Hamburg. Quintin Bethea will seinen Traum verwirklichen. Die Risiken auf dem Weg dorthin sind gewaltig. Experte Sean McCaw klärt auf.
Garagentore sind das Fachgebiet von Quintin Bethea. Der 25-Jährige weiß genau, wie sie konstruiert sind und zusammengebaut werden.
Derzeit arbeitet der US-Amerikaner allerdings an seinem Meisterstück in Scheunentoren. So offen wie diese kommt ihm momentan der Basketballkorb vor. 28 Punkte erzielte er am Wochenende, 30 im Spiel zuvor. Die St. Pauli Bats soll Bethea damit vor dem Abstieg bewahren – aus der Oberliga.
US-Amerikaner Quintin Bethea spielt Oberliga auf St. Pauli
Das ist die Mission, für die der 2,03-Meter-Mann im Februar aus seiner Heimatstadt Seattle aufbrach, einen Vollzeitjob in der Torbaubranche aufgab. Was unweigerlich zur Frage führt: Warum tut er das?
Aus finanziellen Gründen jedenfalls nicht. Bethea verdient gar nichts. Seinen Flug zahlte er selbst, nur für Kost und Logis in einer WG im Karoviertel kommen Unterstützer des Vereins auf.
Basketballer bekommt kein Geld dafür
„Ich will meinen Traum leben und durch Basketball die Welt kennenlernen“, sagt der Linkshänder. Um die Rechnungen daheim zu bezahlen, organisiert er im Homeoffice „far away from home“ Dienstpläne seines alten Arbeitgebers, seine Mutter finanziert die restlichen Kosten.
Die gut drei Monate in Hamburg sind aber nicht allein Bildungs- und Lustreise für Bethea. Sie sind auch ein Investment. Über gute Leistungen möchte er sich für höherklassige Teams empfehlen.
Traum: Über die Regionalliga in die Bundesliga
Ein Engagement in der 1. Regionalliga erscheint vorstellbar. Gut die Hälfte der viertklassigen Clubs beschäftigt mindestens einen Ausländer, die häufig auf Minijobbasis angestellt sind, parallel als Jugendtrainer arbeiten und sich oftmals furchtbar einsamen fühlen und langweilen.
Ein Geschäft mit der Hoffnung. Bethea beispielsweise träumt von einem Probetraining beim Bundesligisten Veolia Towers Hamburg.
Ex-Profi Sean McCaw berät Spieler als Mentor
„Ich kann den Weg über die unteren Ligen empfehlen, aber nur wenn die Erwartungen realistisch sind, und man gut beraten wird“, sagt Sean McCaw. Der 50-Jährige landete selbst einst über den Weg durch die kleinere österreichische und portugiesische Liga in der Bundesliga, spielte in Oldenburg und Jena. Heute lebt er in Braunschweig und hilft Spielern wie Bethea als Mentor.
Dass dieser über ein Touristenvisum nach Hamburg gekommen ist, sieht McCaw kritisch. „Würde er offiziell als Minijobber arbeiten und wäre nicht krankenversichert, könnte er in große Schwierigkeiten geraten“, sagt der gebürtige New Yorker.
Betrüger machen ein großes Geschäft aus den Träumen
Doch Bethea hat Glück gehabt. Bats-Boss Samer Ismailat (41) akquirierte den Center über einen gemeinsamen Bekannten, trainiert täglich mit ihm in der Kaifu-Lodge und nimmt in mit in Flüchtlingsunterkünfte, um dort mit Kindern Sport zu treiben. „Genau das, was ich später hauptberuflich machen will“, sagt Bethea, der Hamburg liebt, ausgedehnte Radtouren unternimmt und sich kulturell informiert.
Es hätte anders laufen können. „Es gibt einen riesigen Markt für Betrüger, auf dem Rücken von Sportlern Geschäfte zu machen“, sagt McCaw.
Spieler stranden am Flughafen, weil ihr Vertrag unecht war
Angebliche Berater schreiben Massenmails an ehemalige Collegespieler, in denen diesen versichert wird, ihnen liege ein unterschriftsreifer Vertrag vor, dem aber direkt zugestimmt werden müsse. „Der Spieler soll dann lediglich 300 Euro für das Visa vorschießen und die Flüge bezahlen. Der Verein würde alles nach der Ankunft zurückzahlen“, sagt McCaw.
In der Realität stranden Basketballer an Flughäfen, ohne je abgeholt zu werden. McCaw berichtet von einem mustergültigen Vertrag, den angeblich Betis Sevilla ausgestellt haben sollte.
Bethea: „Die Erfahrung ist das Risiko wert"
Die betrügerischen Agenten zu verklagen sei häufig ein langwieriger und schwieriger Prozess, der mit finanzieller Vorauszahlung verbunden ist, weswegen viele Spieler darauf verzichten. Auch Bethea lief vergangenes Jahr auf, als ihm ein Job in der dritten mexikanischen Liga zugesichert worden war. Erst bei einem zweiten Club durfte der Center dann spielen.
Bethea, ein ausgesprochen optimistischer Mensch, hat den Vorteil einer Berufsausbildung, Basketball ist nicht seine einzige Chance. „Es geht mir hier gut, die einmalige Erfahrung ist alle Risiken wert“, sagt er.
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Auch für die Bats hat sich der Deal bislang ausgezahlt, sie haben die vergangenen beiden Spiele gewonnen. Und wenn sich für Bethea die Scheunentore nach Saisonende schließen, will er erstmal zurück zu den Garagentoren.