Hamburg. Towers-Trainer Korner tritt mit den Wilhelmsburgern bei seiner alten Liebe Medi Bayreuth an

Ob Raoul Korner an diesem Sonntagmorgen sein Frühstück in Bayreuth bezahlen muss, liegt ganz in den Händen seiner Mannschaft. Hatte der Österreicher zwischen dem Sommer 2016 und dieses Jahres ein Spiel mit Medi Bayreuth gewonnen, ging das Essen für den Trainer in praktisch jedem Lokal der basketballbegeisterten 74.000-Einwohner-Stadt aufs Haus. Gewinnt Bayreuth auch an diesem Sonnabend (18 Uhr/MagentaSport) die Bundesligapartie gegen die Veolia Towers Hamburg, dürften die fränkischen Wirte Korner abermals einen ausgeben. Nur wäre der nun in norddeutschen Diensten stehende 48-Jährige darüber nicht längst nicht mehr so glücklich wie in seinen sechs überwiegend erfolgreichen Jahren beim deutschen Meister von 1989.

Korner hat zweifellos eine Ära in Bayreuth geprägt. „Direkt in seinen ersten beiden Jahren hat er die Basketballeuphorie in der Region wieder entfacht, indem er uns in die Play-offs, dann je zweimal in Champions League und den Europe Cup geführt hat. Raoul war mehr als nur ein Basketballtrainer, und jeder Bayreuther freut sich, ihn in der Halle wiederzusehen“, sagt Bayreuths Geschäftsführer Johannes Feuerpfeil. Menschenfänger Korner habe es vermocht, so der 28 Jahre alte ehemalige Eishockeyprofi, den Club durch sportliche Erfolge und sein charismatisches Auftreten zu professionalisieren.

Bei Sponsoren war der eloquente Wiener ein geschätzter Gesprächspartner, der regelmäßig Vorträge über Führungskultur bei den Unternehmen hielt. „Er hat unseren Verein und unsere Vision hervorragend verkauft“, sagt Feuerpfeil, der gut mit Korner befreundet ist.

Körners Verhältnis zu Clubbossen zerrüttet

Das Verhältnis Korners zu anderen Vereinsoberen war hingegen am Ende seiner sechs Jahre zerrüttet. Die Gesellschafter wollten ihm zu viel hineinreden, heißt es. Korner betonte sinnbildlich, er habe in seiner finalen Saison kurz vor einer Gehirnerschütterung gestanden, weil er so häufig mit dem Kopf gegen die Decke der Möglichkeiten des Clubs gerasselt sei.

Feuerpfeil wählt dafür ein anderes Bild: „Wir haben uns wie ein Boxer gefühlt, der sich von einem Schlag erholt, aufsteht und direkt wieder einen auf die Zwölf bekommt.“ Dies bezieht er primär auf die Corona- und Verletzungsprobleme im Team, die für eine 13 Spiele währende Niederlagenserie zum Saisonende sorgten. Wegen der generellen wirtschaftlichen Lage war Medi nicht in der Lage, mit zusätzlichem Budget Spieler nachzuverpflichten, was Korner zunehmend frus­trierte. „Bei vollem Verständnis für den Trainer war es wirtschaftlich aber die notwendige und richtige Entscheidung, wenngleich sie uns allen Energie und Kraft geraubt hat“, sagt Feuerpfeil.

Korner mit Towers-Start zufrieden

Für die Towers ist vor der Abreise mit dem Mannschaftsbus nach Bayreuth am Freitagmittag die vorerst finale intensive Trainingswoche zu Ende gegangen. Vom kommenden Mittwoch an treten die Wilhelmsburger fast im Wochenrhythmus parallel zur Bundesliga noch im EuroCup an, dessen Vorrunde 18 Partien umfasst.

Der beim Sieg gegen Weißenfels debütierende Leif Möller (19) wird während der Doppelbelastungsphase fest zum Kader zählen. Debütantenkollege Al-Fayed Alegbe (18) soll dagegen primär für den Kooperationspartner SC Rist Wedel, der an diesem Sonnabend in der 2. Bundesliga ProB bei Lok Bernau antritt, auflaufen.

„Wir haben schon viele gute Ansätze gezeigt. Die Spieler müssen allerdings noch exakt in ihre Rollen finden, die Feinabstimmung fehlt noch“, sagt Korner, der nach zwei Bundesligaspieltagen überwiegend zufrieden mit seinen Akteuren ist.

Towers-Probleme mit ihrem Center

Ein Kritikpunkt: Die Freiwurfquote des EM-Bronzemedaillengewinners Jonas Wohlfarth-Bottermann, der bislang lediglich einen seiner zehn Versuche aus 4,20 Metern verwandelte. „WoBo wird nicht bei dieser Quote verharren. Unser Ziel ist es, ihn auf 60 Prozent zu bringen“, sagt Korner. Diesen Wert übertraf der 32-Jährige bisher nur einmal, als er 2011/12 für die Baskets Bonn 61,9 Prozent einnetzte. In einer kritischen Spielphase würde Korner seinen Center derzeit nicht einsetzen, weil die Gegner ihn mit recht geringem Risiko foulen könnten, um anschließend – ohne Punktverluste durch Freiwürfe – in Ballbesitz zu gelangen.

In Bayreuth, bei einem der Abstiegskandidaten, sollten die Towers in Normalform nicht in diese kritische Situation gelangen. Laut ihres Ex-Trainers hätten die Oberfranken, die nun von Korners langjährigem Assistenten Lars Masell gecoacht werden, bisher „ein schlechtes Spiel gewonnen“ (83:82 n.V. gegen Frankfurt) und „ein gutes Spiel verloren“ (72:76 in Oldenburg). Der 91:86-Sieg der Hamburger bei einem Vorbereitungsturnier in Bayreuth Anfang September habe wenig Aussagekraft, betont Korner. Auf beiden Seiten fehlten entscheidende Leistungsträger.

Eine finanzielle Leistung wiederum würde Korner liebend gern am Wochenende an ein Restaurant seiner Wahl entrichten. Auf Freiverzehr kann er verzichten, auf einen Sieg nicht.