Hamburg. Der Wilhelmsburger Basketballclub, erst 2013 gegründet, hat den Sprung in die Bundesliga geschafft – und Hamburg gratuliert.

Viel drang nicht nach außen von diesen feuchtfröhlichen Feierlichkeiten der Hamburg Towers in der Nacht ihres Triumphes. Die Mannschaft demonstrierte auch in den sozialen Medien Disziplin und Teamgeist, jene Tugenden, die schon Stunden zuvor in der mit 3000 Zuschauern überfüllten Chemnitzer Richard-Hartmann-Halle zum finalen 78:72-Erfolg im fünften und entscheidenden Aufstiegsspiel zur Basketballbundesliga geführt hatten. Offenbar um 4 Uhr morgens endete die Sause im Hotel Best Western im benachbarten Niederwiesa, und bis auf Spielmacher Justus Hollatz (18), der zwischenzeitlich in der Sauna lag, hatten alle die Nacht aufrecht überstanden.

Schon heute Abend (19.30 Uhr; airtango.live) steigt schließlich bei Mitaufsteiger Nürnberg Falcons das erste von zwei Prestigeduellen und die Meisterschaft in der 2. Basketballbundesliga. Die 3400 Karten für das Rückspiel am Sonnabend (19.30 Uhr) in der heimischen edel-optics.de-Arena waren am Mittwochnachmittag in fünf Minuten vergriffen. „Gewöhnlich gewinnt die Mannschaft die Finalspiele, die den Aufstieg weniger ausgiebig feiert“, spottete Rupert Fabig, der Towers-Sprecher, Mittwochmorgen in seiner Pressemitteilung. Kapitän Achmadschah Zazai, der mit seinem dritten Club aufstieg und dabei wie immer abstinent blieb, machte dennoch eine Kampfansage: „Wenn wir im Finale sind, wollen wir das auch gewinnen.“

Hamburg gratuliert den Towers

Mit dem Aufstieg der Towers in die Bundesliga hat die Sportstadt Hamburg ein Jahr disziplinübergreifende Zweitklassigkeit und damit verbundene Depressionen überwunden. Nach dem Abstieg des Hamburger SV aus der Fußballbundesliga war die zweitgrößte deutsche Stadt in der laufenden Saison mit keinem Team mehr in den hierzulande fünf populärsten Mannschaftssportarten Fußball, Basketball, Eishockey, Handball und Volleyball erstklassig vertreten. Das war landauf, landab mit viel Spott und Häme kommentiert worden. Entsprechend erleichtert und begeistert fielen daher an Elbe und Alster am späten Dienstagabend die Reaktionen auf die Nachrichten aus Sachsen aus.

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„Wir haben heute ein kleines Stück Sportgeschichte erlebt“, jubelte Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote, der Dienstagnachmittag mit seinen Personenschützern in 4:40 Stunden die 500 Kilometer nach Chemnitz gerast war, um den Towers im bisher wichtigsten Spiel ihrer Clubgeschichte nicht nur politische, auch emotionale Unterstützung zukommen zu lassen. Grote hatte sich wie viele an diesem denkwürdigen Abend nach der erlösenden Schlusssirene das schwarze T-Shirt mit der Aufschrift „I can’t guarentee an Aufstieg“ übergestreift, das an den legendären Satz des damals neuen Towers-Trainers Mike Taylor vor Beginn der Saison erinnerte. „Das war der Anfang von etwas Großem“, meinte Grote später. „Die Towers haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben und sich mit einer unglaublichen Leistung belohnt. Jeder kann jetzt sehen, welche Kraft im Hamburger Sport steckt. Basketball erhält nun vielleicht endlich die verdiente Aufmerksamkeit.“

Gratulation auch von Dirk Nowitzki

Die war den Towers zumindest in den ersten Stunden nach dem Sieg in Chemnitz gewiss. Vereine, Verbände, Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur gratulierten über die sozialen Kanäle, der FC St. Pauli als einer der Ersten, der HSV ließ auf sich warten. NBA-Legende Dirk Nowitzki, der gerade nach 21 Jahren seine Karriere in der nordamerikanischen Profiliga NBA beendet hatte, beglückwünschte seinen Freund und ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Marvin Willoughby, den heutigen Sportchef der Towers: „Good Job!“ Der deutsche Basketballmeister Bayern München hieß die neue Konkurrenz aus dem Norden herzlich willkommen.

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Und Hamburgs Sportmäzen Alexander Otto schrieb: „Der Aufstieg der Towers ist der verdiente Lohn einer langfristig ausgerichteten, beispielgebenden Arbeit. Großartig für Wilhelmsburg, großartig für Hamburg!“ Michael Osterburg, langjähriger Vorsitzender der Grünenfraktion im Bezirk Mitte, zu dem Wilhelmsburg gehört, forderte „eine Aufstiegsparty auf dem Rathausbalkon“. Die hatte Bürgermeister Peter Tschen­tscher (SPD) einst dem HSV versprochen, doch der scheint, deutet man die vergangenen Leistungen, indes wenig Interesse an diesem Angebot zu haben.

Sahm und Roller drückten aufs Tempo

Der Hamburger Unternehmer Wolfgang Sahm gehörte 2013 zu den Gründern der Towers. Mit dem ehemaligen Frankfurter Nationalspieler Pascal Roller forcierte er vor sechs Jahren beim damaligen Sportsenator Michael Neumann (SPD), Sportamtsdirektor Thomas Beyer und in der Handelskammer die Idee, in Hamburg ein Basketballteam mit höheren Ansprüchen aufzubauen. Neumann und Beyer brachten Sahm und Roller mit Willoughby („Wir müssen unsere Hamburger Basketballtalente in der Stadt halten können“) zusammen, der mit seinem Wilhelmsburger Verein Sport ohne Grenzen und den Bundesliga-Nachwuchsteams der Piraten Hamburg ähn­liche Ambitionen hegte, aber einen langfristigeren Ansatz bevorzugte.

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Während Willoughby und seine Mitstreiter, allen voran der Soziologe Jan Fischer, über Stadtteil-, Jugend- und Sozialarbeit auf einer breiten gesellschaftlichen Basis Schritt für Schritt das Fundament für einen Bundesligaclub legen wollten, drückten Sahm und Roller aufs Tempo, suchten nach schnelleren Lösungen. Die Gegensätze führten immer häufiger zu Richtungsstreitigkeiten, worauf Roller im Jahr 2015 die Towers erst als Geschäftsführer, später auch als Gesellschafter verließ.

Sahm: „Sensationeller Erfolg“

Sahm sollte kurz danach ebenfalls seine Gesellschaftsanteile an den heutigen Hauptgesellschafter Tomislav Karajica veräußern. Der Hamburger Projektentwickler und Unternehmer (Imvest, Edeloptics, Home United) hält inzwischen 52 Prozent. Sein Plan, den Towers mit dem Elbdome eine Spielstätte für 9000 Zuschauer an den Elbbrücken zu bauen, privatwirtschaftlich finanziert, kommt jetzt mit großer Dringlichkeit auf die politische Tagesordnung. Der Bundesliga-Aufstieg könnte entscheidende Argumente liefern.

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Sahm hat sich – im Gegensatz zu Roller – längst mit Willoughby und Fischer ausgesöhnt, das Drama in Chemnitz verfolgte er am Ende schweißnass im Livestream. „Unser gemeinsames Ziel, Basketball in Hamburg langfristig zu etablieren, wurde mit dem Sieg am Dienstag gekrönt. Das ist ein sensationeller Erfolg aller Beteiligten, die mit großartiger Unterstützung der Fans dieses Team konsequent weiterentwickelt haben“, lobte Sahm.

Zwei neue Spieler

Nächste Woche wollen Willoughby und Taylor sich konkret Gedanken über den neuen Spielerkader machen. „Der Kern wird bleiben, zwei Neue werden wohl dazustoßen“, sagt Willoughby. „Wir brauchen eine gewachsene Einheit, die genug psychische Widerstandskraft hat, um sich in der nächsten Spielzeit zu behaupten. Da wird es helfen, wenn sich möglichst viele an das gemeinsame Erfolgserlebnis erinnern, wenn sich Niederlagen mal häufen sollten.“ Auch ein weiterer Co-Trainer wird verpflichtet, weil Taylor die Bundesliga-Vorbereitung versäumen wird, da er mit Polen Weltmeisterschaft spielt.