Hamburg. Gegenüber der Handball-Bundesliga musste der HSVH doch deutlich mehr Geld liefern als gedacht. Der Bergische HC weitet seine Klage aus.
Am Dienstag erhielt der HSV Hamburg (HSVH) eine erfreuliche Nachricht von der Handball-Bundesliga (HBL). Die Millionen-Überweisung, die das Schiedsgericht am vergangenen Donnerstag als zusätzliche Bedingung für die Lizenzerteilung von den Hamburgern verlangt hatte, ist nach Abendblatt-Informationen rechtzeitig eingegangen. Damit steht fest, dass die Hamburger auch in der neuen Saison erstklassig spielen. Anders als zuvor berichtet, soll es sich bei der Überweisung von Investor und HSVH-Aufsichtsrat Philipp Müller sogar um eine Summe von knapp über zwei Millionen Euro handeln.
Die Frist von diesem Mittwoch (20 Uhr) hatten die HSVH-Verantwortlichen von sich aus angeboten, weil die HBL dem Bergischen HC mit einer frühzeitigen Entscheidung die Grundlage einer Klagemöglichkeit entziehen wollte. Nun ging das Geld sogar noch deutlich früher ein. Offizielle Statements der HBL und des HSVH sind an diesem Mittwoch zu erwarten. Der BHC, der seit der 30:40-Niederlage gegen die SG Flensburg-Handewitt am vergangenen Sonntag als sportlicher Absteiger in die Zweite Liga feststeht, hat den Kampf um den Klassenerhalt aber noch nicht aufgegeben – notfalls will man sich als 19. Club in eine aufgestockte Liga einklagen.
Handball: BHC reichte offizielle Schiedsklage am Montag ein
Am Montag ging deshalb bei der HBL die offizielle Schiedsklage des BHC ein, ausgearbeitet von einer Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei. „Wir rechnen damit, dass wir eine zügige Abwicklung sehen, innerhalb von maximal 14 Tagen“, hatte BHC-Geschäftsführer Jörg Föste bereits am Sonntag dem Streamingdienst Dyn gesagt. „Wir sind mehr denn je davon überzeugt, dass die Erteilung der Lizenz für den HSVH nicht korrekt ist.“
Wogegen sich die BHC-Klage dabei genau richtet, ist nach wie vor nebulös. In einer am vergangenen Freitag veröffentlichten Stellungnahme schrieb der Club davon, dass er bereits in der abgelaufenen Saison mit der Lizenzerteilung für die Hamburger nicht einverstanden gewesen sei. „Richtigerweise hätte die Lizenz für diese Saison nicht erteilt, jedenfalls aber schon längst entzogen werden müssen“, heißt es dort. Somit habe es aus BHC-Sicht auch für die nun erteilte HSVH-Lizenz der kommenden Saison keine Grundlage gegeben.
Was ist der Inhalt der BHC-Klage?
Mitunter stand auch im Raum, dass sich die Klage des Tabellen-17. explizit gegen den HSVH-Schiedsspruch vom vergangenen Donnerstag richten könnte. Der Vorsitzende Richter Christof Wieschemann hatte bei seinem Urteil einen Formfehler der HBL festgestellt und den um 65 Minuten verspäteten Zahlungseingang der 4,1 Millionen Euro in seiner Urteilsfindung deshalb nicht mehr beachtet.
Laut Urteil hätten die 4,1 Millionen Euro von Investor Müller auf ein Konto der HBL und nicht auf ein Konto des HSVH eingehen müssen. Ein mögliches Argument des BHC: Selbst wenn Müller das Geld auf ein Konto der HBL überwiesen hätte, wäre das Geld dort genauso spät eingetroffen.
Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch eine Klage gegen die HBL-Lizenzierungskommission, die die Bedingung nicht korrekt gestellt hatte. Der BHC könnte dabei argumentieren, dass er in seiner Liga-Zugehörigkeit nicht von einem Fehler der HBL benachteiligt sein dürfe.
„Um operative Probleme zu lösen, sind wir von unserem eigenen Satzungstext abgewichen. Wir haben es zum Wohle des Lizenzantragsstellers gemacht“, hatte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann die gestellte Bedingung am vergangenen Donnerstag verteidigt. „Der Weg, den die HBL eingeschlagen hat, war richtig und wir konnten zu dem Zeitpunkt auch nicht anders entscheiden.“
BHC erweiterte am Dienstag seine Schiedsklage
Welchen Klageweg der BHC am Ende wählt? Vermutlich alle drei. Wie das Abendblatt erfuhr, trafen bei der HBL am Dienstag zwei weitere ausführliche Schriftsätze mit Erweiterungen der Schiedsklage ein. Zudem arbeiten die BHC-Anwälte im Hintergrund offenbar an einer Schadensersatzklage. Ein solcher Prozess würde voraussichtlich vor einem Zivilgericht ausgetragen.
BHC-Geschäftsführer Föste will den Abstieg mit aller Macht vermeiden, macht dabei auch mit öffentlichen Aussagen bewusst Druck. „Jetzt sieht es bei der Lizenzierung so aus, dass es offensichtlich ausreicht, wenn man auf einen Bierdeckel schreibt: ,Im Mai des nächsten Jahres kriegen wir von Max Mustermann 5,1 Millionen Euro geschenkt‘“, sagte der 64-Jährige in Bezug auf die finanziellen Nachbesserungen des HSVH. „Dann können wir uns den gesamten Prozess auch sparen.“
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Tatsächlich war Föstes Aussage nicht nur überspitzt, sondern auch nicht korrekt. Investor Müller hat dem HSVH die 4,1 Millionen Euro nicht geschenkt, sondern in Form eines Darlehens überwiesen, das zeitnah in Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft umgewandelt werden soll. Die zusätzlichen rund zwei Millionen Euro auf dem HBL-Konto sind nun ebenso wenig geschenkt, sondern stehen als finanzieller Auffangschirm zur Verfügung, falls in der neuen Saison wirtschaftliche Engpässe auftreten sollten.
Wie der Club seine Klage begründen will, ohne Einsicht in die Lizenzierungsunterlagen des HSVH zu haben, ist unklar. Auch regelt die Lizenzierungsordnung der HBL, dass eine Lizenzsache ausschließlich zwischen Lizenzgeber (HBL) und Lizenznehmer (HSVH) geregelt wird. Eine versuchte Abendblatt-Nachfrage dazu ließ Föste am Dienstag unbeantwortet, erst an diesem Mittwoch will er sich bei einer Pressekonferenz zur Situation äußern. Beim HSVH ist man unabhängig davon sicher, die erteilte Lizenz auch behalten zu können.