Düsselsdorf/Hamburg. Die Kosten für das Zweitligaspitzenspiel der Fortuna gegen den FC St. Pauli übernehmen Sponsoren. Auch ein Modell für den Kiezclub?
52.000 Zuschauer, natürlich ausverkauft! Den FC St. Pauli erwartet am Sonnabendabend zur Primetime (20.30 Uhr/Sky und Sport1) bei Fortuna Düsseldorf im Zweitligaspiel ein stimmungsvolles Tollhaus. Fünfter gegen Erster, da werden im Kampf um den Bundesligaaufstieg vielleicht schon Weichen gestellt.
Wobei – „ausverkauft“ ist eher falsch. Rappelvoll ist das Stadion schon, aber kaufen musste keiner der Fans sein Ticket. Nach dem Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern am 21. Oktober (4:3) ist die Partie gegen die Hamburger der zweite Teil des Projekts „Fortuna für alle“.
Drei Spiele in dieser Saison sind gratis
Das heißt, dreimal in dieser Saison haben die Zuschauer freien Eintritt in die Arena am Rhein. Der dritte Gratisspieltag folgt am 6. April gegen Eintracht Braunschweig. Möglich ist das durch drei Sponsoren (Hewlett Packard Enterprise, Targobank und Common Goal), die der Fortuna pro Spieltag eine Million Euro bezahlen, und dadurch praktisch alle Karten erwerben.
In der kommenden Saison soll diese Zahl auf zehn Spiele gesteigert werden. Und in nicht allzuferner Zukunft dann die gesamte Spielzeit für die Besucher kostenfrei sein. „Wir wollen, dass alle Fußball in Düsseldorf erleben können und die Fortuna damit wieder viel stärker in unserer Stadt verankern“, erklärt Düsseldorfs Vorstandsvorsitzender Alexander Jobst die revolutionäre Idee.
FC St. Pauli hat 5000 Freikarten erhalten
Die Fans des FC St. Pauli profitieren am Sonnabend also auch von diesem im deutschen Fußball bislang einmaligen Modell. Die rund 5000 Gästekarten wurden ebenfalls kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Fanladen kassiert nur die immer übliche Bearbeitungsgebühr von einem Euro für Organisation und Verteilung.
Selbstverständlich waren die Tickets für den Gästeblock innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Das wären sie aber ohnehin, auch wenn sie einen normalen Eintrittspreis gekostet hätten. Mit durchschnittlich 3.738 Fans liegen die Anhänger der Kiezkicker auf Platz fünf der Auswärtsfahrertabelle in Liga zwei.
Der FC St. Pauli lehnt Freitickets für alle ab
Für St. Pauli-Präsident Oke Göttlich ist diese Düsseldorfer Idee auch keine so gute. „Wir haben uns mit einem solchen Modell nicht intensiv beschäftigt, da wir der Meinung sind, dass der Stadionbesuch grundsätzlich etwas wert ist, und zwar nicht nur in Bezug auf das sportliche Geschehen“, sagt Göttlich auf Anfrage des Abendblatts.
„Vielmehr ist das Stadion auch ein Ort für einen Zusammenkunft und sozialen Austausch. Auch das hat einen Wert. Aus diesem Grunde halten wir es für richtig und auch gerechtfertigt, dass wir Eintritt für die Profispiele erheben“, begründet er weiterhin die Haltung des Clubs.
Stadionauslastung in Düsseldorf nur bei 56,9 Prozent
Der FC St. Pauli hat auch keine Notwendigkeit, seine Besucher mit Gratistickets zu locken. Das Millerntor ist praktisch ständig ausverkauft. Das war in Düsseldorf nicht immer so. Dort kamen in der vergangenen Saison durchschnittlich 29.583 Zuschauende. Das entspricht einer Auslastung von nur 56,9 Prozent.
Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller unterstützt deshalb als „Hauherr“ der städtischen Arena diese Aktion, die „den Fußball für alle öffnen und wieder stärker in der Stadt und den Herzen ihrer Bürgerinnen und Bürger verankern soll.“
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Mittlerweile wächst aber auch Skepsis an dem Projekt. Viele Kritiker denken, dass die Partie gegen St. Pauli ohnehin ausverkauft gewesen wäre. Die Gratisaktion bedeutet also einen finanziellen Verlust für die Fortuna, eine Million Euro für die Tickets von den Sponsoren ist schließlich nicht besonders viel. Der HSV beispielsweise nimmt rund 1,5 Millionen Euro in einem ausverkauften Volksparkstadion ein.
Vor allem aber glauben manche, dass die Sponsoren diese Aktion vor allem ermöglichen, um an die Daten von Besuchern zu kommen. Wer ein Ticket gewinnen möchte, muss sich registrieren. Und auch die Dauerkarteninhaber, die anteilig den Kartenpreis ersetzt bekommen, müssen ihre Daten hinterlassen.
Es wird interessant, wie das Düsseldorfer Experiment ausgeht. Für die Hamburger Fans aber gilt am Sonnabend zunächst: Sie unterstützen ihr Team umsonst, aber hoffentlich nicht vergebens.