Hamburg. Mobilfunk-Anbieter Congstar bleibt weitere vier Jahre auf der Trikotbrust des Zweitliga-Tabellenführers. Wieviel Geld künftig fließt.
Das Timing hätte kaum besser gewählt werden können. Vier Tage vor dem Stadtderby im Volksparkstadion beim HSV, das bei einem Sieg definitiv schon den ersehnten Bundesliga-Aufstieg bescheren würde, präsentierte der FC St. Pauli am Montag einen wirtschaftlich immens wichtigen Millionen-Deal.
FC St. Pauli weiter mit Congstar auf der Trikotbrust
Der Vertrag mit dem langjährigen Hauptsponsor Congstar wurde vorzeitig und gleich bis 2028 verlängert. Die bisherige Vereinbarung mit dem Mobilfunk-Anbieter und Telekom-Tochterunternehmen war noch bis 2025 gültig.
„Der FC St. Pauli ist eine der großen Marken im deutschen Fußball. Auch wenn er bisher ein Zweitliga-Verein ist, wird er bei Umfragen, welchen Verein man kennt, ganz oben genannt“, sagte Congstar-Geschäftsführer Axel Orbach jetzt im exklusiven Gespräch mit dem Abendblatt zur Begründung der erneuten Verlängerung.
Längste Partnerschaft in der Zweiten Liga
Nachdem das in Köln ansässige Tochter-Unternehmen der deutschen Telekom bereits einmal von 2006 bis 2009 mit seinem Logo die Trikotbrust des FC St. Pauli zierte, ist Congstar nun bereits seit 2014 wieder Hauptsponsor des Millerntor-Clubs. Es ist damit unter allen aktuellen Ligakonkurrenten das längste ununterbrochene Engagement eines Trikotsponsors und damit wichtigsten Werbepartners in der Zweiten Liga.
„Für uns ist es mehr als ein Sponsoring, es ist vielmehr eine Werte-Partnerschaft“, betont Orbach. „Viele Werte, die wir als Firma vertreten, vertritt auch der FC St. Pauli. Als Beispiel nenne ich die Aktion ,kein Platz für Rassismus‘, die wir gemeinsam machen.“
Bisher bekam St. Pauli mindestens zwei Millionen Euro
Zudem gebe es viele Haltungsthemen, die Congstar in enger Abstimmung mit dem FC St. Pauli regelmäßig auf seinen im Millerntor-Stadion zur Verfügung stehenden Werbebanden anspricht. „Während andere Firmen auf den Banden ihre Produkte bewerben, ist es uns wichtig, ein Haltungsthema zu spielen“, sagt Orbach. „Kein anderer Verein hat eine so starke und klare Haltung wie der FC St. Pauli“, betont der Congstar-Geschäftsführer
Zweifellos besonders wichtig ist aber auch der wirtschaftliche Aspekt der Vertragsverlängerung für den FC St. Pauli, der im Geschäftsjahr 2022/23 einen für den Verein höchst ungewöhnlichen Konzernverlust von knapp fünf Millionen Euro hatte verbuchen müssen. Zahlte Congstar bisher mindestens zwei Millionen Euro pro Saison, verriet Axel Orbach jetzt: „Es wird mehr geben als bisher. Aber das hält sich auch im Rahmen. Die Verträge waren auch schon vorher immer leistungsbezogen.“
Der sich aktuell sehr deutlich abzeichnende Bundesliga-Aufstieg wird allerdings, wenn er denn tatsächlich gelingt, für St. Pauli auch in der Sponsoringsumme einen erheblichen Sprung nach oben nach sich ziehen. Dies ist allein schon wegen der dann deutlich erhöhten Kontaktzahlen eine logische Konsequenz. So sind allein die Erstliga-Spielberichte in der ARD-Sportschau und im ZDF-Sportstudio am Sonnabend deutlich länger als die Zusammenfassungen aus der Zweiten Liga.
Beim Aufstieg erhält St. Pauli rund drei Millionen Euro pro Jahr
Nach Abendblatt-Informationen würde sich in der Bundesliga die Sponsoringsumme von Congstar auf rund drei Millionen Euro jährlich erhöhen. Gelingt es dem FC St. Pauli nach dem Aufstieg auch, sich über mehrere Jahre im deutschen Fußball-Oberhaus zu halten, hätte der jetzt unterzeichnete Congstar-Deal sogar einen Gesamtwert von zehn bis zwölf Millionen Euro. Auf jeden Fall ist es die höchste Summe, die St. Pauli je aus einem Hauptsponsor-Vertrag generiert hat.
Bei aller gegenseitigen Sympathie beruht der Abschluss und vor allem die Dotierung des Sponsorvertrages auf messbaren Daten. „Es gibt natürlich jährlich eine ausführliche Werbewirkungsanalyse, aus der hervorgeht, wie viele Minuten das Trikot mit Congstar auf der Brust gesehen wert und welchen Wert dies widerspiegelt“, sagt Axel Orbach.
Lange Vertragslaufzeit sorgt für Planungssicherheit
„Die mögliche Reichweite für unsere gemeinsamen Themen wäre in einem Erstliga-Szenario um ein Vielfaches höher. Sportlicher Erfolg führt natürlich immer zu mehr medialer Aufmerksamkeit, aber in unserem Fall auch zu mehr Sichtbarkeit für unsere gesellschaftlichen und politischen Botschaften“, sagt dazu Wilken Engelbracht, der kaufmännische Geschäftsleiter des FC St. Pauli. Schon jetzt generiert laut Engelbracht die von Congstar genutzte LED-Bande über eine gesamte Saison mehr als 100 Millionen Einzelkontakte.
Engelbracht streicht aber vor allem die vergleichsweise lange Laufzeit des Kontraktes heraus. „Sie ermöglicht uns im Hinblick auf die wirtschaftliche Planbarkeit eine zusätzliche Stabilität“, sagt er. Es liegt auf der Hand, dass auch die DFL im Rahmen der Lizenzierung längerfristige Vereinbarungen mit Sponsoren, die sich in der Vergangenheit als zuverlässig erwiesen hatten, positiv betrachtet.
Congstar hat rund 6,5 Miilionen Kunden
Als Mobilfunkanbieter mit rund 6,5 Millionen Kunden hatte Congstar unter der Corona-Krise deutlich weniger zu leiden als Unternehmen anderer Branchen. „Es ist unstrittig, dass wir ein Wirtschaftsunternehmen sind und Gewinn erwirtschaften wollen“, räumt Orbach ein, betont aber auch: „Es ist wichtiger denn je, auch eine gewisse Haltung zu transportieren.“
Dazu nennt er als weiteres Beispiel einen vieldiskutierten Post in den sozialen Medien: „Wir haben vor geraumer Zeit Rassist*innen aufgefordert, den Vertrag mit uns zu beenden. Das hat für Wellen gesorgt. Rund Dreiviertel der Kommentare dazu waren positiv, andererseits aber gab es auch einen Shitstorm“, berichtet er.
Mehr zum FC St. Pauli
- St. Paulis erster Matchball im Volksparkstadion
- Irvine mit dem Kopf zur Stelle, Afolayan muss einstecken
- Vertragspoker bei St. Pauli: April vorbei, aber kein neuer Hartel-Vertrag
„Congstar zeigt seine Haltung nicht nur im Zusammenhang mit dem FC St. Pauli, sondern man erkennt diese auch direkt, wenn man sich Congstars Social-Media-Kanäle anschaut. Insofern verkörpert Congstar in unserer Partnerschaft eine enorme Glaubwürdigkeit“, sagt Wilken Engelbracht.
„Beeindruckend fand ich es auch, dass an einem Spieltag im letzten November das Thema Seenotrettung sowohl auf der Congstar-LED-Bande als auch zeitgleich auf den Bannern unserer Fans im Stadion aufgegriffen wurde", sagte er weiter.
Auch das Sponsoring des E-Football-Teams wird forgesetzt
Dazu passt das Ergebnis einer Umfrage, die Congstar im vergangenen Jahr unter St.-Pauli-Anhängern durchgeführt hatte. „Darin befürworteten drei von vier St.-Pauli-Fans eine Verlängerung der Partnerschaft und finden, dass wir als Sponsor zum Verein passen“, berichtet Axel Orbach.
Wie bisher wird das Hauptsponsoring auch das in der Virtual Bundesliga aktive E-Football-Team des FC St. Pauli umfassen. „Gaming ist für uns ein Anliegen, aber auch hier spielen wieder die Werte eine Rolle“, sagt Axel Orbach. „Wir unterstützen zum Beispiel die Initiative ´Gaming ohne Grenzen‘, die sich dafür einsetzt, Gaming für Menschen mit Beeinträchtigung zugänglich zu machen.“
Congstar-Chef freut sich auf St. Paulis Spiele gegen Bayern München
Unterdessen blickt der Congstar-Chef schon ein wenig auf die kommende Saison voraus. „Wenn es mit dem Aufstieg klappen sollte, freue ich mich auf die Spiele gegen den Club, bei dem sich unser Mutterkonzern stark engagiert, schon ganz besonders“, sagt Orbach mit einem Augenzwinkern. Die Telekom ist bereits 2002 Trikotsponsor des FC Bayern München und zahlt derzeit rund 50 Millionen Euro an den entthronten Meister.