Hamburg. Der neue Torwart des HSV Hamburg machte vor seinem Wechsel schwierige Monate durch. Wie der Neuzugang damit mental umging.
Wie schmeckt eigentlich ein Handball? Vermutlich nach einer klebrig-salzigen Mischung aus Schweißfingern, Staub und Harz, während die Konsistenz wohl eher zäh sein dürfte. Robin Haug hat den „Taste-Test“ nun schon in zwei Bundesligaspielen in Folge gemacht – und der neue Torwart des HSV Hamburg (HSVH) ist anscheinend auf den Geschmack gekommen.
„Es war ein gutes Gefühl, um ehrlich zu sein. Ich war selbst überrascht, dass es nicht wehtat, das lag aber vielleicht auch am Adrenalin in dem Moment. In jedem Spiel muss ich das jetzt aber nicht erleben“, sagt der Norweger und schmunzelt. Bei seinem ersten HSVH-Einsatz in Potsdam (31:30) hatte ihm Jannek Klein das Spielgerät zentral ins Gesicht gezimmert, gegen Lemgo (30:26) wiederholte es Frederik Simak.
Handball: Torwart Haug vor erstem HSVH-Spiel in der Barclays Arena
„Wenn ihn das zu solchen Extraleistungen pusht, dann scheint er das häufiger zu brauchen“, scherzte Trainer Torsten Jansen „Ansonsten hilft ihm ja vielleicht auch eine Boxermaske.“ Ganz unabhängig davon, wie Haug an diesem Donnerstag (15 Uhr/Dyn) beim DHB-Pokalkracher gegen den THW Kiel in der Barclays Arena aufläuft, lässt sich allerdings bereits jetzt festhalten, dass der 26-Jährige gut in Hamburg angekommen ist, seine Leistungen in den ersten beiden Spielen waren überzeugend.
„Auch wenn ich noch kein Deutsch spreche, habe ich das Gefühl, mich schnell in die Mannschaft integriert zu haben. Ich versuche, in der Kabine gut zuzuhören und ein paar deutsche Wörter aufzuschnappen. Mit richtigem Deutschunterricht fange ich aber auch bald an“, sagt Haug, der vom norwegischen Topclub Elverum gekommen war. „Mit den dänischen Spielern kann ich sehr gut kommunizieren. Norwegisch ist da ziemlich ähnlich. Außerdem habe ich vier Jahre lang in Dänemark gespielt, sodass ich manche dänische Feinheiten auch draufhabe.“
Haug lebte bisher vor allem auf Dörfern oder in Kleinstädten
Aufgewachsen in einem kleinen Dorf nahe der norwegischen Stadt Drammen, ist Hamburg für Haug die erste Großstadterfahrung. „Ich habe zwar für ein Jahr in Malmö gelebt, ansonsten aber keine Erfahrung mit Großstädten. Als ich in Dänemark in Skjern gespielt habe, lebten dort 7000 Menschen, in Elverum 12.000. Das ist ein krasser Gegensatz zu Hamburg.“
Auch die Wohnungssuche in seiner neuen Heimat sei eine Herausforderung gewesen, die er so nicht kannte. Mit Freundin Mia wohnt er nun zehn Minuten von der Trainingshalle im Volkspark entfernt. „Ich bin noch nicht mit der U-Bahn gefahren, meine Freundin hat mir aber gesagt, dass es eigentlich ganz einfach ist“, sagt Haug und lacht.
Kreuzbandriss setzte ihn zehn Monate lang außer Gefecht
So gar nicht zum Lachen war dem 1,94-Meter-Bär allerdings vor zehn Monaten zumute. Im European-League-Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt riss er sich bei einer unglücklichen Bewegung das Kreuzband im rechten Knie. „In dem Moment waren viele Gedanken auf einmal in meinem Kopf. Auf der einen Seite war ich froh, dass ich schon vorher den Vertrag in Hamburg unterschrieben hatte. Auf der anderen Seite wusste ich, dass die Reha wieder hart und anstrengend sein würde. Ich hatte mir 2021 ja bereits das andere Kreuzband gerissen“, erinnert sich Haug.
In Absprache mit den Ärzten des HSVH, bei dem er bereits im Juni 2023 unterschrieben hatte, entschied er sich für eine Operation und Reha in Norwegen, obwohl die Saison mit Elverum für ihn gelaufen war. „Die Ärzte in Norwegen gehen bei Kreuzbandrissen anders vor als in Deutschland. Sie haben ein Stück von meiner Patellasehne genommen und daraus das Kreuzband wieder hergestellt“, erklärt Haug, für den ein Wettlauf mit der Zeit begann.
Die Bundesliga bietet ihm eine passende Bühne
Schließlich wollte der 26-Jährige im Laufe der Vorbereitung wieder bei seinem neuen Verein mittrainieren. Nachdem er die ersten zwei Saisonspiele noch verpasste, stand Haug am dritten Spieltag dann auch erstmals im Hamburger Kader.
„In der Bundesliga ist alles viel größer, davon habe ich immer geträumt. Als wir in der vergangenen Saison mit Elverum auswärts gespielt haben, waren häufig nur 1200 oder 1300 Fans in der Halle. Und das lag noch daran, dass wir der Gegner waren. Bei anderen Spielen waren es vielleicht nur 700 oder 800“, sagt Haug. „Wenn man in der Bundesliga gute Leistungen zeigt, hat man deutlich bessere Chancen auf die Nationalmannschaft. Das hat bei meiner Entscheidung auch eine Rolle gespielt.“
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Etwas vor den Kopf gestoßen dürfte sich Haug im April und Mai gefühlt haben, als sein neuer Verein um die Bundesligalizenz bangen musste. Konnte er seinen Plan, in Deutschland den nächsten Karriereschritt zu machen, wieder vergessen?
„Ich habe mir logischerweise Gedanken gemacht, was passieren würde, wenn der HSVH die Lizenz nicht erhält. Welcher Verein will schon einen Torwart mit einem Kreuzbandriss verpflichten? Das war schon eine stressige Zeit, ,Jogi‘ (Johannes Bitter, die Red.) hat mich aber immer auf dem Laufenden gehalten. Am Ende war ich wie alle anderen auch total erleichtert“, sagt Haug, der dafür auch gerne den einen oder anderen Gesichtstreffer in Kauf nimmt.