Hamburg. Die Handballer steigern ihre Vermarktung um 30 Prozent, verkaufen weniger Dauerkarten und blicken optimistisch auf die neue Saison.

Es scheint die besondere Lust auf Niederlagen zu sein, die Trainer bisweilen in der Saisonvorbereitung beschleicht. Also sagte Torsten Jansen nach der 23:27-Pleite des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) am Sonntagnachmittag beim Kurz-Turnier in Kiel gegen Zweitligist VfL Lübeck-Schwartau: „Auf solch ein Spiel habe ich gewartet. Jetzt wissen wir, woran wir zu arbeiten haben.“ Das nachfolgende, chancenlose 15:19 gegen den deutschen Rekordmeister THW Kiel gehörte dagegen in die Kategorie Gegner- war-eine-Klasse-besser.

HSV Hamburg: Das Ziel bleibt der Klassenerhalt

Ganz so betrübt wie die Ergebnisse in Kiel vermuten lassen, gehen die Hamburger Handballer dann doch nicht in ihre zweite Bundesligasaison nach der Neuaufstellung des Vereins im Jahr 2016. „Die Liga ist stärker geworden. Sollten wir wieder 14. werden, nichts mit dem Abstieg zu tun haben, würde ich das als größeren Erfolg werten als das gute Abschneiden der vergangenen Spielzeit. Mittelfristig wollen wir uns in der Ersten Liga etablieren“, sagt Vereinspräsident Marc Evermann.

Acht Spieler hatten den HSV Hamburg im Sommer verlassen, neu verpflichtet wurden Torhüter Ivan Budalic (25) für den verletzten Jens Vortmann (35/rekonvaleszent nach Achillessehnenriss), Kreisläufer Andreas Magaard (24), Spielmacher Dani Baijens (24) und der Rückraumrechte Jacob Lassen (27). Dazu erhielten aus der eigenen Jugend Torhüter Alexander Pinski (19) und Spielmacher Max Niemann (19) Profiverträge. In der Vorbereitung bewährten sich zudem Levin Unbehaun, Alexander Hartwig und Gregor Lieke aus der U21 von Trainer Stefan Schröder (41), die in die viertklassige Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein aufgestiegen ist. Offiziell umfasst der Kader der Bundesligamannschaft 19 Spieler.

Weitere Verstärkungen sind vorerst nicht geplant, falls notwendig aber zur Rückrunde Anfang 2023. „Wir haben uns sportlich verbessert, die Konkurrenz allerdings auch. Mit ihrem Sieg in der Vorwoche beim Heide-Cup hat die Mannschaft ihr großes Potenzial angedeutet. Dennoch: Diese Saison wird uns herausfordern“, gibt Geschäftsführer Sebastian
Frecke eine erste Gewinnwarnung ab.

Frecke beklagt extrem hohe Kosten für Infrastruktur

Die Handballer planen, ihren Etat von 4,5 auf rund 6,0 Millionen Euro zu erhöhen, allein bei Vermarktung und Sponsoring konnten die Einnahmen schon von 2,0 Millionen auf 2,6 Millionen Euro gesteigert werden. In den nächsten Wochen erwartet Frecke weitere Abschlüsse im Volumen von bis zu 400.000 Euro, darunter einen neuen Premiumpartner. Im Mikrosponsoring (289 bis 2499 Euro) zählt der HSV Hamburg in seinem Hanse Club derzeit 125 Partner, darüber hinaus rund 100 Sponsoren, zusammen so viele Geldgeber wie noch nie. Tendenz: zunehmend. „Unser Problem bleibt aber, dass wir in Hamburg die teuerste Infrastruktur in der Handball-Bundesliga haben, rund eine Million Euro für Hallenmieten, Dienstleister und Spielerwohnungen mehr ausgeben müssen als die meisten anderen Vereine. Mit um diese Mehrkosten bereinigtem Budget von 5,0 Millionen liegen wir im unteren Drittel der Liga“, sagt Frecke. Dazu kommen unkalkulierbare Ener­giekosten. 100.000 Euro stellt der Verein für erwartete Nachzahlungen zurück.

1623 Dauerkarten verkaufte der Club bisher, zu Beginn der Saison 2021/22 waren es 1739. In der Barclays Arena im Volkspark kalkuliert der HSVH mit ei­nem Zuschauerschnitt von 5000, in der Sporthalle Hamburg in Winterhude mit 3000. Dieser Spielplatz steht den Handballern nach den jährlichen Renovierungsarbeiten erst im Oktober wieder zur Verfügung, die ersten drei Heimspiele gegen Flensburg (1. September, 19.05 Uhr), Minden (11. September, 16.05 Uhr) und den Bergischen HC (22. September, 19.05 Uhr) wird der HSVH daher in der in der Miete teureren Barclays Arena werfen. Für den Saisonauftakt gegen Flensburg sind bereits 1777 Tagestickets verkauft.

HSV Hamburg: Corona-Hilfen wurden verweigert

Weil die Mannschaft im Jahr 2021 fünfmal in den Volkspark ausweichen musste, da die Sporthalle nach einem Dachschaden monatelang saniert wurde, forderte der HSVH vom Vermieter Bezirksamt Nord 130.000 Euro für Mehrkosten wegen des Umzugs in die Barclays Arena. Außergerichtlich scheint jetzt eine Einigung auf etwa 80.000 Euro möglich.

Den Klageweg beschreiten werden die Handballer wohl gegen das Bundesinnenministerium (BMI), dass dem Verein rund 670.000 Euro Corona-Hilfen aus dem Jahr 2020 für potenzielle Einnahmeausfälle (Tickets, Marketing) verweigert. Im Referenzjahr 2019 spielte der HSVH noch in der 2. Bundesliga, durfte bei den Bundeshilfen für Bundesligaclubs nicht die Erstligapreise ansetzen. „Das war Wettbewerbsverzerrung“, sagt Präsident Evermann.