Hamburg. Österreicher findet nach spektakulärer Show gegen Mitteldeutschen BC einen Makel. Begeisterung über Talente und strukturellen Coup.

Auch zwei Tage nach dem 91:74 (52:32)-Sieg über den Mitteldeutschen BC aus dem sachsen-anhaltinischen Weißenfels war bei den Basketballern der Veolia Towers die Begeisterung über ihren ersten Heimauftritt in der neuen Bundesligasaison nicht abgeklungen.

„Wir haben viele spektakuläre Szenen gesehen, das Publikum sofort mitgenommen, so darf es sehr gern weitergehen“, meinte Geschäftsführer Jan Fischer am Montag. „Hoffentlich können wir auch gegen stärkere Gegner diese Qualitäten einbringen, wovon ich ausgehe. Diese Mannschaft hat Klasse.“

Davon vergewisserten sich Sonnabendabend 2889 Zuschauende in der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena, und die meisten der 900 Stammgäste unter ihnen waren nach diesen äußerst unterhaltsamen 40 Minuten überzeugt, im vierten Jahr der Bundesligazugehörigkeit das bisher beste Towers-Team gesehen zu haben.

Towers-Coach Korner stört nur eine Sache

Dunks, Blocks, Steals, präzise Zuspiele übers gesamte Feld, überraschende Pässe – die Towers-Show begeisterte mit zahlreichen attraktiven Aktionen, die auf den Tribünen verzücktes Erstaunen hervorriefen.

Dass sich im Gefühl des sicheren Sieges im Schlussviertel – und auch mal zwischendurch – einige Nachlässigkeiten einschlichen, 19 Ballverluste (MBC: 20) zu beklagen waren, störte hinterher nur einen wirklich: den neuen Cheftrainer Raoul Korner.

„Wir hatten uns vorgenommen, genau diesen Schlendrian zu vermeiden“, sagte der Österreicher, der dennoch mit der Leistung seiner Mannen „zufrieden“ war und die Aussetzer später mit Humor nahm: „Wenn jetzt schon alles perfekt wäre, wäre ich ja arbeitslos.“ Leif Möller (19/5:59 Minuten) und Al-Fayed Alegbe (18//2:15) gewährte er ihre ersten Bundesligaeinsätze, weitere sollen folgen.

Towers-Topscorer Kendale McCullum (r.), 1,85 Meter groß, dribbelt an Weißenfels-Center John Bryant (2,11 m) vorbei. McCullum erzielte 19 Punkte, holte fünf Rebounds, gab fünf Vorlagen, stahl dem Gegner viermal den Ball.
Towers-Topscorer Kendale McCullum (r.), 1,85 Meter groß, dribbelt an Weißenfels-Center John Bryant (2,11 m) vorbei. McCullum erzielte 19 Punkte, holte fünf Rebounds, gab fünf Vorlagen, stahl dem Gegner viermal den Ball. © WITTERS | ValeriaWitters

Towers liegen bei Transfers goldrichtig

„Die Towers haben die richtigen Leute geholt“, hatte Ex-Nationalspieler und Towers-Mitbegründer Pascal Roller am Sonnabend im Abendblatt gesagt, und es scheint fast so, dass Korner und Sportchef Marvin Willoughby bei ihren acht Verpflichtungen auch achtmal richtig lagen.

Dazu hilft die taktische Ausrichtung des Trainers, der schnellen Basketball präferiert, dafür phasenweise gleich seine drei Spielmacher den Rhythmus auf dem Feld bestimmen lässt: die beiden US-Amerikaner Kendale McCullum (26) und James Woodard (28) sowie den hochtalentierten Slowenen Žiga Samar (21). Der Jüngste des Trios ist für ein Jahr vom deutschen Meister Alba Berlin ausgeliehen, besitzt dort einen Vertrag bis Mitte 2026.

Big Men auch als defensive Stabilisatoren

Nach der 78:81-Niederlage am vergangenen Mittwochabend bei ebendiesen Berlinern raunte Korner seinem spanischen Kollegen Israel González hinterher zu: „I wanna keep him!“ Ich möchte ihn behalten. Worauf er allerdings nur ein mildes Lächeln erntete.

Samar war es, der nach Ballgewinnen in der Abwehr seine Center mit Pässen über das gesamte Feld perfekt bediente. Yoeli Childs (24), Marvin Clark II (27) und Jonas Wohlfarth-Bottermann (32) bedunkten sich dafür.

Die Big Men sind neben Kapitän Seth Hinrichs (29) auch in der Defense Stabilisatoren, wissen ihre Gegenspieler unter Druck zu setzen. Wohlfarth-Bottermann hat indes bei Freiwürfen weiter Potenzial. Gegen den MBC verwarf er alle vier Versuche von der Linie, insgesamt nun neun von zehn in den ersten beiden Spielen.

Towers stehen vor intensiven Wochen

Mit der Begegnung am nächsten Sonnabend (18 Uhr, Magentasport) bei Korners vorigem Arbeitgeber medi Bayreuth beginnen für die Hamburger die intensiven Spielwochen mit Pflichtspielen in der Bundesliga, im EuroCup und im Pokal alle drei bis vier Tage. Danach wird über den Zustand des neuen Teams sicherlich ein noch fundierteres Urteil möglich sein.

Towers ziehen in Harburger Tennishalle

Organisatorisch können die Towers ebenfalls Fortschritte vermelden. Schon im Dezember soll der Übungsbetrieb in einem um- und ausgebauten Bereich der Tennishalle des Turn- und Schwimmvereins Harburg/Wilhelmsburg am Bostelbeker Damm aufgenommen, die bisherige Trainingshalle in Wandsbek aufgegeben werden.

Alle Leistungsteams, Jugend- und Nachwuchs-Bundesliga (JBBL, NBBL) die Profis, alle Frauen- und Männermannschaften sollen hier trainieren. Dazu werden zwei von fünf Tenniscourts zu einer Basketballhalle mit Kraftraum, Umkleidekabinen, Sanitäreinrichtungen und Physiotherapie umgestaltet. Die verbleibenden drei Tenniscourts werden mit einer Mauer abgetrennt.

Otto-Stiftung finanziert den Hallenumbau

Der Umbau kostet nach aktuellen Planungen rund 450.000 Euro, die Hamburger Alexander-Otto-Sportstiftung übernimmt etwa die Hälfte.

„Die Towers haben eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung genommen und dabei sehr solide gewirtschaftet. Die Nachwuchsarbeit war von Beginn an eine wichtige Säule, die meine Stiftung mit der künftigen Trainingsstätte stärken möchte“, sagte Unternehmer Alexander Otto.

Weil sich der Bau ihres geplanten Quartiersporthauses in Wilhelmsburg, für den bereits 4,5 Millionen Euro Bundeszuschüsse bereitstehen, weiter verzögert, suchten die Towers seit zwei Jahren südlich der Elbe für ihre 500 Nachwuchsbasketballer, für die Profis und ihr Frauenteam eine geeignete Halle. „Wir haben lange Zeit keine gefunden, bis sich die Kooperation mit dem TuS Harburg auftat“, sagt Geschäftsführer Fischer.

Punkte Towers gegen MBC: McCullum 19 (5 Rebounds, 5 Assists, 4 Steals), Childs 14 (6 Rebounds), Meisner 14, Schoormann 12, Woodard 8 ( Steals), Clark II 7, Wohlfarth-Bottermann 6 (6 Rebounds), Samar 4 (6 Rebounds, 8 Assists), Hinrichs 3 (10 Rebounds, 3 Assists), Möller 2, Phillips 2 (3 Assists).Seite 1 Menschlich gesehen