Hamburg. Gordon Herbert ist in Verhandlungen mit dem französischen Club Asvel Lyon-Villeurbanne. Eine Doppelfunktion schließt der Verband aus.

Er gilt als der Architekt des sensationellen Titelgewinns der deutschen Basketballer bei der Weltmeisterschaft auf den Philippinen, holte ein Jahr zuvor bei der Europameisterschaft die Bronzemedaille. Nun könnte dem Deutschen Basketball-Bund (DBB) der Abgang von Bundestrainer Gordon Herbert drohen.

Nach Abendblatt-Informationen hat der französische EuroLeague-Club Asvel Lyon-Villeurbanne Verhandlungen mit dem 64-Jährigen aufgenommen. Der Kanadier soll Nachfolger des noch amtierenden Cheftrainers TJ Parker werden. Ein Übereinkommen hat bislang nicht stattgefunden – auch weil der DBB einer Doppelfunktion Herberts als Vereins- und Nationaltrainer noch nicht zustimmen will.

Lyon-Villeurbanne will Herbert

Herbert steht bis 2025 beim DBB unter Vertrag, hatte diesen kurz vor der WM vorzeitig verlängert. Im kommenden Sommer soll er den Weltmeister bei den Olympischen Spielen in Paris zu einer weiteren Medaille führen. Dies scheint nun infrage zu stehen.

Zuletzt erfüllte Dirk Bauermann (65/2003 bis 2011) zwei Jobs auf einmal, musste 2008 aber bei Brose Bamberg aufhören, weil seitens der Bundesligisten Interessenkonflikte befürchtet worden waren. Seitdem arbeitet der ranghöchste Trainer im Land exklusiv für die A-Nationalmannschaft.

Verband droht Bundestrainer mit Kündigung

Wie zu hören war, soll der DBB Herbert daher sogar mit einer Kündigung gedroht haben, sollte er in Frankreich unterschreiben. Es wäre ein ziemlich gewagter Schritt, je nach Perspektive gar ein Affront dem erfolgreichsten Coach der Verbandsgeschichte gegenüber.

Ein unmittelbarer Interessenkonflikt bestünde dabei jedoch gar nicht, weil Herbert keinen Bundesligisten übernähme, zu dem er potenziell Nationalspieler lotsen könnte. Im internationalen Basketball ist es eher Regel als Ausnahme, dass die Nationaltrainer zugleich Clubs coachen.

Verlässt Erfolgstrainer die deutschen Basketballer?

Jegliche Gerüchte darüber wollte der DBB am Mittwoch unkommentiert lassen. Allerdings sollen die Fronten nicht permanent verhärtet sein, beide Seiten sind offenbar um Gesprächsbereitschaft bemüht, beraten sich intensiv.

Herbert soll als Prinzipienmensch, der von seinen Spielern Hingabe zum Nationalteam verlangt, sogar dazu tendieren, notfalls nur Bundestrainer zu bleiben und Lyon abzusagen, heißt es. Obwohl er in Frankreich, wo er zwischen 2004 und 2007 bei Paris Basket Racing und Élan Béarnais Pau-Orthez arbeitete, ein Vielfaches dessen verdienen könnte, was ihm der DBB zahlt.

"Peinlich": Weltmeister verärgert über geringe Titelprämie

Für Verstimmungen unter den Weltmeistern sollen derweil die Titelprämien von offenbar 16.000 Euro pro Spieler gesorgt haben, die der Verband ausgezahlt hat. Für EM-Bronze im Jahr zuvor hatte es 14.000 Euro gegeben. Summen, die jeweils weit unter denen liegen, die im Ausland pro Akteur ausgeschüttet werden.

Großteile der Mannschaft fühlten sich daher despektierlich behandelt und sollen ihren Unmut zunächst in einem digitalen Spielertreffen ausgedrückt und anschließend an den DBB kommuniziert haben. „Ein Bonus dieser Größenordnung ist peinlich“, sagte ein langjähriger Nationalspieler dem Abendblatt.

DBB beruft sich auf Athletenvereinbarung

Das Team hoffe, dass die Gratifikationen vom Verband nachträglich angehoben werden. Dieser, so ist aus internen Kreisen zu erfahren, beruft sich aber darauf, dass die Prämien bereits lange im Vorhinein von den Spielern in der Athletenvereinbarung fixiert worden seien.

Offenbar so lange, dass sie noch von den ehemaligen Nationalspielern Basti Doreth und Johannes Herber festgesetzt wurden. Nicht das einzige Problem, das den erfolgreichen WM-Sommer der deutschen Basketballer zu überschatten bedroht.