Hamburg. Die Kiezkicker gewinnen trotz Unterzahl mit 1:0 gegen Eintracht Braunschweig und setzten sich auf sieben Punkte von Platz drei ab.
Die Trainingswoche auf Mallorca hat sich für den FC St. Pauli bezahlt gemacht. Zurück in der Heimat besiegten die Kiezkicker am Sonntagnachmittag Eintracht Braunschweig im Millerntor-Stadion mit 1:0 (1:0).
Der Schritt in Richtung Bundesliga ist in etwa so groß wie die Distanz zwischen Hamburg und Palma. Auf sieben Punkte hat sich die Mannschaft von Cheftrainer Fabian Hürzeler nun auf den auf Relegationsplatz drei befindlichen HSV abgesetzt.
FC St. Pauli besiegt Eintracht Braunschweig
Eine Änderung nahm Hürzeler im Vergleich zur ersten Pflichtspielniedelage der Saison am vergangenen Sonnabend beim 1. FC Magdeburg (0:1) vor. Es wäre eine, die überraschte und zugleich nicht überraschend kam.
Jackson Irvine kehrte erstmals seit seiner Rückkehr in die Stammelf zurück. "Jacko ist mein Kapitän, wenn er sich fit und bereit meldet, spielt er", hatte Hürzeler seine Entscheidung vor der Partie bei Sky begründet. Keine Überraschung also.
Irvine kommt für Kemlein zurück
Eigentlich. Denn Irvine hatte unter der Woche auf Mallorca erst am Mittwoch wieder vollständig mit dem Mannschaftstraining begonnen und war zuletzt sehr gut von Union-Berlin-Leihgabe Aljoscha Kemlein vertreten worden. "Für Josch war es hart, weil es eigentlich keinen Grund gab, ihn herauszunehmen", sagte Hürzeler.
Der Grund, Irvine hereinzunehmen, wurde früh ersichtlich. Es drohte, eine zähe, physische Angelegenheit zu werden. Die Niedersachsen standen in ihrem 5-3-2 extrem tief und griffen zumeist erst hinter der Mittellinie an.
Erste Großchance besitzt Braunschweig
Vor allem das Zentrum war vollends verbarrikadiert, weswegen die Hamburger das Spiel breit zu machen versuchten. Ertragreiches sprang dabei trotz zeitweise 75 Prozent Ballbesitz zunächst nicht heraus.
Zumindest nicht für die Platzherren. Denn die Eintracht hätte mit der ersten dicken Chance im Spiel in Führung gehen müssen, als Irvine nach einer Ecke zunächst klärte, Rayan Philippe die aufgerückte St.-Pauli-Abwehr mit einem Pass hinter die Kette auf Thorir Johann Helgason überraschte. Der Isländer - im Hinspiel noch Torschütze - schoss aber völlig blank vor Nikola Vasilj aus gut sechs Metern am Gehäuse vorbei (23.).
Afolayan bringt St. Pauli in Führung
Auf der Gegenseite blieb es bei Halbchancen und der Suche nach dem Schlüssel hinein ins Defensivbollwerk. Eric Smith, der sich defensiv zwischen beide Innenverteidiger fallen ließ, agierte in Ballbesitz (also so gut wie immer) als offensiv ausgerichteter Sechser, um den Schweden herum zogen die Außenverteidiger breit.
Doch der Schlüssel, er lag in des Gegners Hand. So war es nämlich Robert Ivanov, der eine Ablage von Marcel Hartel vor die Füße von Oladapo Afolayan klärte. Der Engländer musste aus kurzer Distanz nur draufhalten - 1:0 (32.).
Partie nimmt Fahrt auf und wird ruppiger
Nun musste Braunschweig öffnen, und die Begegnung nahm gewaltig an Fahrt auf. Im Guten: Kopfball Johannes Eggestein (35.), knapp vorbeigezogener Schuss von Irvine und Glanzparade von Vasilj gegen Ivanov auf der Linie (40.).
Aber auch im Schlechten: Elias Saad kassierte seine fünfte Gelbe Karte (39.) und wird kommenden Freitag beim Spitzenspiel bei Holstein Kiel gesperrt fehlen. Niklas Tauer holte Afolayan aus vollem Lauf von den Beinen und wurde dafür ebenfalls verwarnt (40.).
Eintracht muss nach der Halbzeit kommen
Zum Abkühlen ging es in die Halbzeit. Ob dort der ein oder andere Akteur bereits ein Eisbad nahm, ist nicht überliefert. Jedenfalls dauerte es nach Wiederbeginn, bis beide Mannschaften wieder auf Betriebstemperatur kamen.
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St. Pauli als defensiv stabilstes Team der Zweiten Liga konnte mit der Führung im Rücken die Gäste kommen lassen. Es kam zwar wenig, doch die vorherige Dominanz am Ball abzugeben, war nicht risikofrei.
Saad wird mit Gelb-Rot vom Platz gestellt
Umso hilfreicher wäre es gewesen, die Doppelchance nach einer Hartel-Ecke wäre ertragreich gewese (65.). Aber Hauke Wahl spitzelte den Ball am langen Pfosten nur an die Latte, Irvine setzte den darauf folgenden Kopfball knapp darüber.
Das Aluminium zitterte noch, da begann das große Zittern des FC St. Pauli. Denn Saad wurde nach rüdem Einsteigen gegen Ermin Bicakcic mit Gelb-Rot vom Platz gestellt (67.). Nun musste eine Hürzeler-Masterclass im Verteidigen folgen.
Führung wird über die Zeit gerettet
Die Braun-Weißen gaben Braunschweig fortan eine große Dosis ihrer eigenen Medizin: Fünferkette (5-3-1 mit Hartel als einzigem Angreifer), tief einigeln, Schüsse abblocken, Bälle lang klären. Dass der Spitzenreiter bis hierhin nur selten spielerisch überzeugt und der Abstiegskandidat die größeren Chancen hatte, war nun völlig egal. Es ging einzig und allein darum, die drei Punkte zu verteidigen.
Und das gelang. Ernsthafte Angriffe wurden im Keim erstickt, immer wieder kam es zu Entlastungsschlägen. Mit Beginn der Nachspielzeit feierte das Publikum - deutlich stilvoller, als dies auf Mallorca der Fall ist.
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas (83. Ritzka), Irvine, Hartel (90.+2 Boukhalfa), Treu - Afolayan (83. Kemlein), Eggestein (69. Metcalfe), Saad.
Eintracht Braunschweig: Casali - Ivanov (79. Ujah), Bicakcic, Kurucay - Rittmüller, Kaufmann, Tauer (73. Finndell), Helgason, Donkor (79. Lucoqui) - Gomez (69. Krüger), Philippe (69. Sané).
Tore: 1:0 Afolayan (32.). Schiedsrichter: Heft (Neuenkirchen). Zuschauer: 29.546 (ausverkauft). Gelbe Karten: Irvine (6) - Tauer (3), Ujah. Gelb-Rote Karte: Saad. Statistiken: Torschüsse: 10:9; Ecken: 5:4; Ballbesitz: 60:40 Prozent; Zweikämpfe: 60:77; Laufleistung: 118,6:115,0 Kilometer.