Hamburg. Nach seinem starken Einstand bei St. Pauli will sich Aljoscha Kemlein etablieren. Was Bruder Nikolai mit seinem Können zu tun hat.
Es war ein Satz, in den man etwas Hinterhältiges hineininterpretieren könnte, wenn man denn böswillig ist. „.Für seinen persönlichen Erfolg wünsche ich ihm natürlich, dass er möglichst lange beim Asien-Cup ist“, sagte am Dienstag Aljoscha Kemlein über Jackson Irvine. Dazu muss man wissen, dass der 19 Jahre junge Kemlein seit gut zwei Wochen beim FC St. Pauli ist, um hier die Lücke im Mittelfeld zu schließen, die Kapitän Irvine (30) hinterlässt, solange er mit der australischen Nationalmannschaft beim Asien-Cup in Katar spielt.
Dies dürfte für Irvine genauso wie für seinen St.-Pauli-Kollegen und Landsmann Connor Metcalfe (24) tatsächlich noch etwas länger gelten. Nach dem 1:1 (1:0) im letzten Gruppenspiel gegen Usbekistan steht fest, dass die Australier als Sieger der Vorrundengruppe B im Achtelfinale an diesem Sonntag auf einen der besten vier Gruppendritten treffen werden und damit beste Chancen haben, auch ins Viertelfinale am 2./3. Februar einzuziehen.
FC St. Pauli noch mindestens drei Spiele ohne Irvine und Metcalfe
In dieser Zeit stehen für St. Pauli und damit auch für Aljoscha Kemlein die Zweitligaspiele in Düsseldorf an diesem Sonnabend (20.30 Uhr) und gegen Greuther Fürth am 3. Februar (13 Uhr) sowie das DFB-Pokal-Viertelfinale ebenfalls gegen Düsseldorf am 30. Januar (20.45 Uhr) auf dem Plan. Viel Gelegenheit also für den vom 1. FC Union Berlin ausgeliehenen Kemlein, sich nach seinem starken Einstand am vergangenen Sonnabend beim 2:0 gegen Kaiserslautern auf Irvines angestammter Position im Mittelfeld des FC St. Pauli zu profilieren.
Läuft es für Irvine, Metcalfe und ihre „Socceroos“ optimal beim Asien-Cup, bleiben sie sogar bis zum Finale am 10. Februar im Wüstenstaat. An jenem Tag spielt St. Pauli in Magdeburg. Doch irgendwann wird Irvine wieder im Trainingszentrum an der Kollau aufschlagen. Was wird dann aus Kemlein? Dass ein gesunder und fitter Kapitän Irvine eine Art Einsatzgarantie besitzt, hatte Trainer Fabian Hürzeler schon zu Saisonbeginn betont. Gleiches gilt für Abwehrchef Eric Smith und inzwischen zweifellos für Topscorer Marcel Hartel.
Aljoscha Kemlein war seit 2016 bei Union Berlin
„Mit dem Thema beschäftige ich mich jetzt noch nicht. Vom Gefühl her war es der richtige Schritt, hierherzukommen und unter einem neuen Trainer zu arbeiten“, sagte der ruhig und bescheiden auftretende Aljoscha Kemlein am Dienstag nach einer intensiven Trainingseinheit, in der er erneut mit gelungenen Aktionen auf sich aufmerksam machen konnte. „Es war auch richtig, einmal aus Berlin herauszukommen, um den nächsten Schritt zu machen“, sagte der in Kreuzberg aufgewachsene und seit 2016 bei Union Berlin ausgebildete Mittelfeldakteur.
Mehr zum FC St. Pauli
- St. Pauli steht als Gejagter die Wutprobe bevor
- FC St. Pauli: Starkes Millentor-Debüt von Aljoscha Kemlein
- FC St. Pauli nach Sieg gegen Kaiserslauten zurück an der Tabellenspitze
Die Grundlage für seine Ballhandlung, Passsicherheit und Qualität auch im Torabschluss wurden schon früh beim nahezu täglichen Kicken gelegt. Da traf es sich gut, dass er einen zwei Jahre älteren Bruder hatte, an dem er sich orientieren und mit dem er sich messen konnte. Es kam sogar noch besser.
Nikolai Kemlein entschloss sich irgendwann, Torwart zu werden. „Ich weiß nicht genau, wie es passiert ist. Für mich war das nie ein Thema, sich im Tor abschießen zu lassen“, sagte Kemlein jetzt. Umso mehr hatte er die Chance, seine Schusstechnik zu üben. „Wir haben viel zu zweit, aber auch mit Freunden sehr viel gekickt. Das hat meine Kindheit geprägt“, erzählte er.
St. Paulis Leihgabe Kemlein spielte schon im Bernabeu-Stadion
Eine Erfahrung hat Aljoscha Kemlein übrigens seinen neuen Teamkollegen bei St. Pauli voraus. Sieben Minuten durfte er im September beim Champions-League-Spiel von Union Berlin im berühmten Bernabeu-Stadion bestreiten. Dass es da mit dem 0:1 eine Niederlage gegen Real Madrid setzte, war in dem Fall Nebensache. „Da war ich schon nervöser als jetzt im Millerntor-Stadion. Aber das hat mir auch geholfen, um jetzt nicht mehr so nervös zu sein“, sagte er. Am Sonnabend in der vollbesetzten Arena in Düsseldorf kann Abgeklärtheit auch nur helfen.