Hamburg. Die Wilhelmsburger fangen sich eine 80:123-Klatsche beim MBC Weißenfels ein. Das Spiel macht sprachlos.

Noch am Mittwoch, unmittelbar nach dem 90:86-Heimsieg gegen die MLP Academics Heidelberg, hatte Cheftrainer Benka Barloschky selbstbewusst festgestellt, dass die Veolia Towers Hamburg schon wochenlang nicht mehr in Leistungs- und Energielöcher gefallen seien. Dies traf auch am Sonnabend zu - als die Wilhelmsburger beim Syntainics MBC in Weißenfels stattdessen in einen Krater abstürzten.

Bei einem (Nicht-)Auftritt, der einer Bloßstellung glich, unterlagen die Towers in Sachsen-Anhalt mit 80:123 (18:37, 19:31, 22:33, 21:22). Die mit Abstand schlechteste Saisonleistung und höchste Niederlage der Basketballer, Bundesliga wie EuroCup inbegriffen. Schlimmer noch: Sogar der direkte Vergleich, der nach dem 91:74-Erfolg im Hinspiel als sicher gewonnen galt, wurde gegen den Mitkonkurrenten im Abstiegskampf noch abgegeben, und das nicht einmal knapp.

Neuer Weißenfels-Trainer Ingo Freyer überfordert Towers auf allen Ebenen

Vielleicht ebenso erschütternd: Die Towers hätten wissen müssen, was sie im "Wolfsbau" erwartet. Oder besser: welcher Alphawolf. Nach sieben Niederlagen in Serie hatte sich der Mitteldeutsche Basketballclub am Montag von Cheftrainer Igor Jovovic getrennt und den gebürtigen Wedeler Ingo Freyer verpflichtet. Als sich die Hamburger Mitte Januar von ihrem Coach Raoul Korner getrennt hatten, war der 52-Jährige, der im Vorjahr den EWE Baskets Oldenburg aus einer ähnlichen Situation heraus geholfen hatte, verfügbar gewesen. Eine Kontaktaufnahme gab es nie.

Freyer ist so etwas wie der Tim Walter des Basketballs (abgesehen vom provokanten Verhalten): Er besitzt eine eindeutige Philosophie, an der er stoisch festhält; komme, was wolle. Die Mannschaften des ehemaligen Nationalspielers gewinnen ihre Partien oftmals mit mehr als 20 Zählern - oder verlieren sie in ähnlicher Höhe.

Hamburg Towers beim MBC von Anfang an komplett chancenlos

Die Idee simpel heruntergebrochen: Werfen - so schnell und so oft es geht. Verteidigung spielt eine untergeordnete Rolle. Dementsprechend legte der MBC in halsbrecherischem Tempo los, führte nach zwei Minuten 7:0, nach drei 12:2 und nach vier 16:2.

Hamburg wirkte ob dieses in der Bundesliga in dieser Ausprägung einzigartigen Stils völlig perplex. Erst nach 6:10 Minuten trafen die Gäste durch Center Jonas Wohlfarth-Bottermann ihren ersten Feldwurf zum zwischenzeitlichen 10:23, hatten bis dahin nur von der Freiwurflinie gepunktet.

Harrison Cleary kann den Towers in der restlichen Saison nicht mehr helfen

Etwas geringere Schwierigkeiten hatte erstaunlicherweise Harrison Cleary vom Drittliga-Kooperationspartner SC Rist Wedel. Für den besten Punktesammler der 2. Bundesliga ProB war es die fünfte und damit letzte Begegnung, in der er als Doppellizenzspieler aushelfen durfte.

Wobei Hilfe im Verhältnis zu sehen ist. Beistehen konnte den Towers nichts und niemand. Nach 13 Minuten hatte Weißenfels bereits 50 Punkte erzielt - geradezu grotesk. Zwei Minuten später war der Rückstand auf 30 Zähler (24:54) angewachsen. Wäre Basketball Boxen, hätte das Duell aus Schutz der Gesundheit des unterlegenen Kämpfers durch Knock-out abgebrochen werden müssen.

Müssen sich die Veolia Towers nun doch noch Sorgen um den Klassenerhalt machen?

21 Ballverluste, ein desaströses Verhalten beim Rebounding, Arbeitsverweigerung in der Verteidigung - es wäre müßig und den Umfang sprengend, alle Gründe für die Blamage aufzuführen. Von völlig eskalierenden Wölfen wurden die Towers schlicht bei lebendigem Leib aufgefressen. Noch im dritten Viertel wurde die selten erreichte 100-Punkte-Marke vom MBC geknackt.

Die Leistung, vor allem in der Defensive, als desolat zu bezeichnen, wäre noch geschönt, sie war schlicht unerklärlich und wirft viele Fragen auf. Unter anderem die, ob der Klassenerhalt bei drei verbleibenden Partien wider Erwartens doch noch in Gefahr gerät.

Towers sollten nach höchster Saisonpleite vieles in Frage stellen

Mathematisch betrachtet, lautet die Antwort: wohl kaum. Die schlechter platzierten Clubs aus Frankfurt, Braunschweig, Crailsheim, das am Dienstag (20.30 Uhr) in der edel-optics.de Arena gastiert, und eben Weißenfels müssten sich - und sie spielen mitunter noch gegeneinander - nahezu schadlos halten, Hamburg alles verlieren. Zumindest Letzteres erscheint denkbar.

Ebenso müssen die Towers-Verantwortlichen um Sportchef Marvin Willouhgby sich fragen, welche Bestandteile dieses Teams, das auch unter Barloschky nicht über einen längeren Zeitraum dazu in der Lage zu sein scheint, stabilen Basketball zu spielen, auch kommende Saison dem Kader angehören sollten.

Towers-Trainer Benka Barloschky: "Haben einiges geradezurücken."

"Wir hatten nicht die Energie und Physis, um auch nur ansatzweise konkurrenzfähig zu sein. Da gibt es auch nichts schönzureden. Im Heimspiel gegen Crailsheim haben wir einiges geradezurücken. Wer sich von diesem Spiel aber demoralisieren lässt, hat hier nichts verloren", sagte Barloschky. Zumindest der 35-Jährige hatte seine Energie nicht verloren.

Veolia Towers Hamburg: Childs (22 Punkte), Taylor (12), Cleary (10), Schoormann (10), Meisner (7), Wohlfarth-Bottermann (6), Philipps (6), Polite (5), Samar (2), Hinrichs, Hoffmann.