Hamburg. Bundesligahandballer scheiden vor lauter Kulisse nach einem 27:30 gegen den Rekordmeister aus dem DHB-Pokal aus. Tissier bester Werfer.
Am Ende wurde es sogar in Block U13 kurzzeitig etwas leiser. Mehr als 300 Fans des HSV Hamburg (HSVH), die der frühere HSVH-Mitarbeiter Jari Brüggmann über Social Media mobilisiert hatte, standen, klatschten, und schrien das gesamte DHB-Pokal-Sechzehntelfinale gegen den THW Kiel über in der Barclays Arena, mussten am Ende aber mit der 27:30 (12:12)-Niederlage gegen den Rekordmeister leben.
Beste Hamburger Werfer waren Spielmacher Leif Tissier und Rechtsaußen Frederik Bo Andersen mit jeweils sieben Toren, die wie die anderen HSVH-Spieler nach einer kurzen Phase der Enttäuschung einfach weiter gefeiert wurden. „Ich freue mich darüber, dass heute so eine geile Stimmung hier war“, sagte Kreisläufer Niklas Weller. „Für uns ist es trotzdem extrem bitter, weil wir über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht haben.“
Handball: HSVH holte Kreisläufer Corak kurzfristig zurück
Noch kurz vor der Partie hatte der HSVH auf den sechs- bis achtwöchigen Ausfall von Kreisläufer Andreas Magaard (gebrochener Zeigefinger) reagiert und Dino Corak zurückgeholt. Eigentlich hatte der 29-Jährige seine Karriere am Ende der vergangenen Saison bei den Hamburgern beendet, seine Hilfe für den Notfall aber versprochen. Also rief ihn der designierte HSVH-Sportchef Johannes Bitter kurzfristig an.
„Meine erste Reaktion auf den Anruf war, dass ich das momentan eigentlich nicht machen kann, weil privat bei mir so viel los ist“, sagte Corak, der ein Haus in seiner Heimat Aschaffenburg gebaut hat und im Familienunternehmen mitarbeitet. „Aber mit dem Wörtchen eigentlich habe ich dann irgendwie doch Interesse signalisiert und dann hat Jogi mich an mein Versprechen erinnert, das ich zum Abschied gegeben habe.“
HSVH geht dank drei Gegenstößen schnell in Führung
Die Gastgeber erwischten einen hervorragenden Start, klauten den Kielern gleich dreimal in Folge den Ball und verwerteten die Gegenstöße zur schnellen 3:1-Führung (4.). „Wer nicht hüpft, der ist ein Kieler“, schallte es von den Rängen – und nicht nur Block U13 hüpfte mit.
Die Kieler Deckung in der Folge allerdings auch, obwohl sie mit Hendrik Pekeler (2,03 Meter) und Patrick Wiencek (2 Meter) im Innenblock auch so schon nur schwer zu überwinden war. Tissier versuchte es immer wieder mit Tip-Anspielen auf Kreisläufer Weller, kam aber nur selten durch. Nach knapp zehn Minuten stellte der THW mit einem Dreitorelauf auf 4:5, zog in der Folge aber nicht davon.
Dino Corak sah nach zwei Minuten Rot
Dies lag vor allem am starken HSVH-Keeper Robin Haug (insgesamt elf Paraden), der immer wieder in psychologisch wichtigen Momenten zur Stelle war. „Super Keeper, super Keeper, hey, hey“, sang der Fanblock, das Nordderby war völlig offen. Für Corak, der in der 26. Minute für Weller auf das Feld kam, war es derweil ein extrem kurzes Debüt. Nachdem er Kiels Eric Johansson bei dessen Sprungwurf zum (11:11/28.) unsanft aus der Luft auf den Hallenboden befördert hatten, gaben ihm die Schiedsrichter nach Ansicht der Videobilder Rot.
Davon beeindrucken ließen sich die Hamburger allerdings nicht, auch nicht als Casper Mortensen kurz darauf einen Siebenmeter vergab. Stattdessen klaute sein Positionspartner Alexander Hartwig, der überraschend für Mortensen begonnen hatte, in Unterzahl einen weiteren Ball, glich so kurz vor der Pause zum 12:12 aus. „Ich bin sehr zufrieden bisher, unsere Abwehr steht top und Robin hält die Bälle. Unser Hauptproblem ist noch der Angriff“, sagte Rückraumspieler Jacob Lassen vor dem Seitenwechsel.
Kiel setzt sich nach der Pause erstmals auf drei Tore ab
Das blieb auch nach Wiederanpfiff so, der THW spielte jetzt seine ganze Erfahrung aus. No-look-Anspiel von Domagoj Duvnjak auf Pekeler – Kiel führte plötzlich mit drei Toren (14:17/36.). Wie im ersten Durchgang dominierten weiter die Abwehrreihen. Durch großen Einsatz, Steals und Gegenstöße kämpfte sich der HSVH aber schnell wieder heran und holte sich durch Hartwig die Führung zurück (19:18/42.).
- Kreuzbandriss und Lizenz-Zittern: Robin Haug erlebte Chaos-Jahr
- Extremer Umbruch: Was sich beim HSV Hamburg jetzt alles ändert
- HSV Hamburg schlägt Lemgo mit 30:26 – Magaard fällt lange aus
In den Schlussminuten entwickelte sich zunehmend ein Pokalkrimi, kein Team konnte sich absetzen. Als Dominik Axmann zum 23:24-Anschluss traf, bekam er von Kiels Petter Øverby einen Wischer im Gesicht ab. Wieder gab es Videobeweis, diesmal allerdings nicht Rot, sondern nur eine Zweiminutenstrafe.
Entscheidung fällt erst kurz vor Schluss
Die meisten der 5876 Fans in der Arena standen, als es in die letzten Minuten ging. Und dort zog der Kieler Rückraum noch mal groß auf. Insbesondere Emil Madsen bekam der HSVH nicht in den Griff, auch vorne schlichen sich nun bittere Fehler ein. Stockfehler Lassen, Stürmerfoul Tissier, Kiel war wieder mit drei Toren in Front (26:29/58.). Diese Führung brachte der Rekordmeister über die Zeit. „Solange Zoran Ilic nicht da ist, muss auch mal jemand anderes aus dem Rückraum werfen. Da tun wir uns momentan etwas schwer“, sagte Weller.
Die Chance zur Revanche erhält der HSVH bereits in der kommenden Woche (11. Oktober), dann kommt der THW in der Bundesliga in die Barclays Arena.