Hamburg. Der Hamburger Football-Star Kasim Edebali hat seine Karriere beendet. Dem Sport und Hamburg will er erhalten bleiben.
Kasim Edebali sei ganz entspannt gewesen in den Minuten vor dem Finale in der American-Football-Europaliga ELF. „Ich wusste ja, was gefordert war, ein bisschen zerstören, alles reinhauen“, sagte der Defensivstar der Hamburg Sea Devils. Und genau das tat er dann auch.
Aber als Edebali am Montagabend, gut 24 Stunden nach der 15:27-Niederlage gegen die Vienna Vikings, sein Mobiltelefon zur Hand nahm, um seine sozialen Netzwerke mit einer bedeutenden Nachricht zu füttern, da überkam ihn Aufregung, wie er sie lange nicht gespürt hatte. „Ich war richtig hibbelig“, sagt der Mann, der zwar oft richtig hibbelig ist, aber selten so aufgewühlt war wie in den vergangenen 24 Stunden, im Abendblatt-Gespräch.
Edebali prägte die Hamburg Sea Devils
Kasim Edebali, geboren am 17. August 1989 in Hamburg und ausgezogen 2007 ins gelobte Football-Land USA, um seinen Traum von einer Karriere in der Eliteliga NFL zu realisieren, hat am Montagabend das Ende seiner Laufbahn erklärt. Das verlorene Endspiel, das zweite mit den Sea Devils innerhalb von zwölf Monaten, soll das letzte professionelle Footballmatch im Leben des 33-Jährigen gewesen sein, der als Defensive End und Linebacker die Jagd auf den gegnerischen Quarterback zu seinem Lebensinhalt gemacht hat.
„Es sind nicht die Stadien, der Ruhm oder das Geld, an das ich mich erinnern werde. Das Wertvollste sind die Menschen, die ich auf dem Weg kennenlernen durfte“, schrieb er auf Instagram.
Edebali muss auf seinen Körper hören
Überraschend kommt der Schritt nicht. Zehn harte Jahre im US-Football – vier davon in der Auswahl des Boston College, sechs bei insgesamt acht verschiedenen Teams in der NFL – haben ihre physischen Spuren hinterlassen. Zwar war der 188 Zentimeter große Koloss mit dem Popeye-Bizeps in seinem zweiten ELF-Jahr fitter als in der Premierensaison 2021, dennoch bereiten ihm der Rücken und die Gelenke in Schultern, Knien und Knöcheln anhaltende Probleme. „Meine Entscheidung steht schon etwas länger fest“, sagt Edebali, „ich denke, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist.“
Am Sonntag nach dem Finale drängte der live übertragende TV-Sender ProSieben Maxx den Star der Hamburger zwar zur Bekanntgabe der Nachricht, Edebali aber lehnte ab. „Das Team stand im Mittelpunkt, nicht ich. Es fühlte sich nicht richtig an, meinen Rücktritt in so einer bitteren Stunde anzukündigen“, sagt er.
Eine Einstellung, die ihn ehrt – und die seinen Charakter beschreibt. Keine Frage, der Sohn einer Deutschtürkin und eines US-Amerikaners steht gern im Mittelpunkt, er ist ein Mensch, der problemlos einen ganzen Festsaal unterhalten kann. Aber in seinen Lehrjahren in den USA hat er verstanden, sich niemals über das Team zu stellen.
Eröffnet Edebali ein Fitnessstudio in Hamburg?
Den Status, der erfolgreichste Akteur der Hamburger Football-Geschichte zu sein, wird ihm so schnell wohl niemand streitig machen. In seinem Heimatverein Hamburg Huskies haben sie ein Spielfeld nach ihm benannt. Mit viel Talent und noch viel mehr Willensstärke hat Kasim Edebali Dinge erreicht, die in seinen kühnsten Träumen nicht vorkamen. „Als ich mein erstes NFL-Spiel gemacht hatte, war ich in meiner Wahrnehmung am Ziel. Alles, was danach kam, war ein Bonus“, sagt er.
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Was nun kommt, das weiß er selbst nicht genau. Zunächst nimmt Kasim Edebali einige PR-Termine wahr, ehe er am 5. Oktober nach Phoenix (Arizona) fliegt, wo Ehefrau Steffanie und die Töchter Sarai und Yara auf ihn warten. Anfang November kommt er zum ersten NFL-Spiel in Deutschland – am 13. November in München zwischen den Seattle Seahawks und den Tampa Bay Buccaneers – zurück, um seine Biografie vorzustellen, die am 8. November auf den Markt kommen soll.
Gemeinsam will die Familie im Sommer kommenden Jahres nach Hamburg ziehen. Edebali hofft, dem Football über die Arbeit als TV-Experte und Podcast-Moderator erhalten zu bleiben und den Hype um seine Sportart langfristig am Kochen zu halten. „Außerdem würde ich gern mein eigenes Gym eröffnen und das weitergeben, was ich lernen durfte“, sagt er. Anderen dabei zu helfen, ihre Träume zu leben, das wäre eine Aufgabe, die ihn glücklich machen würde.