Hamburg. Nach zwölf Jahren beim Handball-Bundesligisten musste der Rückraumspieler vor einem Monat plötzlich gehen: „War nicht mein Wunsch“.
Finn Wullenweber sitzt gerade in seinem voll beladenen Auto, als ihn das Abendblatt am Telefon erreicht. Im Kofferraum hat der Handball-Profi Umzugskartons für seine neue Wohnung in Aschaffenburg dabei. „Natürlich habe ich mich darauf eingestellt, dass es hier anders sein wird als in einer Großstadt. Die ersten Eindrücke sind schön, auch weil es hier immer mindestens fünf Grad wärmer ist als in Hamburg“, sagt der 24 Jahre alte Rückraumspieler, der am 15. Juli überraschend vom HSV Hamburg (HSVH) zu Zweitligist TV Großwallstadt gewechselt war.
„Es war nicht allein meine Entscheidung, den Verein zu verlassen“, sagt er. „Letztendlich brauche ich wahrscheinlich sportlich und menschlich aber auch mal eine neue Herausforderung.“
Handball: Wullenweber musste überraschend gehen
Dass Wullenweber in diesem Sommer einen Umzug organisieren muss, hätte er vor wenigen Wochen nicht geglaubt. Mit dem HSVH, dem Verein, für den er seit seinem 13. Lebensjahr aufgelaufen war, hatte Wullenweber gerade die erste Saison in der Handball-Bundesliga erfolgreich bestritten, den Klassenerhalt frühzeitig perfekt gemacht.
Zwar war er immer mal wieder verletzt ausgefallen, hatte sein Erstligapotenzial aber in mehreren Spielen unter Beweis gestellt. Der Schock folgte nach Abendblatt-Informationen nur eine Woche nach dem Saisonende, als ihm die HSVH-Verantwortlichen plötzlich mitteilten, dass sie trotz des bis 2023 laufenden Vertrags nicht mehr mit ihm planen.
"Es war nicht mein Wunsch, dass es so endet"
„Das Gespräch ist nicht so verlaufen, wie es nach zwölf Jahren in dem Verein hätte verlaufen sollen. Es war nicht mein Wunsch, dass es so endet. Ich hatte eine schöne Zeit in Hamburg. Die ist jetzt aber vorbei, und ich schaue nach vorne“, sagt Wullenweber, den das abrupte Ende beim HSVH offenbar auch persönlich getroffen hat. Eine Pressemitteilung und ein Social-Media-Post des Vereins – dann waren zwölf Jahre seines Lebens Geschichte. Insbesondere der Zeitpunkt, zu dem man ihn informiert hatte, stellte Wullenweber vor große Probleme. Fast alle Vereine hatten ihre Kaderplanungen bereits weitestgehend abgeschlossen.
Der Rückraumriese, der zuvor bei keinem Spielerberater unter Vertrag war, suchte den Kontakt zu einer Bremer Agentur, die ihm einen neuen Verein suchen sollte. Am Ende wurden es bis zur Unterschrift nur neun Tage – dank einer großen Portion Glück. Nur weil Nikola Vlahovic, der bereits im Winter in Großwallstadt unterschrieben hatte, kurzfristig doch bei der SG BBM Bietigheim blieb, hatte der Club wieder einen Platz im Kader frei.
Wullenweber muss jetzt eine Fernbeziehung führen
Wullenweber unterschrieb einen Einjahresvertrag mit Option. Seine Freundin ließ er in Hamburg zurück – die unromantische Seite des Profigeschäfts. „Eine Fernbeziehung ist eigentlich nicht das, was wir beide wollen. Jetzt ist es zwangsläufig so gekommen, und wir müssen schauen, ob das etwas für uns ist oder ob sie zu mir nach Bayern kommt“, sagt er.
Nach Abendblatt-Informationen soll sich vor allem das HSVH-Trainerteam um Torsten Jansen an Wullenwebers Verletzungsanfälligkeit gestört haben. Der 1,96 Meter große, wurfgewaltige Rechtshänder galt beim HSVH lange als größtes Talent, schaffte es wegen regelmäßiger körperlicher Rückschläge aber nie wirklich über diesen Talentstatus hinaus. Diesen Schritt will Wullenweber nun in Großwallstadt, dem 4100-Seelen-Dorf in Unterfranken, gehen.
Handball: Wullenweber hat schnell Anschluss gefunden
„Großwallstadt hat von Anfang an einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht und ist offensiv auf mich zugegangen. Die Trainingsbedingungen hier sind sehr gut, der Verein hat eine große Tradition“, sagt er. Sechs deutsche Meistertitel, vier DHB-Pokalsiege und zwei Europapokalsiege hat der Verein zu bieten. Für den Zweitligisten, der zuletzt beinahe in die Dritte Liga abgestiegen wäre, ist Wullenweber der Königstransfer dieses Sommers. „Ich weiß selbst um meine Rolle hier“, sagt der 24-Jährige.
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In der neuen Mannschaft habe er schnell Anschluss gefunden – auch dank Trainer Igor Vori. Zwischen 2009 und 2013 wurde der ehemalige Weltklasse-Kreisläufer deutscher Meister, Pokalsieger und Champions-League-Gewinner mit dem HSV Handball – sodass für Wullenweber auch in Großwallstadt ein kleiner Hauch von Hamburg weht.