Hamburg. Der Slowene glänzt bei den Wilhelmsburger Basketballern mit Spielwitz und Kreativität. Towers stehen vor der Pokal-Heimpremiere.

Žiga Samar war früh dran zum Interviewtermin am Freitagmittag. Zu früh nach seinem Geschmack. Denn das Aus beim sogenannten Zehn-Euro-Wurfspiel, das die Veolia Towers Hamburg regelmäßig zum Spaß am Ende ihrer Einheiten durchführen, ereilte den Slowenen unerwartet schnell. Dabei ist Samar doch ein Frühberufener. Einer, dem die Tür zur großen Basketballwelt schon mit 21 Jahren offen zu stehen scheint.

Daher ist es auch nach erst vier Pflichtspielen keineswegs zu früh für einen ersten tiefergehenden Blick auf die große Entdeckung der ersten Saisonphase – die an diesem Sonnabend in der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena mit dem Pokal-Achtelfinale gegen die MHP Riesen Ludwigsburg (20.30 Uhr/MagentaSport) voranschreitet.

Veolia Towers Hamburg: Samar von Alba Berlin ausgeliehen

Zu Beginn eine Empfehlung an die rund 1600 Zuschauer, die bis zum Freitagnachmittag ein Ticket gekauft hatten: Die Augen nie von Samar abwenden, bloß nicht blinzeln. Wenn der 1,97 Meter große Aufbauspieler den Ball in der Hand hält, passiert etwas. Zumeist etwas ziemlich Gutes. Spektakuläre Pässe folgen auf freche Ballgewinne. Und immer wieder diese beeindruckende Ruhe, mit der die Leihgabe des deutschen Meisters Alba Berlin die Angriffsbemühungen seiner fast durchweg älteren Mitspieler organisiert. Wo nimmt er die bloß her? „Indem ich einfach dem Coach vertraue. Beim Basketball entspanne ich und genieße es“, sagt Samar.

Geholfen habe ihm die Spielpraxis auf hohem Niveau seit seiner Jugend, die den Hochbegabten schon mit 16 Jahren zu Real Madrid führte. „Am wichtigsten war es aber, dass mir erlaubt wurde, Fehler zu begehen, aus denen ich lernen konnte. Das hat mich wachsen lassen“, sagt der Nationalspieler, der sich auch in Hamburg Aussetzer, wie beispielsweise seine noch zu hohe Anzahl an Ballverlusten, leisten darf. „Ab und zu verschwimmt bei ihm die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn. Aber diese Fehler gestehen wir ihm zu. Ich möchte auf keinen Fall, dass er an Kreativität einbüßt aus Angst vor Fehlern“, sagt Cheftrainer Raoul Korner.

Towers-Zauberer stammt aus einer Sportler-Familie

Viel zu meckern hat der Österreicher allerdings nicht. Im Gegenteil: Schon nach der knappen 78:81-Niederlage zum Saisonauftakt in Berlin raunte Korner seinem Berliner Kollegen Israel González zu: „Ich will ihn behalten.“ Doch daraus wird nichts. Alba hatte Samar im Sommer vom spanischen Erstligisten Fuenlabrada verpflichtet und mit einem Vierjahresvertrag ausgestattet.

Da der deutsche Meister auf den Guard-Positionen jedoch stark besetzt ist, konnte dem Sohn eines Basketballers und einer Handballerin nicht genügend Einsatzzeit garantiert werden. „Deshalb habe ich ihm verdeutlicht, dass es in seinem besten Sinn wäre, wenn er einen Zwischenschritt auf dem Weg in die EuroLeague einlegt. Die beste Möglichkeit dafür ist es, Spielzeit im EuroCup zu sammeln“, sagt Berlins europaweit hochgeschätzter Sportdirektor Himar Ojeda, der Samar als Leihgabe in seiner Nähe bei einem EuroCup-Team unterbringen wollte. Hier kommen die Towers ins Spiel, die sich ein Toptalent wie ihn ansonsten nicht hätten leisten können.

„Mich beeindruckt besonders, wie gut er Basketball verstanden hat. Er antizipiert Situationen wesentlich schneller als andere Spieler und erarbeitet sich dadurch entscheidende Zehntelsekunden Vorsprung. Ich würde darauf wetten, dass er ein solider EuroLeague-Spieler wird“, sagt der Spanier Ojeda.

Samar absolviert Studium neben dem Basketball

Die Königsklasse EuroLeague ist auch das Ziel Samars, der gern Karten- und Brettspiele spielt („Hauptsache Wettkampf“). Dass sein IQ sich nicht auf 28 mal 15 Meter beschränkt, bewies er in den vergangenen Jahren. Während der Saison absolvierte der EM-Teilnehmer – für Basketballprofis mittlerweile recht ungewöhnlich – ein Onlinestudium in Sportmanagement. Selbstredend, dass es ihm glückte.

Die über die Leihgabe glücklichen Towers stehen in der Personalie Samar in engem Kontakt mit Berlin. Die Athletik- und Individualtrainer tauschen sich wöchentlich aus. Es geht dann um Kraftwerte oder Details, zum Beispiel, wie Samar seine Finger beim Wurf ausrichtet. Ojeda telefoniert ab und an mit seinem künftigen Hoffnungsträger – mischt sich allerdings zu keinem Zeitpunkt in die taktischen Überlegungen Korners ein.

Diese wiederum sehen für Samar eine zentrale Rolle gegen ein Ludwigsburg vor, das nicht mehr das Niveau der vergangenen drei Jahre, die mit einer Final- und zwei Halbfinalteilnahmen in der Bundesliga endeten, besitzt. Korner setzt den kreativen Ballkünstler als Taktgeber der Offensive, aber auch gemeinsam mit seinem nominell ersten Aufbauspieler, Kendale McCullum, ein.

Samar wird die Towers nach der Saison wieder verlassen

Was ein weiterer Beleg für Samars Lernfähigkeit ist, denn im Training spielen die beiden nie zusammen, da sonst in einem Team der Point Guard fehlen würde. „Manchmal fehlt ihnen noch das Timing, aber das wird organisch über die nächsten Wochen kommen“, sagt Korner, der wieder auf den frischgebackenen Vater James Woodard zählen kann. Der Ex-Ludwigsburger war mit seiner Rückkehr aus den USA von der Geburt seines Sohnes Akhil Alexander am Donnerstag Samar-mäßig früh dran.

Eines sollte den Hamburger Fans bewusst sein: Es kann nie zu früh sein, Samar live zu erleben. Schon nach der Saison wird es zu spät sein. Denn, so stellt Ojeda klar, Alba wird ihn kein zweites Jahr an die Towers verleihen: „Es liegt in der Logik des Deals, dass wir Žiga kommende Saison fest zu uns in den Kader aufnehmen. Ansonsten wäre irgendetwas schiefgelaufen.“ Aber schief läuft es bei Samar allenfalls beim Zehn-Euro-Spiel.