Hamburg. Die Kiezkicker dominieren gegen Erstliga-Absteiger Hertha BSC. Zwei Personalien machen dennoch Sorgen.
Der Jubel war immens – schon vor dem Spiel. Nämlich, als Cheftrainer Fabian Hürzeler erstmals nach Verlängerung seines Vertrags im Millerntor-Stadion ausgerufen wurde. Der Jubel gute zwei Stunden später? Leider gibt der Duden keine Steigerungsform von immens her.
Doch wohl jedem war in diesem Moment bewusst, dass der 2:0 (2:0)-Sieg des FC St. Pauli gegen Hertha BSC das Tor in Richtung Bundesliga immens weit aufgestoßen hat. Zehn Punkte Vorsprung hat der Tabellenführer der Zweiten Liga auf Relegationsplatz drei, der logischerweise vom HSV belegt wird.
FC St. Pauli gewinnt gegen Hertha BSC
Nach nahezu exakt einer Spielminute kann dann der Durchblick auf dem Platz recht markante Grenzen. Die Gästefans hatten das Sichtfeld durch Pyrozündeleien massiv eingeschränkt. Schiedsrichter Harm Osmers pausierte knapp drei Minuten.
Zeit, die beide Teams mit Kurzpassübungen verbrachten. Es war allerdings ein Dribbling, das kurz daran erinnerte, dass im Herthaner Fabian Reese ein Mann die linke Außenbahn bespielte, der brandgefährlicher ist als alle Berliner Rauchtöpfe. Bei seinem ersten nennenswerten Ballkontakt entwischte er Adam Dzwigala - für den verletzten Eric Smith neben Elias Saad (für den verletzten Oladapo Afolayan) und Johannes Eggestein (für den Unioner Aljoscha Kemlein) einer von drei Neuen - und Manolis Saliakas.
Saliakas bringt Kiezkicker in Führung
Wer stoppt Reese? Eine der interessanten Fragen des Nachmittags. Doch zunächst gab es für den Shootingstar der Gäste wenig auszurichten, da St. Pauli den Ball dominierte (72 Prozent Ballbesitz). Aus einem cleveren Ballgewinn von Philipp Treu entstand die erste Chance, doch Marcel Hartel konnte beim Kopfball keinen Druck hinter den Ball entwickeln (14.).
Das komplette Gegenteil machte wenig später Saliakas (16.). Mit 122,64 Kilometern pro Stunde hämmerte er den Ball im Anschluss an eine Ecke aus 21,6 Metern aufs Tor. Wer den Griechen regelmäßig verfolgt, kannte das Resultat bereits beim Anlaufen des Rechtsverteidigers.
Standing Ovation für Kampfgeist
Die hochverdiente Führung nach einer dominanten Anfangsphase. Die Hauptstädter wurden erstickt, Vorwärtsbemühungen regelmäßig mit giftigen Pressingaktionen abgefangen.
St. Pauli belagerte geradezu die Hälfte des Gegners. Die Hertha konnte noch so gut verdichten, die Wucht des Spitzenreiters war kaum im Zaum zu halten. Nach einer Halbchance von Saad, der aber ein verbissener Einsatz vorausgegangen war, erhoben sich die Zuschauer erstmals (23.).
Bundesliga-Absteiger gegen Bundesliga-Aufsteiger
Als Eggestein Hauke Wahl eher ungeplant anschoss, wodurch der Ball knapp am Tor vorbeiging (35.), hätte nicht viel gefehlt, damit sich das Publikum zum 2:0 erhebt und in den Armen liegt. Der Bundesliga-Absteiger hatte gegen den vermutlichen Bundesliga-Aufsteiger hingegen weder Gelegenheit, sich in den Armen zu liegen, noch für sonst etwas.
Eine Zahl, die die Überlegenheit der Millerntor-Elf ziemlich gut ausdrückte, war die der Ballrückeroberung. Während die Hamburger durchschnittlich nur zehn Sekunden benötigten, brauchte Hertha 24.
Hartel erhöht vor der Halbzeit
Dass es weiterhin nur bei einem Gegentreffer blieb, war großes Glück. Hartel hätte mühelos erhöhen können, köpfte frei stehend aus rund sieben Metern aber vorbei (38.). Ärgerlich auf braun-weißer Seite: Saliakas kassierte seine fünfte Gelbe Karte und wird kommenden Sonnabend beim 1. FC Nürnberg fehlen (42.).
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Aber auch das hatten Mannschaft wie Fans schnell geschluckt, da Hartel schließlich doch noch vor der Pause das überfällige 2:0 erzielte (44.). Das war, so vermessen mag man nicht sein, vielleicht kein Fußball von einem anderen Stern, aber definitiv keiner aus der Zweiten Liga.
Hertha bleibt auch nach der Halbzeit ungefährlich
Wer nach dem Seitenwechsel erwartet hatte, dass die Berliner All-in gehen, sah sich getäuscht. Stattdessen hätten Saad (50.), Saliakas mit seinem zweiten Weitschuss-Hammer (diesmal an die Latte/52.) und Eggestein (52.) die Vorentscheidung besorgen können.
Erst nach gut einer Stunde schaltete der Kiezclub in den Verwaltungsmodus, und der einstige Big-City-Club kam etwas auf, ohne allerdings gefährlich zu werden. Dennoch animierten die Zuschauer das eigene Team mit „St. Pauli“-Rufen zum progressiveren Mitmachen.
Sorgen um verletzten Verteidiger Mets
Daran sollte es nicht scheitern. Einen Schockmoment musste das Team dennoch verkraften. Innenverteidiger Karol Mets knickte bei einer Defensivaktion um und konnte nicht weitermachen. Der Este gilt als hart gesotten.
Ob auch er in Nürnberg fehlen wird, bleibt abzuwarten. Gar nicht mehr auf den Schlusspfiff warten wollten die Anhänger im Millerntor-Stadion. Schon weit vorher begannen sie mit lauten Jubelgesängen. Nun hat das Warten auf die Bundesliga begonnen.
FC St. Pauli: Vasilj - Dzwigala, Wahl, Mets (80. Kemlein) - Saliakas (76. Ritzka), Irvine, Hartel, Treu - Metcalfe (89. Scheller), Eggestein, Saad (89. Boukhalfa).
Hertha BSC: Gersbeck - Kenny, Gechter, Leistner (46. M. Dardai), Karbownik - Barkok, Klemens (66. Bouchalakis) - Winkler (46. Scherhant), Palko Dardai (86. Niederlechner), Reese - Tabakovic (46. Maza).
Tore: 1:0 Saliakas (16.), 2:0 Hartel (44.). Schiedsrichter: Osmers (Hannover). Zuschauer: 29.546 (ausverkauft). Gelbe Karten: Saliakas (5) - Kenny (5). Statistiken: Torschüsse: 18:4; Ecken: 7:6; Ballbesitz: 60:40 Prozent; Zweikämpfe: 70:66; Laufleistung: 123,1:118,7Kilometer.