Hamburg. Tabellenführer, 48 Punkte und sieben Zähler Vorsprung auf Rang drei – was diese Konstellation bedeutet. Es gibt ein warnendes Beispiel.
Auch am Dienstag hieß es beim Training des FC St. Pauli wieder einmal: volle Kapelle. Mit Ausnahme von Rekonvaleszent Scott Banks (nach Kreuzbandriss) und dem aus privaten Gründen fehlenden Simon Zoller waren alle Spieler des aktuellen Profikaders auf dem immer noch neuen Trainingsrasen in Aktion. Auch der tags zuvor noch kränkelnde Außenstürmer Elias Saad mischte wieder intensiv mit.
Es scheint, als wolle es keiner versäumen, aktiv dabei zu sein, wenn die Mannschaft vom Millerntor ihren Weg in Richtung Bundesliga fortsetzt. Die nächste Station bei dieser Mission ist am Freitagabend (18.30 Uhr) das Auswärtsspiel beim Bundesliga-Absteiger FC Schalke 04, bei dem es am Montag eine stundenlange, teaminterne Krisensitzung gegeben hatte. Sogar das Training war deshalb ausgefallen.
Bei St. Pauli dagegen wurde unter den „Kiebitzen“ am Rande des Trainings auch wieder darüber diskutiert, wie wahrscheinlich es nun nach dem jüngsten 4:3-Sieg beim Verfolger Holstein Kiel ist, dass ihr Lieblingsclub am Saisonende nach 13 Jahren endlich wieder in die Bundesliga aufsteigt, und wie viele Punkte dafür nötig sein werden, um dies auf direktem Wege und nicht über den unsicheren Umweg der Relegation zu schaffen.
Bei der Antwort darauf gibt die Geschichte und die Statistik der Zweiten Liga zwar keine absolute Gewissheit, aber sicher mehr aufschlussreiche Antworten als ein Blick in die Glaskugel. Die Ausgangslage für den FC St. Pauli stellt sich nach 23 Spieltagen, also elf Spiele vor dem Saisonende, so dar: Tabellenführer, 48 Punkte und sieben Zähler Vorsprung auf Relegationsrang drei. Blickt man auf die vergangenen 28 Spielzeiten seit Einführung der Drei-Punkte-Regel zur Saison 1995/96, hat eine solche oder bessere Konstellation am Ende immer zu Platz eins oder zwei in der Abschlusstabelle geführt. Logische Schlussfolgerung: Dem FC St. Pauli ist der Aufstieg schon jetzt sicher.
Doch ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn eine absolute Garantie, dass das Millerntorteam in den kommenden Wochen bis zum letzten Spieltag weiter eifrig punktet, kann es nicht geben, auch wenn aktuell so gut wie gar nichts für einen sportlichen Einbruch spricht.
Aber auch allein schon die 48 Punkte nach 23 Spielen sind fast eine Aufstiegsgarantie. Nur in zwölf Spielzeiten hatten Teams zu diesem Zeitpunkt überhaupt so viele Punkte gesammelt. Alle stiegen direkt auf, ehe in der vergangenen Saison der mit 48 Punkten ausgestattete HSV in den letzten elf Spielen nur 18 Zähler holte und wegen eines fehlenden Punktes von Rang zwei (hinter Darmstadt/49) auf drei fiel. Es war überhaupt erst die fünfte Saison, in der 66 Punkte noch nicht einmal zum zweiten Platz reichten.
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Die höchste Punktzahl eines Tabellenzweiten waren im Übrigen die 68 Zähler, die 2011/12 Eintracht Frankfurt hinter Fürth (70) sammelte. Für den FC St. Pauli hieße dies, in den verbleibenden elf Spielen noch sechs Siege und zwei Unentschieden zu holen, was keineswegs unrealistisch erscheint. Absoluter Minimalist war vor genau 20 Jahren Arminia Bielefeld. 56 Punkte reichten den Ostwestfalen damals zu Rang zwei, nachdem sie nach 23 Spieltagen mit nur 33 Punkten lediglich auf Platz sechs gestanden hatten.
Ein krasses Negativbeispiel sollte allerdings eine Warnung für alle von Aufstiegsaussichten euphorisierten St.-Pauli-Anhänger sein. Die SpVgg. Greuther Fürth, in der ewigen Tabelle der Zweiten Liga Spitzenreiter vor St. Pauli, war in der Saison 1998/99 nach 23 Spieltagen mit 45 Punkten Tabellenführer, gewann danach keines der letzten elf Spiele, holte nur noch vier Punkte und stürzte bis zum Saisonende auf Platz acht ab. Bei einem derartigen Einbruch hätten auch keine 48 Punkte nach 23 Spielen etwas genützt.