Hamburg. Der griechische Rechtsverteidiger kam abermals glimpflich davon. Wie der DFB die Situation im Nachhinein beurteilt.

Alexander Feuerherdt ist Inhaber eines durchaus angenehmen Jobs. „Ich muss gerade Fußball gucken", bittet der Schiedsrichter-Sprecher des Deutschen Fußball-Bunds am Sonntagabend um Entschuldigung, als ihn das Abendblatt anruft. Auch am Montagmorgen muss der Kölner immer noch Fußball gucken.

Gemeinsam mit seinen Kollegen geht es um die Einordnung und Analyse strittiger Situationen vom Wochenende. Darunter auch eine vom 1:0-Sieg des FC St. Pauli gegen Eintracht Braunschweig, die Manolis Saliakas involviert - aber im Millerntor-Stadion kaum diskutiert wurde. Der Aufreger dort war stattdessen die Gelb-Rote Karte für Elias Saad (67.).

Hätte St. Paulis Saliakas vom Platz verwiesen werden müssen?

Wobei die Meinungen über den Platzverweis des Linksaußens auseinanderdrifteten. Von „von dem ersten Foul trifft er ihn nicht" bis zu „für das Einsteigen vor dem zweiten Foul hätte er glatt Rot verdient" reichte die Bandbreite. Und auch bei Saliakas ist die Sachlage nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick wirkt.

Demzufolge versucht, der Grieche im Fallen mit dem linken Bein nach seinem Gegenspieler Florian Krüger zu treten, mit dem er unmittelbar zuvor einen Zweikampf bestritten hatte. Eine andere Perspektive verrät wiederum, dass der Braunschweiger dem Rechtsverteidiger im besagten Duell auf den rechten Fuß gestiegen war.

Affekthandlung schützt vor Bestrafung nicht

„Und das tat offensichtlich richtig weh", sagt Feuerherdt. Wenngleich der 54-Jährige verdeutlicht, dass auch eine Affekthandlung nicht vor einer Bestrafung schützt. Hartes Einsteigen ist kein Argument für grobe Revanche-Aktionen.

Schiedsrichter Florian Heft (Neuenkirchen) sei die Situation direkt bewusst geworden, er habe mit sich gerungen, letztlich jedoch von einer Bestrafung Saliakas' oder beider Spieler abgesehen, da die Partie zu diesem Zeitpunkt bereits unruhig war. Zumal die Akteure umgehend weiterspielten und sich nicht auf weitere Scharmützel einließen.

Weswegen der VAR nicht eingriff

In der Nachbetrachtung wohl nicht die optimale Entscheidung. „Rot wäre vertretbar gewesen, wenngleich nicht zwingend notwendig. Es war eine Unsportlichkeit von Saliakas, aber durchaus noch an der Grenze zur Tätlichkeit, weil das Kriterium der Brutalität aus Sicht der Unparteiischen nicht zweifelsfrei erfüllt war. Dass es aber nicht mal die Gelbe Karte gab, war nicht richtig", sagt Feuerherdt.

Der Video-Assistent habe nicht eingegriffen, weil es aus seiner Sicht ebenfalls kein klar rotwürdiges Foul war. Für eine Gelbe Karte meldet sich der Kölner Keller nicht extra. Eine nachträgliche Bestrafung nach Beendigung des Spiels ist ausgeschlossen.

Saliakas ist schon mehrfach auffällig geworden

Es ist nicht das erste Mal, dass Saliakas auffällig wird. Der 27-Jährige ist ein Grenzgänger zwischen spielerischer Aggressivität und Impulsivität. Es erstaunt, dass er in dieser Zweitligasaison erst drei Gelbe Karten gesehen hat.

Am vorvergangenen Wochenende hatte der griechische Nationalspieler bereits im Fokus gestanden, als würde er Magdeburgs Mo El Hankouri mit dem Knie zu Boden drücken. Eine Tätlichkeit?

Hürzeler: „Kommentiere Schiedsrichterentscheidungen nicht"

Saliakas sah jedenfalls nur Gelb. „Der Video-Assistent hatte den Verdacht, benötigt aber Zweifelsfreiheit. Die verschiedenen Kameraeinstellungen haben eine Tätlichkeit von Saliakas erahnen lassen, aber nicht hundertprozentig nachgewiesen", sagt Feuerherdt.

Gar nichts sagen wollte St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler: „Ich habe eine Sache gelernt, nämlich keine Entscheidungen der Schiedsrichter öffentlich zu kommentieren." Der 30-Jährige bemerkte lediglich, Saad hätte vor seinem Platzverweis cleverer agieren können, „aber das sind Erfahrungswerte, die in seiner jungen Karriere dazu gehören".

Feuerherdt wird genau beobachten, ob Saad aus seinen Fehlern lernen wird und Saliakas auch weiterhin glimpflich davonkommen wird. Wenn er wieder Fußball gucken „muss".