dinge zu reden, die sich nicht realisieren lassen, wenn man keine Fußballspiele gewinnt. Wir haben heute wieder kein Fußballspiel gewonnen. Wir haben in den letzten Wochen sehr wenig gewonnen. Da müssen wir uns dann nicht über irgendwelche Plätze oder über irgendwelche Relegationsplätze unterhalten. Das macht keinen Sinn mehr.“
In den Überschriften der meisten Artikel blieben aus Thiounes Monolog nur noch vier Wörter übrig: „Macht keinen Sinn mehr!“ Garniert wurde das verkürzte Thioune-Zitat dann gerne auch noch mit der Zeile: „Die Kapitulation!“
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Kapituliert hat in Wahrheit niemand. Weder Ulreich noch Thioune. Doch auf Besserung dürfen die beiden wohl nur unter einer Bedingung hoffen: Der HSV muss wieder gewinnen.