Magdeburg. Auseinandersetzungen am Bahnhof in Magdeburg nach der 0:1-Niederlage des FC St. Pauli. Worum es dabei ging und was die Polizei sagt.

Rund 2700 Anhänger des FC St. Pauli hatten ihr Team am Sonnabend zum Zweitliga-Auswärtsspiel beim 1. FC Magdeburg begleitet. Nachdem es im Umfeld des Stadions und auch während des Spiels in der MDCC-Arena zwischen den rivalisierenden Fangruppen beider Teams weitgehend ruhig geblieben war, kam es nach dem Spiel am Bahnhof Magdeburg-Neustadt zu erheblichen Konflikten zwischen den Hamburger Anhängern und der Polizei.

In einer Stellungnahme, die dem Abendblatt vorliegt, wirft die Braun-Weiße Fanhilfe des FC St. Pauli den dort positionierten Einsatzkräften der Bundespolizei „massive Angriffe“ vor: Die Polizeikräfte schlugen mit Fäusten, Kniestößen und Fußtritten auf die St. Paulianerinnen ein“, heißt es dort nach Augenzeugenberichten, „die auf dem Bahnsteig positionierte Bundespolizei reagierte direkt körperlich eskalativ.“

St. Paulis Fans kritisieren Polizei: Der Auslöser

Nach Informationen des Abendblatts wurden die Auseinandersetzungen dadurch ausgelöst, dass die Bundespolizei eine größere Fangruppe, die am Bahnhof noch auf andere St.-Pauli-Anhänger wartete, aufforderte, in den hinteren Zugteil einzusteigen. Die Fans konnten keinen Grund dafür erkennen. Sie warteten auch deshalb so lange am Bahnhof, weil sich der Transport vom Stadion zum Bahnhof in insgesamt nur drei Shuttle-Bussen sehr lange hinzog.

Diese Aufforderung soll sogar von sogenannten „Szenekundigen Beamten“ (SKB) als übertrieben eingestuft worden sein. Die SKB sollen dabei dazu geraten haben, die Fans an Ort und Stelle warten zu lassen.

Fanhilfe geht von schweren Verletzungen aus

Gleichzeitig sollen die Bundespolizisten jedoch versucht haben, St.-Pauli-Anhänger durch körperliche Gewalt im vorderen Teil des Zuges, in welchem sich auch Magdeburger Anhänger befanden, zum Aussteigen zu zwingen. „Es entwickelte sich eine unübersichtliche und konfuse Situation“, schildert die Braun-Weiße Hilfe den Vorfall.

Die Fanhilfe forderte Fans jetzt auf, sich bei ihr zu melden, wenn sie auch von „Polizeigewalt“ betroffen seien. Man müsse davon ausgehen, dass es zu schweren Verletzungen gekommen sei. Gleichzeitig forderte die Fanhilfe des FC St. Pauli die Bundespolizei zur Deeskalation auf.

Fanhilfe kritisiert „katastrophales Abreisekonzept“

Mitverantwortlich für die Eskalation ist nach Auffassung der Hamburger Fanhilfe ein „katastrophales Abreisekonzept“. So hätten nur drei Gelenkbusse für rund 750 Fans zur Verfügung gestanden, die zudem nicht direkt zum Bahnhof Neustadt gefahren sind, sondern zu einem anderen Bahnhof. Von dort mussten die Hamburger mit einem Nahverkehrszug nach Neustadt gelangen.

Die Magdeburger Bundespolizei teilte auf Anfrage unterdessen mit, dass Mitglieder der St.-Pauli-Fanszene schon bei der Anreise in einem Regionalexpress Kameras abgeklebt hätten.

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Polizei stellte Straftaten an Bahnhöfen fest

Im Rahmen der Abreisephase musste die Bundespolizei weitere Straftaten im Bereich der Bahnhöfe Magdeburg-Neustadt und Wolmirstedt feststellen. Zu den Vorfällen bei der Abreise heißt es in der Stellungnahme der Polizei: „Gegen 16.55 Uhr kam es durch einen 20-jährigen Deutschen und zwei bisher unbekannte Täter der Gäste zu Angriffen mittels Faustschlägen in Richtung der Einsatzkräfte. Dementsprechend wurden mehrere Strafverfahren wegen des Angriffs auf und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Glücklicherweise wurde keiner der Beamten verletzt.“

Und weiter: „Um die Weiterfahrt am Bahnhof Magdeburg-Neustadt zu sabotieren, zogen bisher unbekannte Täter gegen 17 Uhr die Notbremsen des Regionalexpresses in Richtung Uelzen. Entsprechende Ermittlungsverfahren wegen des Missbrauchs von Nothilfeeinrichtungen wurden eingeleitet.“

Und auch an einem anderen Magdeburger Bahnhof gab es laut Bundespolizei rund drei Stunden nach dem Spiel weitere Vorfälle. Dort sollen etwa 50 Magdeburger Fans einschließlich Minderjähriger längere Zeit festgehalten worden sein.

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Dazu heißt es seitens der Polizei: „Gegen 18 Uhr kam es zu einem Landfriedensbruch am Bahnhof Wolmirstedt zwischen Magdeburger Fußballfans und einer unbekannten Zahl von St.-Pauli-Anhängern. Den verbalen Provokationen folgten wechselseitig Flaschenwürfe. Vor Ort befindliche Bundespolizisten mussten Pfefferspray einsetzen, um weitere Angriffe, auch in Richtung der Beamten, zu verhindern. Der Regionalexpress in Richtung Uelzen mit den Gästefans setzte seine Fahrt nach kurzer Zeit fort. Ob es bei diesem Sachverhalt zu Verletzungen kam, ist nach bisherigen Erkenntnissen unklar. Weitere hinzugezogene Kräfte der Landes- und Bundespolizei bereinigten die Situation und stellten vor Ort die Identitäten von Tatverdächtigen fest. Ein entsprechendes Strafverfahren wurde eingeleitet.“

St. Paulis Fanhilfe kritisiert Ausrüstung des Ordnungsdienstes

Kritik übt die Braun-Weiße Hilfe auch am Ordnungsdienst im Stadion, der „sich in einem konfrontativen Verhältnis zum Gästeanhang sah“. Mehrere Ordner trugen demnach Handschuhe mit Protektoren oder Quarzsandfüllung, zur Verstärkung von Faustschlägen. Ferner fiel bei einem Ordner auf, dass dieser sogar ein sichtbares Messer mit sich führte.