Hamburg. Souveräner Sieg der Wilhelmsburger beim Ex-Club ihres Cheftrainers Raoul Korner. Vor allem das neue Aufbauass überzeugt.

Raoul Korner hatte eine Menge Fragen zu beantworten an diesem Wochenende. Es ging um seine Rückkehr nach Bayreuth, wo er die vergangenen sechs Jahre als Cheftrainer tätig war. Dies war so erwartbar wie die Antworten des Österreichers darauf. Die eigentlich interessante Frage ging rund um dieses schmusige Wiedersehensfestival unter: Wie wollen die Veolia Towers Hamburg die nun beginnende Doppelbelastung aus Bundesliga und EuroCup meistern?

Sicher, der Kader ist solide besetzt. Aber fehlt nicht die notwendige Tiefe? Der 95:79 (27:15, 25:24, 20:19, 23:21)-Sieg bei Medi Bayreuth am Sonnabend lieferte die Antwort darauf, wie die Basketballer dieses Unterfangen lösen können: mit Tiefe!

Towers-Coach Korner übt auch Kritik

Dies offenbarte sich schon in der Überrumplungsphase zu Beginn, als Lukas Meisner, Yoeli Childs und Kendale McCullum dazu beitrugen, den Gastgebern ein tiefes Loch zu schaufeln, aus dem sie nie wieder herauskamen. Den Versuch startete Bayreuth mehrfach, kam im zweiten und finalen Viertel jeweils noch mal bis auf sieben Punkte heran, was Korner direkt kritisierte: „Es gab zwei Phasen, wo wir geschwächelt haben, zu viele Offensivrebounds abgegeben haben, bisschen den Fokus verloren haben.“

Was sich in Bayreuth längst nicht als so dramatisch entpuppte wie eine Wagner-Oper. Denn in den kritischen Momenten waren es wiederum EM-Held Jonas Wohlfarth-Bottermann, der drei seiner vier Freiwürfe verwandelte, Aufbauass Ziga Samar und Len Schoormann, die tiefenentspannt für Entlastung sorgten. Der 20-jährige Schoormann, der in der Oberfrankenhalle alle seiner vier Dreierversuche traf, hat sich auf seiner ersten Station fern der Heimat in Frankfurt offenbar pro­blemlos akklimatisiert.

Samar beeindruckt sowieso von Woche zu Woche mehr mit seinem Talent im Allgemeinen und im Speziellen darin, seine Mitspieler präzise und spektakulär zugleich in beste Abschlusspositionen zu bringen. Was dem Slowenen vielleicht sogar noch höher anzurechnen ist: Es scheint dem 21-Jährigen gelungen zu sein, seinen gleichaltrigen, nach Spanien gewechselten Vorgänger Justus Hollatz sportlich fast vergessen zu machen. Über McCullums Fähigkeit, das Spieltempo nach seinen Vorstellungen zu manipulieren, müsste eine ganze Kolumne geschrieben werden.

Towers erwischen guten Saisonstart

Bayreuth, das als Abstiegskandidat einzuordnen ist, mag nicht als Maßstab gelten. Dennoch sind die Towers mit einer knappen Niederlage beim deutschen Meister Alba Berlin sowie den souveränen Pflichtsiegen gegen Weißenfels und in Oberfranken bislang sauber geblieben.

„Ich bin im Großen und Ganzen nicht unzufrieden. Sehr zufrieden bin ich mit der ausbalancierten Leistung. Alle Spieler hatten ihren Beitrag, egal ob es Christoph Philipps defensiv oder Len Schoormann offensiv war“, sagte Korner in seinem Statement nach dem Spiel. Die Aussage war einer der wenigen Punkte, denen es an wirklichem Tiefgang fehlte.