Hamburg. Bundesligahandballer gewinnen hochemotionales Spiel gegen starke Gäste 33:29, müssen aber einen personellen Abgang verkraften.
Torsten Jansen musste sich auf die Zunge beißen, als er am frühen Sonntagabend auf die Schiedsrichter zu sprechen kam. „Wenn man sich zurecht ein bisschen aufregt und dann direkt mit Gelb sanktioniert wird, ...“, sagte der Trainer des HSV Hamburg (HSVH), ehe er den Satz nicht mehr beenden wollte.
Sein Ärger über manche Entscheidungen der Schiedsrichter war verständlich, der 33:29 (18:13)-Heimsieg über den HC Erlangen, vor dem Spiel direkter Tabellennachbar in der Handball-Bundesliga, konnte ihn aber darüber hinwegtrösten. „Das war ein Fight über 60 Minuten. Wenn man nicht mit Dampf und Leidenschaft kommt, verliert man. Ich bin super stolz auf meine Mannschaft“, sagte Linksaußen Casper Mortensen, mit acht Toren bester HSVH-Werfer.
Handball: Personeller Wechsel auf der Geschäftsstelle
Es war auch ein würdiges letztes Heimspiel für Co-Geschäftsführer Florian Gehre, der den HSVH auf eigenen Wunsch nach beruflicher Veränderung zum 31. März verlässt. Direkt nachbesetzt werden soll seine Stelle nicht, Sebastian Frecke künftig als alleiniger Geschäftsführer agieren. Gehre, der sich bisher vor allem um nicht-sportliche Themen kümmerte, soll durch eine Umverteilung von Aufgaben auf der Geschäftsstelle ersetzt werden.
Sowohl Kapitän und Abwehrstabilisator Niklas Weller, dessen Lippe nach einem Trainingsunfall unter der Woche mit vier Stichen genährt worden war, als auch Torhüter Johannes Bitter (Knie) hatten sich rechtzeitig einsatzbereit gemeldet. Beide Führungsspieler des HSVH waren zwar nicht vollständig fit, gaben mit ihrem Biss aber die Richtung für die von Beginn an aggressiv geführte Partie vor. „Wir hatten uns schon vor dem Spiel vorgenommen, richtig viel Emotionalität mit reinzubringen“, sagte Bitter.
HSV Hamburg musste ohne gesperrten Schimmelbauer auskommen
Dass die Sporthalle Hamburg in gewissen Momenten laut werden kann, war bereits vor dem Spiel bekannt. Die Atmosphäre, zu der die 3685 Zuschauer beitrugen, war am Sonntagnachmittag aber von besonderer Qualität. Auch viele HSVH-Profis wirkten so aufgedreht, als hätte ihnen Jansen vor dem Aufwärmen einen tiefen Atemzug Riechsalz verordnet.
Auch ohne den nach einer Blauen Karte gesperrten Tobias Schimmelbauer verteidigten die Hamburger äußerst aggressiv, erzwangen immer wieder Erlanger Ballverluste. Spätestens als Bitter (insgesamt neun Paraden) sowohl einen Siebenmeter von Christoph Steinert hielt, als auch den direkten Nachwurf des deutschen Nationalspielers im Anschluss entschärfte, hatte die Stimmung in der Halle ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. „Gerade hier zu Hause macht es uns immer Spaß, wenn die Stimmung richtig hitzig ist. Das hilft uns weiter“, sagte Bitter.
Schiedsrichtergespann zeigte keine souveräne Leistung
Selbst Mortensen, der beim HSVH zur Kategorie Offensivkünstler zählt, kämpfte, kratzte, feuerte mit an. Als der Däne nach einem erfolgreich geblockten Wurf auf dem Hosenboden landete, schlug er mit der flachen Hand vor Freude so kräftig auf den Hallenboden, dass man sich Sorgen um seinen Mittelhandknochen machen musste. Zusätzliche Schärfe brachte die nicht zum ersten Mal in dieser Saison fragwürdige Schiedsrichterleistung ins Spiel, das Duo Tobias Schmack/Philipp Dinges war mit der Partie überfordert, vergab Zweiminutenstrafen und Siebenmeter, die schlichtweg keine waren.
Den falschen Beurteilungen der Unparteiischen zum Trotz überzeugte der HSVH im Angriff in der ersten Halbzeit mit einer hohen Präzision, traf bis zur Pause (18:13) 90 Prozent seiner Würfe, Erlangen nur 62 Prozent. „Die erste Halbzeit war überragend“, sagte Jansen.
Erlangens Büdel sah die Rote Karte
Auch in der zweiten Halbzeit setzten sich die falschen Entscheidungen der Schiedsrichter fort, sodass zunächst Jansen und anschließend Bitter einen Schreikrampf bekamen. Jansen sah „nur“ Gelb, der Tobsuchtsanfall seines Keepers war jedoch derart hasserfüllt, dass ihn Schmack/Dinges mit einer Zweiminutenstrafe bedachten, dafür „Schieber, Schieber“-Rufe und ein Pfeifkonzert der Fans ernteten. Trösten konnte den HSVH, dass auch die Gäste unter den Schiedsrichtern litten, Nico Büdel sah innerhalb von drei Minuten seine Zweiminutenstrafen zwei und drei, musste folglich mit Rot auf der Tribüne Platz nehmen (22:19/39.).
Die Partie blieb bis kurz vor Schluss hochintensiv, Erlangen stets auf drei oder vier Tore Rückstand dran. Doch auch als die Gäste drei Minuten vor Schluss plötzlich auf zwei Tore verkürzten, behielt der HSVH die Ruhe, fand durch die individuelle Klasse einzelner Profis immer wieder gute Lösungen. „Wir haben viele Spieler, die im Eins-gegen-eins oder Zwei-gegen-zwei stark sind. Damit ist Erlangen nicht klar gekommen“, sagte Bitter.
- Was den HSVH bei Social Media so erfolgreich macht
- Handball: Ohne Johannes Bitter werden die Siege nun härter
- Kurios: Jansen handelte seine Verlängerung ohne Berater aus
Euphorisiert vom Sieg und seiner persönlich erneut starken Leistung, gab Jacob Lassen dann auch noch ein neues Saisonziel aus. „Wir sind in Reichweite von Platz sechs. Leipzig und Hannover spielen gut, wir wissen, dass wir fast jedes verbleibende Spiel gewinnen müssen, um da mitzuhalten. Wenn man aber so nah an Platz sechs dran ist, will man den auch erreichen“, sagte der dänische Nationalspieler.
Tore HSVH: Mortensen 8/3, Lassen 7, Andersen 5, Magaard 3, Tissier 3, Baijens 2, Valiullin 2, Weller 2, Axmann 1.Tore Erlangen: Büdel 6, Jeppsson 5, Olsson 5/4, Bissel 3, Firnhaber 3, Metzner 3, Heiny 1, Steinert 1/1, Zechel 1, Zehnder 1.