Hamburg. Hamburgs Bundesligahandballer besetzen vakante Geschäftsführerposition mit Finanzexperte Christian Hüneburg. Frecke-Aus bleibt nebulös.

Ketzerisch könnte man sagen, dass die Verantwortlichen des HSV Hamburg (HSVH) nur eine kurze Suche auf LinkedIn starten mussten. „Experte für Lizenzierung, Interimsmanagement, Sanierung und wirtschaftliches Wachstum im Sportbusiness“, steht in der Profilbeschreibung des Mannes, der bei Hamburgs Bundesligahandballern nach dem Aus des langjährigen Geschäftsführers Sebastian Frecke (38) die Führung übernimmt: Christian Hüneburg.

Glaubt man seinem Profil auf der Job-Plattform, passt der 49-Jährige perfekt ins Anforderungsprofil. Von 2020 bis Ende 2023 hatte Hüneburg als Geschäftsführer des Frauen-Volleyball-Topclubs SSC Palmberg Schwerin gearbeitet. Zuvor war er sieben Jahre lang beim FC Hansa Rostock tätig, erst als Leiter Finanzen, die folgenden fünf Jahre als Finanzvorstand. Weitere Stationen: 1. FC Nürnberg (Leiter Rechnungswesen und Controlling), Sport-Vermarkter Sportfive (Manager Controlling), Ticketplattform Eventim (Manager Controlling) und Basketball-Bundesligist Löwen Braunschweig (Manager Finanzen).

Handball: Christian Hüneburg beerbt Sebastian Frecke beim HSV Hamburg

„Die Aufgabe in Hamburg ist sehr spannend und reizvoll und ich freue mich sehr darauf, den Verein mit Besonnenheit und mit Ambitionen in die Zukunft zu führen“, sagt Hüneburg, der bei einer Pressekonferenz am Mittwoch ausführlicher vorgestellt werden soll.

Nach Abendblatt-Informationen unterhielten sich die Hamburger Verantwortlichen nicht erst seit wenigen Wochen mit Hüneburg, sondern stehen mit ihm bereits seit Sommer konkret in Kontakt. „Christian ist aufgrund seines Werdegangs und seines Profils genau die Person, die wir für die anstehenden Aufgaben gesucht haben. Wir alle freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm“, sagt HSVH-Präsident Kay Spanger.

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Sebastian Frecke war zehn Jahre lang für den HSV Hamburg tätig. Nun gibt es einen Nachfolger für den 38-Jährigen. © Witters | Tim Groothuis

Das Aus des langjährigen HSVH-Geschäftsführers Frecke, der sich laut offiziellen Darstellungen vor wenigen Wochen freiwillig dazu entschlossen hatte, den Verein aufgrund der hohen Belastung zu verlassen, bleibt derweil nach wie vor nebulös. Frecke und der HSVH waren im Frühsommer nur knapp am Bundesliga-Lizenzentzug vorbeigeschrammt, nur eine Schiedsgerichtsverhandlung samt 7,1-Millionen-Geldspritze von Investor und Aufsichtsratsmitglied Philipp J. Müller rettete den Club.

Die Hallenfrage bleibt die größte Herausforderung

Im Hintergrund machte sich Freckes Nachfolger bereits Gedanken, wie er dem Verein mittel- und langfristig zu wirtschaftlicher Stabilität verhelfen kann. Die schwierige Hallensituation bleibt dabei die größte Herausforderung, in Hamburg fehlt weiterhin eine moderne Spielstätte mit einer Kapazität von 6000 bis 8000 Zuschauern.

Davon, dass Hüneburg die neue Aufgabe dennoch meistern wird, ist Robert Marien überzeugt. „Christian ist sehr krisenerfahren. Ich glaube, dass er der richtige Mann zur richtigen Zeit ist. Finanzen und Lizenzierung sind sein Steckenpferd. Darüber hinaus ist er unglaublich loyal, teamfähig und kompetent“, sagt Marien, der als Vorstandsvorsitzender von Hansa Rostock jahrelang eng mit Hüneburg zusammengearbeitet hat, im Gespräch mit dem Abendblatt.

Hüneburg trifft auch unliebsame Entscheidungen

Als Hüneburg in Rostock Verantwortung übernahm, befand sich der Traditionsclub ebenfalls in wirtschaftlicher Schieflage. „Wir haben den Verein gemeinsam aus der Fast-Insolvenz herausgeführt. Wir hatten damals eine Etappen-Strategie mit drei Sanierungs- und drei Konsolidierungspaketen“, erinnert sich Ex-Hansa-Boss Marien. „Die ersten drei Sanierungspakete beinhalteten auch viele unliebsame Entscheidungen, um den Kostenapparat zu senken.“

Hüneburg galt schon zu Rostocker Zeiten als Experte auf seinem Gebiet, der für seine Maßnahmen allerdings auch einsteht. „Er hat nicht den Anspruch, einen Beliebtheitspreis zu gewinnen, sondern kann auch harte Entscheidungen treffen. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass er Gegenwind aushalten kann“, sagt Marien. „Man kann sich bei Christian auf einen harten Verhandlungspartner einstellen. Er ist jemand, der auch Marathonverhandlungen führen kann.“

Palmberg Schwerin hätte Hüneburg gerne gehalten

Auch in Schwerin hat man Hüneburg in guten Erinnerungen. „Ich glaube, dass Christian dem HSVH helfen kann, weil er über eine große Erfahrung verfügt und schon in vielen verschiedenen Sportarten beruflich tätig war. Darüber hinaus ist er ein sehr bodenständiger Kollege, mit dem ich sehr gerne zusammengearbeitet habe“, sagt Schwerins Sportchef Michael Evers im Abendblatt-Gespräch.

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Anders als bei Hansa Rostock gab es beim deutschen Frauenvolleyball-Rekordmeister keine finanziellen Probleme, als Hüneburg kam. „Trotzdem hat er uns im Bereich von Vertragsgestaltungen oder Etatplanungen mit seiner eher konservativen Sichtweise noch weiter nach vorne gebracht. Christian ist ein sehr solider Kaufmann, der nicht mehr Geld ausgibt als er hat“, sagt Evers.

Zur Trennung war es Ende 2023 gekommen, weil sich Hüneburg eine neue Herausforderung suchen wollte. Das ist ihm nun fraglos gelungen. „Die Herausforderungen, die in Hamburg auf ihn warten, werden sicherlich größer sein als in Schwerin“, sagt Evers. „Ich freue mich aber für ihn, dass er die Chance im Handball bekommt und wünsche ihm viel Erfolg.“