Hamburg. Transfer-Experte: Drei-Jahres-Vertrag für St. Paulis Trainer. Millerntor-Club spricht mit Nachfolge-Kandidaten und braucht Verstärkung.

Am frühen Freitagabend war es endlich so weit. Der sich seit einer Woche anbahnende Wechsel von Trainer Fabian Hürzeler vom FC St. Pauli zum englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion war perfekt. Das jedenfalls vermeldete der bestens informierte italienische Transfer-ExperteFabrizio Romano über Instagram.

„Here we go!“ schrieb Romano unter das Foto von Hürzeler, so wie er es immer macht, wenn ein Transfer perfekt ist. Hürzeler trägt auf dem Foto (mutmaßlich eine Montage) bereits eine Jacke seines neuen Arbeitgebers. Als 31-Jähriger ist er damit jüngster Trainer der englischen Top-Liga. Er erhält wie erwartet einen Drei-Jahres-Vertrag bis Juni 2027. Auch mit dem FC St. Pauli habe sich der neue Arbeitgeber über eine Ablöse geeinigt, so Romano.

Hürzeler bekommt in Brighton einen Vertrag bis Juni 2027

Unterdessen ist es mittlerweile schon wieder mehr als eine Woche her, dass der FC St. Pauli seinen bisher einzigen fest verpflichteten Neuzugang für die kommende Saison vorgestellt hat. Es war in Person von Torwart Ben Voll ein zweifellos talentierter, 23 Jahre alter Akteur der Kategorie Ergänzungsspieler, der den Status vom Stammkeeper Nikola Vasilj aber so schnell nicht gefährden wird.

Offiziell war die Welt beim Bundesliga-Aufsteiger an jenem Donnerstag vergangener Woche noch in Ordnung. „Ben ist nicht nur hinsichtlich der Verteidigung sehr gut ausgebildet, sondern bringt auch fußballerisch alles mit, um unsere Anforderungen auf der Torhüterposition zu erfüllen“, zitierte der Verein seinen Cheftrainer Fabian Hürzeler. Und weiter: „Er ist zudem sehr lernwillig und passt somit gut in unser Team.“

Inzwischen klingt der Ausdruck „unser Team“ aus dem Munde des Aufstiegstrainers wie blanker Hohn. Nach allem, was bisher bekannt ist, hatte der 31 Jahre alte Fußballlehrer schon zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung bereits intensive Verhandlungen mit dem englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion geführt und war sich kurz danach mit den Briten über ein Engagement einig geworden – trotz seines erst im März verlängerten Vertrages beim FC St. Pauli.

Hürzeler kommentierte noch die ersten beiden Neuzugänge

Kurz vor der Verpflichtung von Ben Voll hatte St. Pauli zudem Mittelfeldspieler Robert Wagner (20) als Leihgabe vom SC Freiburg für die kommende Saison in der höchsten Spielklasse unter Vertrag genommen. Auch hier hatte Hürzeler am Donnerstag voriger Woche noch folgenden Satz vom Verein veröffentlichen lassen: „Ich freue mich darauf, mit Robert zu arbeiten.“ Irgendwann könnte das ja mal passieren.

Wagner und Voll – das aber war es bisher denn auch schon, was der Millerntor-Club auf dem Transfermarkt in dieser Sommerpause an Land gezogen hat. Allen Beobachtern und Beteiligten muss klar sein, dass dies nicht reichen wird, um in der anstehenden Saison als Aufsteiger in der Bundesliga zu bestehen, zumal der Faktor des bisherigen Erfolgstrainers Hürzeler (110 Punkte in 51 Zweitligaspielen) nicht mehr gegeben sein wird. Doch hochkarätige Zugänge, die die Wahrscheinlichkeit des Klassenverbleib erhöhen könnten, hängen nicht zuletzt von einer Lösung in der wichtigsten Personalfrage ab.

St. Pauli führt Gespräche mit potenziellen Hürzeler-Nachfolgern

Auch wenn am Freitag der Wechsel des Coaches nach Brighton für rund neun Millionen Euro Ablöse noch immer nicht von offizieller Seite verkündet wurde, ist St. Pauli mittlerweile intensiv auf der Suche nach einem Nachfolger. Nach Abendblatt-Informationen wurden bereits am Freitag Gespräche mit mehreren Kandidaten geführt. An diesem Sonnabend sollen weitere folgen. Zu diesem Kreis soll auch Christian Eichner (41) vom Zweitliga-Fünften und Rückrunden-Zweiten Karlsruher SC zählen, wie auch der „Kicker“ am Freitag berichtete. Der 41-Jährige besitzt bei den Badenern offenbar eine Ausstiegsklausel und kann für eine Ablöse von knapp einer Million Euro aus seinem Vertrag herausgekauft werden.

Selbst für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass der Trainertransfer von Hürzeler nach Brighton noch platzen sollte, ist mittlerweile ein Verbleib des Aufstiegstrainers beim FC St. Pauli nicht mehr ernsthaft denkbar. Durch sein als extrem illoyal empfundenes Verhalten hat er nicht nur bei großen Teilen der Fans, sondern auch bei Führungskräften im Verein und nicht zuletzt bei der Mannschaft praktisch alle Sympathien verspielt. Diejenigen, die schon während der monatelangen Verhandlungen um seine Vertragsverlängerungen eine sofortige Trennung erwogen hatten, können sich in ihrer Einschätzung der Person Hürzeler bestätigt fühlen.

St. Paulis erstes Training am 8. Juli ohne Nationalspieler

Somit steht der FC St. Pauli de facto ohne Cheftrainer da. Und das als einziger Club in der Bundesliga, nachdem Borussia Dortmund am Freitag Nuri Sahin als Nachfolger von Edin Terzic offiziell bestätigt hat. Dieser Umstand blockiert aber eben auch die jetzt dringend nötige Kaderplanung insbesondere in Bezug auf zu verpflichtende Topspieler.

Es liegt auf der Hand, dass Sportchef Andreas Bornemann potenzielle neue Leistungsträger, die ein Topgehalt beziehen würden und für die eine nennenswerte Ablöse oder ein entsprechendes Handgeld zu zahlen wäre, nicht ohne Absprache mit dem künftigen Cheftrainer verpflichtet. Dabei drängt langsam die Zeit. Für den 8. Juli ist die erste Trainingseinheit der Sommervorbereitung angesetzt, nur eine Woche später und damit so früh wie bei keinem anderen Bundesligateam startet das elftätige Trainingslager in Scheffau (Österreich).

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Dabei haben St. Paulis sieben Nationalspieler, die noch bis vor wenigen Tagen mit ihren Auswahlteams im Einsatz waren, eine Urlaubsverlängerung erhalten und werden voraussichtlich erst mit dem Trainingslager oder kurz davor wieder einsteigen. Wenn dann auch noch wichtige Neuzugänge fehlen, wäre die erste Trainingswoche nahezu verschenkt.

Einige Konkurrenten St. Paulis waren jedenfalls auf dem Transfermarkt schon deutlich aktiver. So hat der letztjährige Aufsteiger 1. FC Heidenheim bereits sechs neue Spieler verpflichtet und – ganz nebenbei bemerkt – seinen Erfolgstrainer Frank Schmidt (50) natürlich behalten. Er geht in sein 18. Trainerjahr beim FCH. Zu den neuen Akteuren im Team gehört künftig auch der Ex-St.-Paulianer Sirlord Conteh.

Der FC St. Pauli hat noch kein Testspiel terminiert

In einem anderen Punkt, der für das künftige Zusammenspiel und Teamgefüge von großer Bedeutung ist, hinkt der FC St. Pauli derzeit sogar allen seinen künftigen Bundesliga-Konkurrenten hinterher. Als einziger Club hat der Verein noch kein einziges Testspiel in der Sommervorbereitung mit Datum und Gegner bekannt gegeben. Auch hier hängt offenbar einiges von den Vorstellungen des neuen Trainers ab.