Hamburg. Die Veolia Towers Hamburg gastieren am Sonntag beim Titelfavoriten, der neben zig Stars einen der Charakterköpfe der Liga beschäftigt.
So ein Weltmeistertitel birgt schon seine Tücken. Nicht nur die Erwartungen wachsen, sondern bei den anschließenden Feierlichkeiten auch die Leber.
Wenn im Anschluss noch das Oktoberfest ansteht – Pflichttermin für einen Spieler des FC Bayern München –, kann das Konsequenzen haben. Nun macht sich Niels Giffey in keinerlei Hinsicht verdächtig, auch nur im Ansatz ein unprofessionelles Sportlerleben zu führen. Erwischt hat es den 32-Jährigen dennoch.
Weltmeister Giffey steigt gegen Hamburg Towers in Saison ein
Das Coronavirus schlug zu, der Zwei-Meter-Mann lag für einige Tage flach. Erst am Mittwoch stieg er ins Training des deutschen Pokalsiegers ein. Das Gastspiel der Veolia Towers Hamburg am Sonntag (17 Uhr/Dyn) beim Meisterschaftsfavoriten sei „eine Option“ für das Debüt des neben seinen Teamkollegen Andreas Obst und Isaac Bonga sowie dem Berliner Johannes Thiemann vierten Weltmeisters, der in der Basketball-Bundesliga spielt.
Man kommt ja nicht drumherum, knapp vier Wochen nach dem historischen Triumph von Manila (Philippinen), mit Giffey über den Titelgewinn zu sprechen. Und warum auch nicht?
Giffey: „Haben geile Charaktere“
Schließlich gilt es für den deutschen Basketball nun, den Rückenwind nachhaltig zu nutzen. „Wir haben mittlerweile so gute Spieler hier, so starke Teams. Dazu kommen zahlreiche junge Akteure nach, im 3x3 spielt Deutschland inzwischen um Titel. Die Stimmung in den Hallen ist gut, die Liga verfügt über geile Charaktere“, sagt der Forward, der als eloquenter und intelligenter Profi einer davon ist. Der zweifache deutsche Meister hofft daher, „die Medien sehen das, greifen es auf und können unser Produkt dadurch besser verkaufen“.
Sein Club ist vom Namen und Renommee der oberste Vermarkter dafür in Deutschland. Und nach vier Jahren ohne Meisterschaft haben die Münchener nun weder Mühen, noch vor allem Kosten gescheut, auch sportlich wieder zur Nummer eins zu werden.
NBA-Star Ibaka neu im Team des Titelfavoriten
Der um prominente Namen wie den ehemaligen NBA-Star Serge Ibaka (34) gespickte Kader ist der vermutlich stärkste, der je in der Bundesliga angesammelt wurde. „Wir sind mega talentiert und haben die Chance auf eine richtig gute Saison. Es liegt in unseren Händen“, sagt Giffey.
Am Donnerstag setzten die Bayern das erste Ausrufezeichen, besiegten den ewigen Rivalen Alba Berlin zum Auftakt in die EuroLeague souverän mit 80:68. Die überraschende 67:77-Pleite in der Liga bei den vom ehemaligen Towers-Coach Pedro Calles betreuten EWE Baskets Oldenburg am vergangenen Montag sei für die Mannschaft des neuen spanischen Startrainers Pablo Laso auf dem Weg zu mindestens zwei nationalen Titeln kein Rückschlag.
Spanischer Startrainer kommt in die Bundesliga
„Es braucht Zeit, eine Kultur herzustellen. Ein neuer Trainer bringt die mit seinen Werten und Überzeugungen mit, die Mannschaft muss diese aber gemeinsam neu definieren. Von null auf 100 geht nicht, die Saison ist ein Marathon. Wir haben gute Charaktere im Team, daher mache ich mir keine Sorgen“, sagt Giffey.
- Hamburg Towers "spielen nicht 40 Minuten unseren Basketball"
- Der EuroCup lohnt sich für die Veolia Towers Hamburg
- „Kollektives Versagen“ bei den Veolia Towers Hamburg
Insbesondere Laso, der während seiner Zeit bei Real Madrid (2011 bis 2022) 22 Titel, darunter zweimal die EuroLeague, gewann, sei laut des gebürtigen Berliners geradezu ein Garant für künftigen Erfolg. Der 55 Jahre alte Baske gilt vielen als eigentlicher Toptransfer des Branchenkrösus (vermuteter Etat: 26 Millionen Euro).
Viele Bayern-Spieler kamen wegen Laso
„Man merkt ihm an, dass er selbst auf hohem Niveau gespielt und schon lange Zeit gecoacht hat. Es ist offenkundig, dass die vielen talentierten Jungs, die zu uns gekommen sind, auch seinetwegen hier sind, ihm vertrauen. Man kann gut mit dem Coach sprechen, über Basketball, aber auch ein, zwei Sachen abseits davon“, sagt Giffey.
Über den Tellerrand hinaus blickt auch Towers-Cheftrainer Benka Barloschky gern. Derzeit hat er jedoch genug basketballbezogene Probleme zu bewältigen, sein Team verlor zuletzt zweimal deutlich, ließ es an Qualität vermissen.
Towers reisen mit Bus nach München
Der 35-Jährige wirkt vor der Reise nach München, die die Wilhelmsburger trotz des engen Spielplans per Bus anstatt Flugzeug absolvieren, trotzdem entspannt. „Ich bin sehr im Hier und Jetzt und glücklich mit meiner Mannschaft, die weiter Schritte nach vorn macht“, sagt Barloschky.
Nachverpflichtungen angesichts der Schwierigkeiten, die unter anderem Spielmacher Terrell Gomez besitzt, seien kein Thema: „Damit habe ich mich nicht befasst.“ Welcher der ausländischen Spieler, die ebenso wie die Deutschen alle fit sind, als überzähliger Akteur aussetzen wird, entschied sich erst am späten Freitagabend.
Wiedersehen mit EM-Kollege Wobo
Die Entscheidung über den Einsatz von Giffey wiederum könnte erst am Spieltag fallen. Über seinen potenziellen Debütgegner wagt Giffey nicht zu urteilen: „Für eine Prognose ist es noch zu früh, aber die Entwicklung schreitet dort voran. Es ist immer schön, wenn große Städte auch gute Teams haben, weil dann mehr Kids zum Basketball kommen“, sagt er. Er freue sich darauf, den Hamburger Center Jonas Wohlfarth-Bottermann, mit dem er 2022 EM-Bronze gewann, wiederzusehen.
Nur in einem für ihn zentralen Punkt steht Giffey Hamburg kritisch gegenüber. Herkunft verpflichtet, der verlässliche Distanzschütze gilt als der Döner-Connaisseur der Bundesliga.
Giffey: „Hamburg ist keine Dönerstadt“
„Und dafür ist Hamburg definitiv der falsche Platz in Deutschland. Als Berliner gibt es für mich einfach nur den Klassiker als Döner. Aber bei euch hat man ja tatsächlich mehrere Saucen zur Auswahl“, sagt Giffey. Dieser Umstand mache ihn selbst nach seiner Genesung schlicht krank.