Magdeburg. Ein Torwartpatzer sorgt in Magdeburg für die erste Saisonniederlage. Schon vor dem Anpfiff gab es ein ärgerliches Problem.
Nach 25 Zweitligaspielen ohne Niederlage hat es den FC St .Pauli wieder erwischt. Die 0:1 (0:0)-Niederlage beim 1. FC Magdeburg war nach einer vergleichsweise mäßigen Gesamtleistung durchaus verdient. Entscheidend war ein Patzer von Torwart Nikola Vasilj.
„Wir haben es, über die 90 Minuten gesehen, nicht verdient zu gewinnen, weil wir es nicht geschafft haben, den Ballbesitzfußball so zu spielen, wie wir uns das vorgestellt haben, und es auch nicht geschafft haben, die persönlichen Duelle zu gewinnen“, resümierte St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler ohne Schönrednerei die Partie. „Wenn wir die Eins-gegen-eins-Duelle gewonnen haben, dann war es in den irrelevanten Zonen.“
St. Paulis Trainer Hürzeler: „Nicht verdient, zu gewinnen“
Verteidiger Hauke Wahl sah es ähnlich: „Wir haben heute die persönlichen Duelle nicht so gewonnen wie zuletzt. Damit haben wir den Gegner stark gemacht. Wir waren in der einen oder anderen Situation ein bisschen fahrlässig und unkonzentriert. Deshalb haben sind wir nicht richtig ins Spiel gekommen“, stellte er nach dem Spiel treffend fest.
„Defensiv haben wir eigentlich gar nicht so viel zugelassen. Magdeburg hatte nur zwei große Chancen, die beide aus unseren Fehlern resultierten“, sagte er weiter. Einer davon war der schlechte Pass von Keeper Vasilj auf Verteidiger Karol Mets (72.), der zum entscheidenden Gegentor führte.
St. Paulis Trainer Hürzeler hatte vor dem Spiel keinen Anlass gesehen, seine Startelf gegenüber dem 3:2-Heimsieg gegen die SpVgg. Greuther Fürth zu verändern. Bei der Besetzung des Kaders verzichtete er aber auf Kapitän Jackson Irvine, der nach seiner Rückkehr vom Asien-Cup noch nicht wieder komplett einsatzbereit war. Dagegen saß Irvines australischer Landsmann Connor Metcalfe, der ebenfalls bis vor gut einer Woche beim Asien-Cup war, auf der Reservebank.
„Jackson ist ein Spieler, der immer 110 Prozent geben will. Nach der physischen, aber auch mentalen Belastung des Asien-Cups war er jetzt noch nicht wieder bereit dazu. Ich denke aber, dass er in einer Woche wieder dabei sein wird", sagte Hürzeler.
Anreise des Mannschaftsbusses dauerte deutlich länger als geplant
Zuvor hatte sich die St. Paulianer darüber geärgert, dass die Anreise vom Teamhotel ins Stadion deutlich länger als geplant gedauert hatte. Für die nur gut drei Kilometer brauchte der Bus mehr als eine halbe Stunde, weil er über einen langen Umweg geführt wurde und dabei auch lange Zeit vor einer geschlossenen Bahnschranke warten musste. Erst gut eine Stunde vor dem Anpfiff erreichte der Bus schließlich die MDCC-Arena. Als Grund nannte die Polizei den Fanmarsch der St.-Pauli-Anhänger zum Stadion. Wobei diese den Teambus sicherlich hätten passieren lassen.
„Wenn du statt fünf Minuten 45 Minuten und dann über Land fährst, weiß du, dass irgendwas schiefläuft. Das ist natürlich kein schönes Gefühl. Wir lassen das nicht als Ausrede gelten, aber es definitiv eine schlechtere Vorbereitung“, kommentierte Hürzeler. „Aber im Fußball sind ja alle Mittel erlaubt.“
Unmittelbar nach dem Anpfiff starteten die St.-Pauli-Anhänger im Gästeblock für knapp fünf Minuten eine neue Art des Protest gegen den geplanten Einstieg eines Investors beim Ligaverband DFL. Mit Trillerpfeifen sorgten sie für eine ungewohnte und unangenehme Geräuschkulisse. Schiedsrichter Max Burda sah allerdings keinen Anlass, deshalb das Spiel zu unterbrechen. Er hatte nicht das Gefühl, dass seine spielbedingten Pfiffe in dem schrillen Konzert von den Rängen untergehen könnten.
St.-Pauli-Fans protestieren mit Trillerpfeifen gegen DFL-Investoreneinstieg
Einen Torpfiff hätte Burda in dieser anfänglichen Konzertphase schon anbringen können, wenn St. Pauli Mittelstürmer Johannes Eggestein das gute Zuspiel von Oladapo Afolayan besser verwertet hätte. Am Elfmeterpunkt stand Eggestein in der fünften Minute völlig allein, hatte aber Probleme, den Ball unter Kontrolle zu bringen. Schließlich wurde sein Schuss noch zur Ecke abgefälscht.
Auf der Gegenseite musste St. Paulis Torwart Nikola Vasilj seinen rechten Fuß ausfahren, um den Schrägschuss von Magdeburgs Außenbahnspieler Herbert Bockhorn abzuwehren (13.). Danach aber konnten sich beide Teams nicht entscheidend durchsetzen, St. Pauli musste nur bei zwei potenziell gefährlichen Schüssen von Luca Schuler (25.) und Mohammed El Hankouri (43.) ein wenig Sorge haben. Doch beide Male flogen die Bälle weit über das Tor.
St. Paulis Offensivspiel fehlt es an Inspiration und Konsequenz
Insgesamt ließen die Hamburger den sonst meist gezeigten Zug zum gegnerischen Tor nach der Anfangsphase vermissen. Die Offensivbemühungen wirkten ein wenig uninspiriert und nicht konsequent genug. Der holprige Platz tat für beide Teams ein Übriges, dass ein schnelles und präzises Kombinationsspiel kaum einmal zustande kam. Nicht zufällig versuchten es die Magdeburger häufig mit langen Bällen aus dem Mittelfeld auf ihren Mittelstürmer Schuler, der seinerseits mehrmals zu früh startete und damit im Abseits war.
Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. FC St. Pauli 34 / 62:36 / 69
2. Kiel 34 / 65:39 / 68
3. Düsseldorf 34 / 72:40 / 63
4. HSV 34 / 64:44 / 58
5. Karlsruhe 34 / 68:48 / 55
6. Hannover 34 / 59:44 / 52
7. Paderborn 34 / 54:54 / 52
8. Fürth 34 / 50:49 / 50
„Wir haben keine zufriedenstellende erste Halbzeit gespielt“, befand später Johannes Eggestein. „In der zweiten Hälfte waren wir eigentlich besser im Pressing. Das Gegentor hat uns dann aber aus dem Rhythmus gebracht.“
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Etwas gefährlicher für das Magdeburger Tor wurde es zu Beginn der zweiten Hälfte, als Eggestein den Ball eroberte und sein Pass auf Afolayan nur etwas zu scharf war (47.) und Hartel mit seinem Kopfball an Magdeburgs Torwart Dominik Reimann scheiterte (50.). Für Herzrasen im St.-Pauli-Lager sorgte dann Keeper Vasilj, als er bei einem Passversuch den eingewechselten Magdeburger Stürmer Luc Castaignos traf, von dessen Fuß der Ball hoch in die Luft flog. Am Ende konnte die brenzlige Situation geklärt werden.
Metcalfe verpasst schnelles Jokertor
Auch St. Paulis erstem eingewechselten Spieler hätte ein Jokertor gelingen können, als er Eggesteins Zuspiel im Fünfmeterraum direkt verwertete, aber am reaktionsschnellen Reimann scheiterte. (63.)
Nicht ganz zufällig war, wie das Magdeburger 1:0 (72.) zustande kam. Der schon zuvor mit seinen fußballerischen Einlagen nicht ganz sichere Torwart Vasilj spielte einen viel zu langsamen Pass auf den im Rückwärtslaufen befindlichen Karol Mets. Xavier Amaechi konnte den Ball erobern und ihn zum freistehenden Topscorer Baris Atik spielen, der problemlos ins verlassene Tor traf.
Saliakas leistet sich Gerangel mit El Hankouri
„Es war eigentlich ein typisches Unentschieden-Spiel, aber dann passieren im Fußball eben individuelle Fehler. Auch das gehört zu unserer Entwicklung dazu“, kommentierte später Trainer Hürzeler die entscheidende Szene des Spiels. „Wir müssen es aufarbeiten, wie es zustande kam.“
Zur Aufarbeitung wird auch gehören, dass Außenverteidiger Manolis Saliakas seine Emotionen etwas besser in den Griff bekommen sollte. Bei einem Gerangel mit Mohammed El Hankouri forderten einige auf der Magdeburger Bank die Rote Karte für den Griechen. Schiedsrichter Max Burda zeigte indes beiden Streithähnen Gelb, was vertretbar war, weil keine klare Tätlichkeit vorlag.
St. Pauli verliert nach 25 ungeschlagenen Ligaspielen erstmals wieder
In der Schlussphase gelang es St. Pauli auch trotz diverser Wechsel nicht mehr, die erste Niederlage nach 25 ungeschlagenen Punktspielen noch abzuwenden. Am Ende hat das Millerntorteam es verpasst, seine Tabellenführung weiter zu festigen. Schlusswort Fabian Hürzeler: „Niederlagen sind dazu da, um daraus zu lernen.“ Dies wird von Montag an fünf Tage im Kurztrainingslager auf Mallorca geschehen.
1. FC Magdeburg: Reimann - Müller, Elfadli, Heber - Gnaka (90. Hoti), Bockhorn, Bell Bell (57. Krempicki), El Hankouri - Amaechi (86. Nollenberger), Schuler (46. Castaignos), Atik.
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas (82. Albers), Kemlein (66. Boukhalfa), Hartel, Treu (82. Ritzka) - Afolayan, Eggestein (82. Maurides), Saad (62. Metcalfe).
Tor: 1:0 Atik (72.); Schiedsrichter: Max Burda (Berlin); Gelbe Karten: El Hankouri (3) - Kemlein (2), Saliakas (3); Zuschauer: 25.187; Statistik: Torschüsse: 9:11, Ecken: 2:4, Ballbesitz: 51:49 Prozent; Zweikämpfe: 71:85; Laufleistung: 114,45:122,5 Kilometer.