Hamburg. Warum Hamburgs Bundesliga-Basketballer mehr wie Pippi Langstrumpf und weniger wie Andrea Nahles sein müssen.
Was macht eigentlich Andrea Nahles? Seit Juli vergangenen Jahres ist die kurzzeitige SPD-Chefin Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit.
Also doch Nürnberg statt Hamburg. Denn in den vergangenen Wochen konnte mitunter der Eindruck entstehen, die im Volksgedächtnis vor allem durch ihre Pippi-Langstrumpf-Gesangseinlage im Bundestag verankerte ehemalige Bundesministerin für Arbeit und Soziales habe die Kommunikation der Veolia Towers Hamburg übernommen.
Veolia Towers Hamburg in der Krise
Die Bundesliga-Basketballer machten sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Eine 16-Punkte-Klatsche gegen den deutschen Meister ratiopharm Ulm waren „37 Minuten auf Augenhöhe“.
Nachdem Paris den Wilhelmsburgern im EuroCup 105 Punkte eingeschenkt hatte, wurde die „gallige Verteidigung“ gelobt, und Cheftrainer Benka Barloschky sprach anschließend davon, dass die Mannschaft „immer besser“ werde. Inzwischen haben die Towers wettbewerbsübergreifend acht Spiele in Serie verloren, neun sind Negativrekord.
Mannschaft zu schwach zusammengestellt
Zugegeben, der Einstieg in diesen Text ist ziemlich unfair. Natürlich ist es die Aufgabe einer Presseabteilung, das eigene Unternehmen, in diesem Fall den eigenen Verein, möglichst positiv darzustellen.
Und freilich wird ein Trainer nur im Extremfall öffentlich auf sein Team eindreschen. Die scheinbare Naivität, mit der die Mannschaft im Sommer zusammengestellt wurde, die trotzigen, ausweichenden Reaktionen auf die Niederlagen erinnern allerdings wahrlich ein wenig an Kinderzeiten à la Pippi Langstrumpf.
Trikotsponsor-Ausstieg reißt Loch ins Budget
Aber eben nur scheinbar. Sportchef Marvin Willoughby trägt unmissverständlich die Verantwortung für diese Situation, die er auch annimmt, was ihn ehrt.
Allerdings sind dem Vereinsgründer in Teilen die Hände gebunden. Dass Trikotsponsor 28 Black, ein Hersteller von Energydrinks, im Sommer überraschend vorzeitig aus dem Deal ausstieg, riss ein Loch von gut 250.000 Euro ins Budget der Hamburger.
Andere Standorte scouten cleverer
Den Handlungsspielraum auf dem Transfermarkt schränkte dies deutlich ein. Verpflichtet wurden so überwiegend Zweitligaspieler und Akteure, bei denen es aus externer Sicht mitunter wirkt, als fehle ihnen die Qualität für die Bundesliga.
Mit ihrem Gesamtetat liegen die Towers dennoch weiter im Mittelfeld der Tabelle. Andere Standorte machen es zudem vor, dass auch mit kleinerem Geldbeutel, aber gutem Scouting clevere Verpflichtungen getätigt werden können.
Junge Spieler meiden Hamburg
Dies war in Hamburg zuletzt zu selten der Fall, weil es wirkt, als würde die Verantwortung dafür auf zu wenige Schultern verteilt. Als Resultat ist der Club nach zwei Play-off-Teilnahmen unter Trainer Pedro Calles, dessen guter Name allein schon gezogen hat, nach dessen Abgang in einer Abwärtsspirale gefangen.
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Aus der sich weitere Probleme ergeben. Kein talentierter junger Spieler wagt es derzeit, an einem sportlich instabilen Standort zu unterschreiben und seine Zukunft zu riskieren.
Agenturen zögern, ihre Profis zu den Towers zu schicken
Gestandene deutsche Profis ohnehin nicht. Bedenklich auch, dass einige Agenturen zögern, ihre Klienten bei den Towers zu platzieren, weil ihnen das Risiko zu hoch erscheint.
Noch interessanter ist der Blick aus der Trainerszene. Mit seinem öffentlichen Bekenntnis zu Barloschky in der Vorsaison, das viele als (unbeabsichtigtes) Nachtreten gegen Ex-Coach Raoul Korner auslegten, tat sich Willoughby – ein von Grund auf guter, aber auch sehr emotionaler Mensch – keinen Gefallen.
Sportchef Willoughby vertraut Cheftrainer Barloschky
Auch die große Einflussnahme des Sportchefs schreckt Coaches ab. Andere betrachten Hamburg weiter als interessantes Projekt mit viel Potenzial.
Doch bis auf Weiteres hat Barloschky diesen Posten inne. Er rechtfertigt Willoughbys Vertrauen mit harter Arbeit, ist bei den Spielern beliebt.
Towers droht in dieser Verfassung der Abstieg
Natürlich braucht auch er bald Resultate. Fair wäre es allerdings, ihm zunächst bessere Spieler zur Verfügung zu stellen.
Diese Zeichen haben die Verantwortlichen erkannt und sehen sich bereits um. Es ist dringlich, denn in der aktuellen Verfassung droht der Abstieg, der den Club und dessen soziale Projekte abseits des Profisports weit zurückwerfen würde.
Mehr Pippi Langstrumpf, sonst ab zu Andrea Nahles
Akut kommt es darauf an, wie die Towers auf dem Spielfeld reagieren. Pippi Langstrumpf war stets in der Lage, auch schwierigste Situationen zu meistern und sich die Welt dann so zu machen, wie sie ihr gefällt. Die Profis, denen das nicht gelingt, dürften sich bald bei Andrea Nahles beim Arbeitsamt melden können.