Hamburg. Die ersten Konsequenzen aus der Insolvenz sind spürbar. Die Spieler coachen sich selbst, Unternehmer Hunke dementiert Rettungsberichte.
Der angeschlagene Handball-Bundesligist HSV Hamburg hat Insolvenz angemeldet - ein Retter ist allerdings nicht in Sicht. Die Hamburger Gerichtspressestelle bestätigte am Mittwoch den Eingang eines entsprechenden Antrags des deutschen Meisters von 2011. Der Spielbetrieb soll jedoch weitergeführt werden. Allerdings werden dem HSV laut Statuten acht Punkte abgezogen.
Der Verein wollte keine Auskünfte zur Zukunft geben. Die Verbindlichkeiten des Champions-League-Siegers von 2013 sollen sich bis Saisonende auf fünf Millionen Euro belaufen. Warum Geschäftsführer Christian Fitzek die Patronatserklärung von Hauptsponsor Andreas Rudolph über mehrere Millionen Euro bislang nicht gezogen hat, bleibt unbekannt. Sie war Voraussetzung für die Lizenzerteilung gewesen. Der Medizinunternehmer soll inzwischen mehr als 30 Millionen Euro in den Verein gesteckt haben.
Wird bis zum Jahresende nicht eine Verringerung des negativen Eigenkapitals um 30 Prozent nachgewiesen, kommen zum feststehenden Abzug von acht Punkten vier weitere Zähler hinzu. Der Abstand des Tabellen-Fünften zu den Abstiegsplätzen beträgt derzeit 17 Punkte. Sollte die Sanierung des HSV bis zum 10. April kommenden Jahres gelingen, kann ein erneuter Antrag für eine Bundesliga-Lizenz gestellt werden. Anderenfalls droht ein Neuanfang in der zweiten oder dritten Liga.
Stationen der Krise beim HSV Handball
Spieler können ablösefrei wechseln
Ob das Bundesligaspiel gegen den SC Magdeburg am Sonntag (15 Uhr) stattfinden kann, ist ungewiss. Die Arena gehört außer dem Finanzamt, der Berufsgenossenschaft und Rudolph zu den Gläubigern des Clubs. Nun muss sich der Insolvenzverwalter mit dem Arena-Betreiber einigen. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung müssten 50.000 Euro Mietzahlung geleistet werden.
Die Mannschaft trainiert sich derzeit selbst. Coach Michael Biegler, der in Personalunion die polnische Nationalmannschaft betreut, bereitet den Gastgeber der EM auf das Turnier im Januar vor.
Die Spieler können den Verein nach dem Ausbleiben der beiden Monatsgehälter ablösefrei verlassen. Adrian Pfahl wird bereits mit Frisch Auf Göppingen in Verbindung gebracht und könnte nach den Regularien des Liga-Verbands HBL bereits am 27. Dezember mit den Schwaben beim HSV antreten. Für Torhüter Jens Vortmann und Hans Lindberg haben die Füchse Berlin angeblich Interesse angemeldet.
Sollten viele Profis dem HSV den Rücken kehren, könnten Spieler aus der U23 aufrücken. Die hat gerade die Herbstmeisterschaft in der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein eingefahren. Konkurrenzfähig in der Bundesliga wäre ein solches Team in jedem Fall nicht.
Hunke doch nicht der Ersatz-Retter
Verwirrung gab es am Mittwoch um einen angeblichen Einstieg von Jürgen Hunke, ehemaliger Präsident des Fußball-Bundesligisten HSV. Der Theatermäzen dementierte Meldungen, dass er als neuer Investor einsteigen würde, nachdem Rudolph den Geldhahn zugedreht hatte.
„Ich bin bestimmt nicht der Retter“, sagte der Unternehmer, Sport- und Theatermäzen dem Abendblatt: „Selbst wenn ich das Geld hätte, würde ich im Traum nicht bei der Betriebsgesellschaft einsteigen.“ Sollte es zu einem Neustart bei den Handballern kommen, stünde er aber bereit, den HSV Hamburg e. V. „als einer von vielen“ zu unterstützen. Dies versicherte er auch Vereinspräsident Karl Gladeck. „Jürgen Hunke würde zur Rettung des e. V. und seiner Nachwuchsabteilung beitragen, dafür sind wir sehr dankbar“, sagte Gladeck, der sich bei Hunke für die irreführende Berichterstattung entschuldigt habe. Der Norddeutsche Rundfunk hatte berichtet, Hunke stünde als neuer Geldgeber bereit.
Hunke, 72, bezeichnet sich selbst als „großen Handballfan“. Bei den HSV-Heimspielen ist er regelmäßig zu Gast. Zuletzt ließ er der Jugendabteilung eine Spende zukommen. Als der Club 2003/04 vor dem Lizenzverlust stand, half er nach eigenen Angaben mit einem Darlehen über 450.000 Euro aus: „Das Geld ist ja auch weg.“