Hamburg. Der Center ist ein Erfolgsfaktor mit festem Platz in der deutschen Basketballgeschichte. Nur ein Resultat verhagelt sein Jubiläum.

Daran, was er am 20. Dezember 2009 gemacht hat, musste Jonas Wohlfarth-Bottermann erst erinnert werden. „Anscheinend habe ich da 20 Sekunden gegen Tübingen gespielt und in der Bundesliga debütiert“, sagte der 33-Jährige nach seinem 400. Match in der deutschen Beletage über die Gedanken an seinen ersten Einsatz.

An dieser Aussage sowie der Rückschau auf die Premiere des Centers ist zweierlei bemerkenswert. Erstens: Wohl nur ein Profisportler, der sich selbst nicht so wichtig nimmt und das Wohl der Mannschaft über alles stellt, vergisst sein erstes Spiel.

Wohlfarth-Bottermann bestreitet 400. Bundesligaspiel

Zweitens: In der besagten Partie besiegten die Telekom Baskets Bonn, für die Wohlfarth-Bottermann damals aktiv war, Tübingen mit 80:70 und kletterten damit an die Tabellenspitze. Bis heute gilt: Wer „WoBo“ hat, ist erfolgreich.

Abgesehen von kleineren Ausnahmen, so wie dem 80:91 (20:20, 15:23, 22:26, 23:22) der Veolia Towers Hamburg am Sonnabend gegen die EWE Baskets Oldenburg. „Respekt an den Gegner, der taktisch und physisch das Geschehen diktiert hat“, sagte der Big Man, der vor 3400 Zuschauern in der ausverkauften edel-optics.de Arena auf drei Punkte und drei Rebounds kam.

Ex-Coach Calles ruiniert das Jubiläum

„Wir haben es heute nicht geschafft, einen Run zu erzeugen, sind über die kompletten 40 Minuten in keinen richtigen Rhythmus gekommen“, beklagte Cheftrainer Benka Barloschky nach der Niederlage gegen seinen früheren Towers-Vorgesetzten Pedro Calles, die Wohlfarth-Bottermann das Jubiläum verhagelte.

Nur 19 Spieler können mehr Einsätze im deutschen Oberhaus vorweisen als „WoBo“. Im Normalfall sollte er zwei der vor ihm Stehenden in dieser Saison noch überholen, kurioserweise Akteure mit direktem Towers-Bezug: Pascal Roller (408), der 2013 Mitgründer des Clubs war, seine Tätigkeit als Geschäftsführer 2015 beendete, sowie den mittlerweile als Schauspieler arbeitenden Heiko Schaffartzik (413), der 2019/20 seine illustre Karriere in Hamburg ausklingen ließ.

Towers-Center ist der drittbeste Blocker der Geschichte

Auch in anderen Kategorien klettert Wohlfarth-Bottermann zusehens in die höchsten Gefilde der Bundesliga. Bei der Anzahl gefangener Rebounds (1366) ist er 13. Und lediglich der für den Syntainics MBC Weißenfels aktive John Bryant (435) sowie Weltmeister Daniel Theis (249) haben in der Geschichte der Liga mehr Würfe geblockt als der gebürtige Bonner (234).

Ein Ende scheint nicht absehbar zu sein. Mindestens zwei Saisons möchte der zweifache Pokalsieger (2014 und 2016 mit Alba Berlin) und dreifache Vizemeister noch spielen.

Zwei Saisons sollen mindestens noch folgen

Bevorzugt zwei Jahre am gleichen Standort, wofür auch Hamburg in Frage kommt. Die Alternative wären Clubs, die ihm den Karriereherbst lukrativ versüßen. Doch die Towers wissen, was sie ihrem 2,08-Meter-Mann haben, der angesichts seiner Erfolge ein vergleichsweise moderates Gehalt bezieht.

Sportlich zeigt Wohlfarth-Bottermann kaum Abbau-Erscheinungen. Selbst im auf den ersten Blick enttäuschenden Oldenburg-Spiel stechen Details heraus, die seinen Wert zementieren.

Bestwert bei den Steals eingestellt

So gelang dem Routinier, auf seine alten Tage seine Karrierebestleistung bei den Ballgewinnen einzustellen. Dreimal stibitzte er einem „Donnervogel“ das Spielgerät.

Durchschnittlich produziert er rund fünf Punkte und knapp vier Rebounds. Die 13:37 Minuten, in denen der 24-fache Nationalspieler am Sonnabend auf dem Parkett stand, gewannen die Towers mit vier Punkten. Lediglich Scharfschütze Nico Brauner (plus zehn), Spielmacher Aljami Durham (plus acht) und Topscorer Mark Hughes (plus eins) wiesen ebenfalls positive Werte auf.

Ex-Coach: "Würde WoBo in jede Mannschaft mitnehmen"

Ein Gewinnertyp, den Bundestrainer Gordon Herbert nicht grundlos in sein Aufgebot berief, das 2022 Bronze bei der Europameisterschaft im eigenen Land holte. Ein ehemaliger Coach, der Wohlfarth-Bottermann in der Bundesliga trainierte, schwärmt: „Jonas ist ein echter Teamspieler, der immer 100 Prozent gibt. Ich würde ihn in jede meiner Mannschaften mitnehmen, er ist eine fast sichere Garantie auf den Einzug in die Play-offs.“

Für die Towers wäre hingegen bereits der Einzug in die Play-ins, der Qualifikationsrunde für die Play-offs, ein Erfolg, nachdem sie in der Vorsaison trotz „WoBo“ im Team als 15. enttäuschten und dem aktuellen Kader eher eine Positionierung im unten Mittelfeld zugetraut worden war. Derzeit sind die Wilhelmsburger auf Kurs, auf den Play-in-Rängen sieben und zehn zu landen. „Aber wir müssen uns den Hunger bewahren, der uns in diese Position gebracht hat“, sagt Wohlfarth-Bottermann.

Den Hunger auf Siege hat er längst nicht satt. „Daher wird mir dieses 400. Spiel hoffentlich genauso wenig in Erinnerung bleiben wie das erste“, sagt er.

Veolia Towers Hamburg: Dziewa (15 Punkte), Hughes (15), King (12), Durham (12), Hinrichs (9), Meisner (5), Christmas (3), Wohlfarth-Bottermann (3), Brauner (3), Möller (3), Krause.