Hamburg. Die Ostwestfalen, die am Ostersonntag im Millerntor-Stadion gastieren, wissen um die Herausforderungen eines Bundesliga-Aufstiegs.
Früher war nicht nur mehr Lametta, sondern auch mehr Konfetti. Wenn der FC St. Pauli am Ostersonntag (13.30 Uhr/Sky) den SC Paderborn im Millerntor-Stadion empfängt, werden zum Einlauf beider Mannschaften zwar die „Hells Bells“ erklingen, aber keine Kunststoffschnipsel und -luftschlangen mehr von der Tribüne abgefeuert – der Umwelt zuliebe.
Einmal zu Mikroplastik zerfallen, gelangt das Konfetti in den Boden und die Kanalisation, der Rasen kann nicht mehr im Biomüll entsorgt werden. Und die Luftschlangen vergiften mitunter das Fernsehbild, wenn sie sich im Sichtfeld der Kameras am Stadiondach verfangen. Daher heißt es von nun an für beide bunten Fanutensilien: Zutritt verboten!
Zweite Liga: FC St. Pauli empfängt SC Paderborn
Das würde St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler am liebsten auch den gastierenden Ostwestfalen für den eigenen Strafraum auferlegen. Dumm nur: Das wird schwierig.
Denn auch der 31-Jährige war in dieser Saison schon mal mehr in Lametta- und Konfettilaune. Die angespannte Personallage macht dem souveränen Tabellenführer zu schaffen.
Wer ersetzt den gesperrten Saad auf Linksaußen?
Insbesondere in der Offensive gibt es Fragezeichen. „Ich kann verraten, dass es nicht die gleiche Aufstellung wird wie gegen Nürnberg“, sagte Hürzeler am Donnerstag.
Dies liegt allein schon daran, dass Linksaußen Elias Saad eine Gelbsperre absitzen muss. Oladapo Afolayan als logischer Ersatz müsste in Folge seiner Sprunggelenksverletzung, wegen derer er am Dienstag das Training abbrechen musste und am Mittwoch fehlte, schon eine österliche Auferstehung erleben, um rechtzeitig fit zu werden.
Hürzeler äußert sich zu möglicher Systemumstellung
Daher läuft es wohl auf Etienne Amenyido hinaus, der seinerseits eine sportliche Auferstehung nötig hätte, da seine bisherige Saison eher einem Kreuzweg glich. Der 26-Jährige spielte kaum eine Rolle, kam zwischen Verletzungen (Fersenprobleme, muskuläre Lädierungen) nicht über Kurzeinsätze hinaus. In der Startelf stand der bei Borussia Dortmund ausgebildete Angreifer nur zweimal im DFB-Pokal und konnte nicht überzeugen.
Eine taktische Umstellung auf eine Doppelspitze ist dennoch nicht zu erwarten, da bekanntermaßen auch Simon Zoller (Oberschenkel) erneut ausfällt und vor dem Saisonaus steht. „Prinzipiell wollen wir unseren Stil auf den Platz bringen. Dafür brauchen wir klare Abläufe“, sagte Hürzeler bezüglich der taktischen Grundordnung. Durch die personelle Situation könne es aber sein, dass man „gewisse Anpassungen vornehmen“ müsse.
FC St. Pauli: Fragezeichnen hinter dem Einsatz von Treu
Für den angeschlagenen Linksverteidiger Philipp Treu gelte: „Wir müssen Tag für Tag abwarten.“ Rechtsaußen rotiert Connor Metcalfe vom Flieger direkt in die Startelf, obwohl er erst am Mittwoch von der australischen Nationalmannschaft zurückgekehrt war. Abgesehen von den Reisestrapazen ist der 24-Jährige fit.
U-17-Weltmeister Eric da Silva Moreira, der beim 2:0-Sieg beim 1. FC Nürnberg sein Debüt gefeiert hatte, darf wieder auf einen Einsatz hoffen. „Die Chance ist sehr groß, dass er im Kader ist“, sagte Hürzeler. „Er nimmt bisher eine sehr positive Entwicklung. Es ist trotzdem wichtig, dass wir es richtig einordnen und ihn nicht zu früh ins kalte Wasser werfen. Die Zweite Liga ist nicht einfach so nebenbei zu machen, sondern man muss da gut vorbereitet sein.“ Die Leistungskurve von da Silva Moreira hätte jedenfalls, wenn noch erlaubt, einen Schuss aus der Konfettikanone verdient.
Paderborns Geschäftsführer war bei beiden Bundesliga-Aufstiegen dabei
Früher war auch mehr Lametta beim SC Paderborn. 2014 und 2019 feierte der Vorjahressechste den Aufstieg in die Bundesliga, stieg aber jeweils unmittelbar wieder ab.
Martin Hornberger war beide Male direkt dabei. So, wie der 62-Jährige ohnehin seit 22 Jahren zunächst als Vizepräsident und seit 2005 als Geschäftsführer bei allem dabei ist, was den neunmaligen Gewinner des Westfalenpokals betrifft.
Welche Hürden die Hamburger in der Ersten Liga erwarten
Aus Erfahrung weiß Hornberger: den FC St. Pauli erwartet nach dem höchstwahrscheinlichen Aufstieg im Sommer eine gewaltige Herausforderung. Dennoch sind die Voraussetzungen beider Clubs unterschiedlich.
„Für uns war es speziell im Jahr 2014 eine Herausforderung, das gestiegene mediale Interesse zu bewältigen. Dieses Szenario ist für St. Pauli schon eher Routine“, sagt Hornberger. Hohe Hürden warten stattdessen in anderen Bereichen: „Die Anforderungen für den Spielbetrieb sind stark gestiegen. Auch in Hinblick auf die Vermarktungsmöglichkeiten sind die Clubs wesentlich intensiver gefordert, zum Beispiel bei der Präsenz auf ausländischen Märkten.”
Warum auch ein Abstieg für strukturelle Verbesserungen sorgen kann
Paderborn wurde in beiden Saisons bewusst, dass in der Bundesliga nicht nur mit Konfettikanonen, sondern der Finanz-Bazooka geschossen wird. „Wir hatten nicht die wirtschaftlichen Möglichkeiten, um gleichzeitig Schulden abzubauen und sportlich in eine große Zukunft zu investieren. Weitere fünf Millionen Euro, die wir in Spieler gesteckt hätten, hätten den Unterschied zu den etablierten Bundesliga-Clubs bei weitem nicht aufgewogen.“ Obwohl der Klassenerhalt nicht gelungen ist, haben die beiden Jahre den SCP strukturell sehr vorangebracht.
„Vor allem im ersten Bundesliga-Jahr haben wir mehr in Steine als in Beine investiert“, sagt Hornberger. Etwas, das auch der Kiezclub – Stichworte Genossenschaft und Ausbau des Nachwuchsleistungszentrums – vorantreibt. Daher sieht der gebürtige Kasseler die Hamburger auch gut vorbereitet auf die Erste Liga: „Beispiele wie Heidenheim und Bochum zeigen, dass die Euphorie zum Erfolg tragen kann, vor allem aber unaufgeregte, konsequente Arbeit.”
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Konfetti und Lametta waren seinerzeit noch keine Themen, mit denen sich der SC Paderborn in der Bundesliga befassen musste, für die Kiezkicker könnten sie aber noch mal brandaktuell werden. „Ich ziehe den Hut vor dem FC St. Pauli, der Aufstieg und die Meisterschaft wären absolut verdient“, sagt Hornberger. Und spätestens wenn beides feststeht, lässt sich wohl ein Konfettiregen kaum verhindern.
FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Irvine, Hartel, Treu – Metcalfe, Eggestein, Amenyido.
SC Paderborn: Boevink – Hoffmeier, Musliu, Brackelmann – Obermair, Kinsombi, Hansen, Zehnter – Bilbija, Kostons, Klaas.