Hamburg. Hamburgs Bundesligabasketballer stehen schon unter Druck. Im Kader fehlt es an Qualität, der Trainer wird aus der Schusslinie genommen.
Am Sonntagabend gab es reichlich Arbeit für die Social-Media-Abteilung der Veolia Towers Hamburg. Kaum war das Pokal-Achtelfinale gegen die Bamberg Baskets beendet, hagelte es kritische Kommentare bei X, Instagram und Co.
Die besonders polemischen, die unter anderem die Trainerentlassung forderten, hatten die Mitarbeiter des Basketball-Bundesligisten schon Minuten später wieder gelöscht. Einige Fans nannten es Zensur, die meisten anderen hätten sich vor allem von der Mannschaft kurz zuvor einen ähnlich leidenschaftlichen Einsatz bei der Verteidigung der eigenen Ehre gewünscht. Stattdessen flog das Team von Cheftrainer Benka Barloschky sang- und klanglos mit 64:80 gegen einen schwachen Gegner aus dem Wettbewerb.
Hamburg Towers verlieren fünfmal in Folge
Nach zwei Siegen in der ersten Pokalrunde bei Zweitligist Dresden Titans und zum Bundesligaauftakt überraschend bei den MHP Riesen Ludwigsburg haben die Towers wettbewerbsübergreifend nun schon wieder fünf Pleiten hintereinander angehäuft. Selbst die unrühmliche Rekordserie von neun Niederlagen aus der Saison 2019/20 scheint angesichts der kommenden Gegner in Reichweite – eine 180-Grad-Wende mit dem aktuellen Kader hingegen nicht.
Die jüngsten Auftritte haben endgültig deutlich gemacht, dass die Qualität im Team für die Bundesliga kaum ausreichend ist. Die Situation ist sogar prekärer als in der Vorsaison, als zumindest zu Beginn Siege gesammelt wurden, die am Ende entscheidend zum Nichtabstieg beitrugen, und auch spielerische Klasse in genügendem Maß vorhanden war. Sportchef Marvin Willoughby ist sich dessen bewusst und sagte noch am Sonntagabend, dass er den Spielermarkt nun intensiver beobachten werde.
Offensive? Defensive? Wo liegen die Probleme?
Mit einer Verpflichtung allein ist es vermutlich nicht getan. Die Probleme der Hamburger sind vielschichtig. Barloschky beispielsweise ist mit der „Defensive zufrieden“, sieht primär Schwierigkeiten im Angriff, was die Statistiken durchaus belegen. Sein Topscorer Mark Hughes dagegen meint: „Offensiv können wir mit jedem mithalten, aber in der Verteidigung sind wir zu schwach.“ Woran hat’s also gelegen? Nichts Genaues weiß man nicht.
Lediglich, dass Barloschky fest im Sattel sitzt. Willoughby vertraut ihm blind. Die US-amerikanischen Spieler können sich hingegen nicht mehr sicher fühlen.
Terrell Gomez hat keine Zukunft mehr
Terrell Gomez’ Tage in Hamburg dürften gezählt sein. Nach Abendblatt-Informationen sind Verhandlungen zwischen den Towers und dem Management des US-Amerikaners über eine Vertragsauflösung nur eine Frage der Zeit. Diese können sich hinziehen. Der Spieler verlangt in der Regel das komplette restliche Jahresgehalt, der Verein bietet zumeist einige Monate an.
- Hamburg Towers blicken vor Achtelfinale in die Glaskugel
- Towers-Niederlage: „Verbuchen es als Lernerfahrung“
- Veolia Towers Hamburg machen es vor HSV-Profis spannend
Die Thematik erledigt sich vom Moment an, in dem Gomez einen neuen Club gefunden hat, von dem er sein Salär bezieht. Bis dahin kann es vorkommen, dass der 25-Jährige noch einige Einsätze sammelt, beispielsweise im EuroCup, in dem keine Ausländerbeschränkung besteht, um seinen Marktwert zu steigern.
Was passiert mit King?
So verfuhren die Towers in der vergangenen Saison bereits mit Marvin Clark, der erst im Januar zum FC Porto wechselte. Bei Gomez – kein Topverdiener bei einem Gehalt im gehoben-mittleren fünfstelligen Bereich – dürfte eine schnellere Lösung gefunden werden.
Ein weiterer Wackelkandidat könnte der vielseitige, aber glücklose V. J. King werden. Momentan setzen die Towers-Verantwortlichen aber noch auf dessen Entwicklung. Die Suche nach Ersatz ist außerdem aus mehreren Gründen kompliziert.
Berater: "Schicke meine Jungs nicht ins Verderben"
Einerseits sind zu diesem Zeitpunkt der Saison nur wenig erstligataugliche Akteure verfügbar. Eine bessere Chance auf sie ergibt sich erst zum Jahresende hin, wenn die Vorrunden der Champions League und des Europe Cups abgeschlossen sind und sich die ausgeschiedenen Teams vorzeitig von Importprofis trennen wollen.
Andererseits erschwert die sportliche Krise den Towers die Akquise zusätzlich. Einige Agenturen möchten derzeit keine ihrer Spieler nach Hamburg senden. „Ich schicke meine Jungs doch nicht ins Verderben“, sagte ein Berater dem Abendblatt.
Towers brauchen baldige Lösung
Diejenigen, die zuversichtlicher sind, wissen aber um die Not der Wilhelmsburger und können so den Preis in die Höhe treiben. „Wir wären natürlich nicht abgeneigt, etwas zu tun, wenn es unsere Mannschaft verstärkt. Aber wir müssen auch schauen, was finanziell möglich ist“, sagt Willoughby.
Angesichts der Dringlichkeit sollten sich die Towers gewaltig strecken und zeitig reagieren. Ansonsten droht nicht die Löschung von Kommentaren, sondern die des Clubs aus der Bundesliga.