Hamburg. Der Hamburger wird von Bundestrainer Gordon Herbert aus dem Kader gestrichen. Dennoch verbleibt er beim Team.

Was der Höhepunkt einer ganz besonderen Woche für Justus Hollatz werden sollte, wird zum Tiefpunkt einer ganz besonderen Woche – nämlich einer besonders bitteren. Der Ausgangsplan: An diesem Sonnabend (19.30 Uhr/kostenlos auf MagentaSport) beim Testspiel in der Hamburger Barclays Arena die Niederlande besiegen, Bundestrainer Gordon Herbert endgültig von der Olympia-Tauglichkeit überzeugen und anschließend „den Kiez mit den Jungs unsicher machen“. Herbert war sich dagegen sicher.

Am Donnerstagabend teilte er Hollatz die Entscheidung mit, dass der gebürtige Harburger nicht zum Zwölf-Mann-Aufgebot für die Olympischen Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) zählen wird. Trotzdem soll der 23-Jährige bis auf Weiteres mit der Nationalmannschaft trainieren und sich bereithalten, falls sich noch jemand verletzt.

Basketball: Weltmeister spielen in Hamburg, allerdings ohne Justus Hollatz

Hollatz wird also in der Barclays Arena zugegen sein und vermutlich in Zivil auf der Bank sitzen. Ein schwacher Trost für den Spielmacher von Anadolu Efes Istanbul.

Das Szenario der Nichtnominierung hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet. Schon beim Vorbereitungsspiel in Frankreich (70:65) am Montag hatte er nicht mehr gespielt.

Bundestrainer Gordon Herbert hatte seinen Weltmeistern einen Bonus zugesagt

„Es gehört zum Spitzensport dazu, dass harte Entscheidungen getroffen werden“, hatte Hollatz noch am Donnerstagmittag gesagt. Überraschend ist sein Aus zumindest teilweise, da Herbert seinen zwölf Weltmeistern aus dem vergangenen Herbst einen Bonus für Olympia einger

äumt hatte.

Neben Hollatz strich der 65-Jährige auch den gebürtigen Hamburger Louis Olinde (Alba Berlin); Leon Kratzer (Paris Basketball), Sohn des früheren BCJ-Tigers-Profis Marc Suhr; sowie in David Kräme

r (Laguna Teneriffa) einen weiteren Weltmeister. Neu dabei im Kader sind Oscar da Silva und Nick Weiler-Babb vom FC Bayern München.

Niveau des deutschen Basketballs ist extrem hoch

So schmerzhaft die Entscheidung für Hollatz und das restliche aussortierte Trio ist, es spricht auch dafür, welch hohes Niveau der deutsche Basketball derzeit aufbieten kann. Krämer punktet zweistellig in der spanischen Liga, die als beste nationale Spielklasse Europas gilt.

Kratzer ist Starter beim amtierenden EuroCup-Gewinner. Olinde und Hollatz sind feste Bestandteile von EuroLeague-Mannschaften. Nach den Olympischen Spielen können zudem in Tristan da Silva (Orlando Magic) – der Bruder von Oscar – und Isaiah Hartenstein (Oklahoma City Thunder) zwei Akteure aus der weltbesten Liga NBA hinzustoßen.

Mindestens vier Leistungsträger hören nach Olympia auf

Sie werden dann benötigt werden, denn die Nationalmannschaft steht in der aktuellen Zusammensetzung vor ihrer Abschiedsvorstellung in Frankreich und somit auch in Hamburg. Nach Abendblatt-Informationen gilt es als sicher, dass zumindest Maodo Lo (Olimpia Armani Mailand), Niels Giffey (FC Bayern München), Daniel Theis (New Orleans Pelicans) und Johannes Voigtmann (vereinslos) vom internationalen Basketball zurücktreten.

Deutschland - Frankreich
Justus Hollatz (23) ist Weltmeister, Olympiasieger kann er vorerst nicht werden. © Revierfoto

Doch vorher soll in Paris ein weiterer Medaillencoup folgen. „Ich hatte zu Beginn meiner Arbeit Ende 2022 die Vision, drei Jahre in Folge eine Medaille zu gewinnen“, sagt Herbert, der damals dafür verlacht worden war. Mit EM-Bronze 2022 und dem WM-Titel 2023 liegt der Kanadier aber auf Kurs.

Daniel Theis: „Wir sind noch nicht zufrieden“

„Wir sind noch nicht zufrieden und werden bei Olympia neben den USA die Gejagten sein“, sagt Theis. Hamburg soll daher eine weitere Zwischenstation beim Formaufbau darstellen. Das Ergebnis in der noch nicht restlos ausverkauften Partie gegen die überschaubar starken Niederländer, Weltranglisten-53., ist sekundär, wenngleich ein Sieg erwartet werden kann.

„Olympia ist die größte Ehre für einen Sportler“, sagt Lo. „Es bedeutet alles für uns“, ergänzt Dennis Schröder, Kapitän der Nationalmannschaft und in nahezu jeder Hinsicht die größte Attraktion am Sonnabend. „Jeder weiß, dass wir eine Mannschaft sind, die keine richtige Schwäche hat“, betont der 30 Jahre alte Regisseur der Brooklyn Nets.

Moritz Wagner über Bundestrainer Herbert: „Ein geiler Typ“

Aber die Stärken müssen selbst Weltmeister noch schärfer herausarbeiten. „Zu diesem Zeitpunkt im Jahr ist es nicht ganz so einfach, in Basketballform zu kommen, aber wir arbeiten daran und kommen große Schritte voran“, sagt Moritz Wagner (Orlando), dessen beim selben Verein spielender Bruder Franz der Co-Star neben Schröder ist.

Der Fixpunkt, um den sich alles in diesem Team dreht, ist aber Herbert. Die Spieler vertrauen dem väterlich wirkenden Coach, der nach Olympia in dieser Funktion aufhören will, blind. „Gordie ist ein geiler Typ, kein Wort von ihm ist ein verschwendetes. Aber erzählt ihm nicht, dass ich das gesagt habe“, meint Ulknudel Moritz Wagner.

Japan, Nationalmannschaft oder FC Bayern? Zukunft von Herbert ist offen

Noch kein Wort zu viel hat Herbert indes zu seiner Zukunft verschwendet – was schlicht daran liegt, dass er selbst nicht weiß, wie es weitergehen soll. Erst stand er bei den Chiba Jets Funabashi in Japan für 1,4 Millionen US-Dollar für zwei Jahre im Wort, dann sagte er wieder ab.

Kürzlich soll er sogar darüber nachgedacht haben, doch beim Nationalteam weiterzumachen, wurde dieser Zeitung berichtet. Nun gab es auch Kontakt zum Deutschen Meister FC Bayern München. Ausgang: völlig offen.

Zukunft von Hollatz ist bis auf Weiteres geklärt

Die Aussichten von Hollatz sind klarer. Er wird weiter in Istanbul spielen, die Tür zur Nationalmannschaft steht ihm offen, sofern er nicht aus Bitterkeit oder physischen Gründen aussetzen möchte. Davon ist jeweils nicht auszugehen.

„Justus stellt das Team an erster Stelle, er kann sich unterordnen und gibt stets 110 Prozent. Ohne ihn hätten wir unsere Erfolge nicht errungen“, lobt ihn Schröder. Moritz Wagner findet ihn „geil“, schätzt seine „ganz klare Intention als Passgeber und athletischer Spieler“.

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Und Herbert stellt seinem Nachfolger, der noch nicht feststeht, bereits in Aussicht: „Justus gehört die Zukunft im Nationalteam.“ Vermutlich hätte er sie aber in diesem Sommer für die Gegenwart getauscht.