Hamburg. Die Hamburger Basketballer gehen erste Schritte, um mehr Jugendliche zu gewinnen – aber das allein genügt noch nicht.

Hamburg hat als Sportstadt jenseits des Fußballs einen Standortnachteil für professionelle Mannschaften. Im Gegensatz zu Clubs aus kleineren Städten und ländlichen Regionen müssen wesentlich höhere Lebenshaltungskosten gestemmt werden. Die Miete ist teurer, der Restaurantbesuch kostet mehr.

Was sich im Monat auf vielleicht einige Hundert Euro beziffert, sind pro Saison wenige Tausend – und damit Grund genug für Profibasketballer oder auch -handballer, vor allem ausländische, die nach ihrer Karriere nicht ausgesorgt haben, lieber zu einem Verein zu gehen, der in Summe 5000 Euro mehr pro Jahr zahlt. Sowohl die Bundesliga-Basketballer der Veolia Towers Hamburg als auch die Erstliga-Handballer des HSV Hamburg kennen das.

Basketball: Hollatz einziger Hamburger WM-Fahrer

Hamburg hat als Sportstadt jedoch auch einen Standortvorteil. Sie bietet massig Potenzial. Wirtschaftlich bei Sponsoren, vor allem aber quantitativ in der Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die für die eigene Sportart gewonnen werden können. Als gutes Beispiel dient die deutsche Basketball-Nationalmannschaft, die am Wochenende in der edel-optics.de Arena in Wilhelmsburg gegen Kanada, China und Neuseeland um den Supercup spielt.

Von 14 Nationalspielern, die bis Donnerstag noch um ihren Kaderplatz bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und auf den Philippinen (25. August bis 10. September) kämpften, haben vier den maßgeblichen Anteil ihrer sportlichen Ausbildung im Jugendbereich in Berlin genossen, drei in der Basketballhochburg Bamberg, zwei im ebenfalls traditionell mit der Sportart verbundenen Braunschweig, je einer in München, Ulm, Jena – sowie mit Justus Hollatz ein Hamburger, der das komplette Nachwuchsprogramm der Towers durchlaufen hat.

Kaum Nationalspieler aus Hamburg

In den Junioren-Nationalmannschaften dominieren mittlerweile fast ausschließlich Akteure aus den Metropolen. Mit einer Ausnahme: Hamburg.

Das wollen die Towers ändern. Und daher dürfte es ihnen auch recht sein, dass die Nationalmannschaft in ihrer Heimspielstätte im Fokus steht, während die Mannschaft von Cheftrainer Benka Barloschky an diesem Freitag still und heimlich im Trainingszen­trum in Harburg in die Saisonvorbereitung einsteigt.

Investment in die Strukturen

Die Wilhelmsburger sind nicht bekannt für großspurige Worte, wirken mitunter sogar etwas zu bieder, zu mutlos. In der Testphase auf die Ende September beginnende Saison ist beispielsweise nur eines von sieben Testspielen öffentlich.

Andererseits bietet dies auch eine Atmosphäre für junge Spieler sowie welche, die auf dem Sprung auf ein höheres Niveau sind, sich in Ruhe zu entwickeln. Darauf soll künftig stärker der Fokus liegen. Die Towers um ihren Gründer und Geschäftsführer Marvin Willoughby haben zuletzt stark in die Strukturen investiert, ihr Angebot an Schulen erweitert und zusätzliche (Mini-)Stellen in der Geschäftsstelle geschaffen.

Towers kooperieren mit SC Rist Wedel

Die Durchlässigkeit vom Jugend- in den Profibereich soll zudem durch eine wirksamer abgestimmte Zusammenarbeit mit dem in der drittklassigen 2. Bundesliga ProB spielenden Kooperationspartner SC Rist Wedel verbessert werden. Von Vorteil hierbei, dass dessen Trainer Hamed Attarbashi ist – der erste in der Vereinsgeschichte der Towers. Man kennt sich bestens.

Um regelmäßig Junioren-Nationalspieler, Eigengewächse, die es ins Bundesligateam schaffen, oder gar den nächsten Hollatz – was angesichts dessen europäischem Spitzenlevel nur einmal pro Dekade gelingen dürfte – zu produzieren, reicht dies jedoch noch nicht. Dafür ist eine Ausweitung des eigenen Einzugsgebietes über Hamburgs Süden hinaus notwendig, eine bessere Vernetzung mit anderen Vereinen, zusätzliche Hallenzeiten, aber vor allem auch ein finanzielles Investment in professionelle Jugendtrainer, um den Talenten ganzheitlich gerecht zu werden.

Aufarbeitung der Saison muss gelingen

Entscheidend ist jedoch auch, dass die Aufarbeitung der enttäuschenden vergangenen Saison gelingt, die die Towers weit hinter ihren Möglichkeiten auf Platz 15 beendet hatten. Die Profis sind die leuchtenden Vorbilder für den Nachwuchs.

Bei der Kaderzusammenstellung wurden nun zwar Werfer mit Potenzial verpflichtet, allerdings auch vier bisherige Zweitligaspieler. Ein riskantes Spiel, das keinesfalls im Abstieg enden darf. Denn dieser würde zu einem gewaltigen Standortnachteil führen.