Hamburg. Die Hamburger besiegen den SC Paderborn am Ostersonntag verdient. Doch zwei Sperren trüben die Feierstimmung minimal.

Die Osterglocken erklangen - und bald werden es auch die „Hells Bells" in der Bundesliga. Der FC St. Pauli ist nach dem 2:1 (1:0)-Sieg gegen den SC Paderborn am Ostersonntag auf dem Weg in die Erstklassigkeit kaum noch aufzuhalten.

Elf Punkte Vorsprung besitzt der Spitzenreiter der Zweiten Liga nun vor Relegationsplatz drei, den Fortuna Düsseldorf innehat. Bei noch sieben ausstehenden Partien ist dies für die Rheinländer kaum aufzuholen.

FC St. Pauli jetzt zwölf Punkte vor dem HSV

Ein besonderes Schmankerl für den Großteil der 29.391 Zuschauer, die am Feiertag ins Millerntor-Stadion gekommen waren, war auch, dass der Stadtrivale HSV durch dessen 1:1 in Fürth auf Rang vier mit nun zwölf Punkten Rückstand zurückfiel.

"Zum Aufstieg gratuliere ich euch heute noch nicht, auch wenn es nicht mehr aufzuhalten ist. Nur der Tag des Aufstiegs ist noch fraglich", sagte nach dem Spiel Paderborn eloquenter Trainer Lukas Kwasniok in Richtung seines St.-Pauli-Kollegen Fabian Hürzeler.

FC St. Pauli gewinnt gegen SC Paderborn

Der Angesprochene wollte auf Nachfrage diese Sichtweise nicht bestätigen. "Jeder darf seine Meinung haben. Ich habe da eine andere. Das ist auch gut so", sagte Hürzeler. "Ich sehe nur, dass wir in der nächsten Woche ein schweres Auswärtsspiel in Karlsruhe bei einer der besten Mannschaften der Liga haben."

Keine Ostergeschenke hatte Cheftrainer Hürzeler bei der Vergabe der Startelfplätze verteilt. Schließlich soll alles der Himmelfahrt in die Bundesliga untergeordnet werden. Daher profitierte auch Etienne Amenyido nicht von der Gelbsperre Elias Saads, stattdessen wurde Goalgetter Marcel Hartel auf Linksaußen gezogen, und Aljoscha Kemlein übernahm dessen Platz im Mittelfeld.

Für Paderborns Trainer steht St. Paulis Aufstieg fest

Eine weitere Änderung im Vergleich zum vorangegangenen Spiel beim 1. FC Nürnberg (2:0) war die Rückkehr von Spielmacher Eric Smith in die Defensivzentrale, sodass Hauke Wahl, der ihn hier vertreten hatte, wieder auf seine angestammte Position als rechter Mann in der Dreier-Abwehrkette rücken konnte.

VAR überprüft Kemlein-Tor und entscheidet auf Abseits

Defensive war dann allerdings keineswegs das Stichwort für die Gastgeber, die es mit der Auferstehung in Richtung Erstklassigkeit ganz eilig zu haben schienen. Lars Ritzka, für den verletzten Philipp Treu (muskuläre Probleme) ebenfalls neu von Beginn an, spielte nach 30 Sekunden einen genialen Pass auf Connor Metcalfe. Der Australier zielte allerdings zu ungenau, beziehungsweise genau auf Keeper Pelle Boevink.

Ganz und gar nicht eilig hatten es hingegen die Video-Assistenten damit, dem Kölner Keller zu entsteigen. Dem vermeintlichen Führungstor von Kemlein (9.) folgte eine Überprüfung auf Abseits von beinahe biblischem Ausmaß. Erst nach geschlagenen drei Minuten stand fest: Es bleibt beim 0:0. Der Vorlagengeber Hartel hatte sich hauchdünn mit Schulter und Kopf im Abseits befunden.

Metcalfe sieht Gelb und ist beim KSC gesperrt

Die Fahne des Linienrichters blieb bis auf Weiteres das einzige Utensil, das ein ansonsten sehr ansehnliches Ostersonntagsspiel störte. Johannes Eggestein stand allein in den ersten 18 Minuten dreimal im Abseits - wäre allerdings mit jedem Abschluss auch gescheitert.

Darüber hinaus war Paderborn, das mit einer ungewohnten Viererkette agierte, darum bemüht, nach vorne mitzuspielen, anstatt sich wie die meisten Gäste am Millerntor nur einzuigeln. Mitspielen wiederum wird Metcalfe am kommenden Sonnabend beim Karlsruher SC nicht, da er nach einem taktischen Foul seine fünfte Gelbe Karte kassierte (30.).

Hartel bringt St. Pauli nach Irvine-Vorlage in Führung

Der Ärger darüber war schnell vergessen, da auf St. Pauli in Anwesenheit zweier Fußballgötter niemand auf ein Osterwunder warten musste. Fußballgott Jackson Irvine spielte nach feiner Eggestein-Hackenablage einen herausragenden Steilpass auf Fußballgott Hartel. Der wiederum legte Boevink per Lupfer das Führungstor ins Nest (32.).

"Es war sicherlich eines der am schönsten herausgespielten Tore dieser Saison", befand Eggestein, dessen Hackentrick keine Aktion für die Galerie, sondern durchaus zielgerichtet war. "Wir haben das so auch schon öfter im Training geübt. Umso schöner, dass es dann auch im Spiel einmal so klappt", sagt der Mittelstürmer weiter.

Absolut verdient, da die Gastgeber bis hierhin die spielbestimmende Mannschaft waren. Torwart Nikola Vasilj durfte sich erst kurz vor der Halbzeit aus spitzem Winkel erstmals gegen Filip Bilbija auszeichnen (37.). Irvine ließ direkt einen Schuss vom Strafraum folgen, sodass Boevink den alten Paradenabstand wiederherstellen konnte (40.).

Ritzka legt nach und erhöht für Kiezkicker auf 2:0

Immerhin: Die Ostwestfalen bauten gegen das hohe Pressing weiter geduldig und mutig von hinten heraus auf und bekamen dadurch zunehmend Ballkontrolle. Bis zur Pause brachte das in einem intensiv geführten Duell allerdings gar nichts. Szenenapplaus hatte sich neben dem Heimteam auch der starke Ritzka verdient, der den früheren St. Paulianer Sirlord Conteh abgrätschte.

Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. FC St. Pauli 34 / 62:36 / 69
2. Kiel 34 / 65:39 / 68
3. Düsseldorf 34 / 72:40 / 63
4. HSV 34 / 64:44 / 58
5. Karlsruhe 34 / 68:48 / 55
6. Hannover 34 / 59:44 / 52
7. Paderborn 34 / 54:54 / 52
8. Fürth 34 / 50:49 / 50

Es blieb nicht bei höflichem Beifall für den Linksverteidiger, für den kurz nach dem Seitenwechsel ein Jubelsturm aufbrandete (47.). Von Manolis Saliakas per Verlagerung eingesetzt, zog der trocken aus rund 19 Metern ab - Traumtor.

"Lars hat schon vor zwei Wochen in Nürnberg ein starkes Spiel gemacht. Jetzt hat er sich belohnt", urteilte Hürzeler. In Nürnberg war der Edelreservist für den gesperrten Saliakas ins Team gekommen, diesmal für den angeschlagenen Philipp Treu.

Paderborn kommt nach Ballverlust von Smith wieder heran

Doch eine kleine Passion sollten die Jünger des Kiezclubs noch durchleiden. Irvine gelang nämlich mal etwas nicht, als er nach diesmal nach Hartel-Vorlage völlig verzog (50.).

Statt 3:0 zu führen, versuchte Smith, mit Außenristpass Sebastian Klaas in Nähe des eigenen Strafraums zu tunneln. Was gründlich daneben ging. Ballverlust, Bilbija leitet weiter Conteh, der legt auf den freien Adriano Grimaldi ab, der nur noch zum 1:2 aus Paderborner Sicht einschieben muss (56.).

St. Paulis Trainer Hürzeler sieht erneut Gelbe Karte

Plötzlich wurde es eng. Erneut Grimaldi hätte per Kopf beinahe zum Ausgleich getroffen, doch Vasilj streckte sich und wurde so zum Messias (65.). Kurz danach brachte ein leichtsinniger Ballverlust von Hauke Wahl die Hamburger in Bedrängnis (67.).

Dazu wurde es ruppig. Grimaldi nietete direkt nach seiner ersten Gelben Karte Smith rüde um, blieb aber ohne Verwarnung. Dies wiederum brachte Hürzeler so aus der Fassung, dass auch der Trainer seine fast schon gewohnheitsgemäße Bestrafung erhielt (71.). Es war seine sechste Gelbe Karte der Saison.

Grimaldi fliegt vom Platz, Smith holt sich Sperre ab

Mit österlichen Friedensmärschen hatte die Begegnung spätestens jetzt wenig gemein. Grimaldi, förmlich um den Platzverweis flehend, wurde von Schiedsrichter Benjamin Brand erhört, nachdem er auch noch Saliakas von den Beinen holte (72.). Das Ärgerliche aus St.-Pauli-Sicht: Smith beschwerte sich über das Foul lautstark, was ihm wiederum eine Gelbsperre fürs KSC-Spiel einbrachte.

Paderborns Trainer Lukas Kwasniok ging nun volles Risiko und wechselte gleich fünf Akteure auf einmal ein. Der frische Calvin Brackelmann fackelte dann auch nicht lange und nagelte einen Fernschuss in Richtung Torkreuz, doch Vasilj mutierte für sein Team abermals zum großen Erlöser (85.). Es blieb beim 2:1-Sieg für den in dieser Saison im eigenen Stadion weiter unbesiegten FC St. Pauli.

Trainer Fabian Hürzeler vor neuer Startelf-Herausforderung

Während die Fans den Tabellenführer euphorisch feierten, hatte Trainer Fabian Hürzeler mit dem Nachlassen seines Teams nach der 2:0-Führung auch das Thema gefunden, mit dem er dafür sorgen kann, dass auch weiterhin keiner seinen Mannen abhebt. Und auch die Startelf-Besetzung für das Spiel in Karlsruhe wird angesichts der beiden Sperren zu einer neuen Herausforderung.

FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Irvine, Kemlein (90.+3 Scheller), Ritzka (83. Dzwigala) - Metcalfe (83. Amenyido), Eggestein (87. Albers), Hartel.
SC Paderborn: Boevink - Obermair (81. Ansah), Musliu, Hoffmeier, Zehnter (81. Heuer) - Kinsombi, Hansen (81. Brackelmann) - Klaas (81. Kostons), Bilbija, Conteh (81. Leipertz) - Grimaldi.
Tore: 1:0 Hartel (32.), 2:0 Ritzka (47.), 2:1 Grimaldi (56.). Schiedsrichter: Brand (Schwebheim). Zuschauer: 29.391. Gelbe Karten: Metcalfe (5), Hürzeler (6), Smith (5). Gelb-Rote Karte: Grimaldi. Statistiken: Torschüsse: 12:10; Ecken: 1:3; Ballbesitz: 55:45 Prozent; Zweikämpfe: 74:52; Laufleistung: 123,4:119,2 Kilometer.