Hamburg. Alte Probleme und nur noch vier Trainingstage bis zum Spiel gegen Kaiserslautern. Das heikelste Thema aber betrifft Trainer Hürzeler.
Es waren gemischte Gefühle, mit denen die Mannschaft des FC St. Pauli am Sonnabend nach rund eineinhalb Wochen Trainingslager in Benidorm (Spanien) wieder in Hamburg landete. Die 1:3 (0:2)-Niederlage im einzigen Testspiel der Wintervorbereitung gegen Zweitliga-Schlusslicht VfL Osnabrück hatte doch zu viele Defizite im Spiel des Aufstiegsanwärters offenbart, als dass man entspannt darüber hinwegsehen könnte. Insbesondere bei den beiden Schwerpunkten, an denen im Trainingslager gezielt gearbeitet wurde, war im Test kein echter Fortschritt zu erkennen.
Nach einem trainingsfreien Sonntag und Montag hat Trainer Fabian Hürzeler noch in vier Trainingseinheiten die Chance, sein Team für den Rückrundenstart am kommenden Sonnabend (13 Uhr) gegen den 1. FC Kaiserslautern auf Kurs zu bringen. Die beiden größten Baustellen in der Mannschaft sind offenkundig. Wie schon mehrmals in der Hinrunde, und vor allem auch in den beiden letzten Spielen des Jahres 2023 in Osnabrück und gegen Wehen Wiesbaden (jeweils 1:1), hatte sich das Team jetzt im Test gegen Osnabrück zu inkonsequent in der Verwertung der eigenen Torchancen gezeigt.
St. Paulis Testspielniederlage offenbarte Probleme
Zudem fielen eine gewisse Ideenlosigkeit und mangelnde Spritzigkeit im Offensivspiel auf. Letzteres mag mit müden Beinen nach den intensiven Einheiten in Benidorm erklärbar sein. Dennoch war es ein krasser Unterschied zum furiosen 7:2 gegen den FC Lugano ein Jahr zuvor, mit dem St. Pauli das erste Trainingslager unter Hürzeler am selben Ort beendet hatte. Damals folgte in der Liga eine Serie von zehn Siegen nacheinander.
Die sportliche Baustelle Nummer zwei betrifft die Defensive. Auf eine noch größere Stabilität in diesem Bereich hatte Hürzeler besonders viel Wert gelegt. Ein Fehlpass von Torwart Nikola Vasilj im Spielaufbau und ein einfacher Steilpass auf den flinken Ex-St.-Paulianer Christian Conteh reichten dem VfL Osnabrück, um in den ersten 75 Minuten mit 2:0 in Führung zu gehen. Das war in dem XXL-Spiel die Halbzeit, in der Hürzeler seine erste Elf eingesetzt hatte.
Viele Spieler sind keine adäquaten Alternativen
Viel zu einfach habe man die Gegentore kassiert, befand Hürzeler. Das Ziel, endlich in der Liga wieder einmal zu null zu spielen, ist nicht zu erreichen, wenn die grundsätzlich durchaus vorhandene defensive Stabilität immer mal wieder durch derartige Nachlässigkeiten unterbrochen wird.
Die dritte Baustelle betrifft die zweite Garde des Teams. Während Defensiv-Allrounder Adam Dzwigala nicht allein wegen seines Tores im Test gegen Osnabrück wieder einmal unter Beweis stellte, dass auf ihn Verlass ist, wenn er gebraucht wird, fielen andere erneut deutlich ab. Insbesondere Stürmer Andreas Albers, Außenbahnspieler Danel Sinani und Mittelfeldakteur Carlo Boukhalfa sind weiterhin recht deutlich davon entfernt, adäquate Alternativen für die Startelf zu sein. Für den einen oder anderen könnte jetzt eine Luftveränderung sinnvoll sein.
Weiter auf der Suche nach Außenstürmer
Baustelle Nummer vier ist die Suche nach einem linksfüßigen Außenstürmer für die rechte Seite, nachdem der Transfer von Julian Justvan (Hoffenheim) bisher nicht zu realisieren war. Trainer Hürzeler sieht den hier bisher als Stammkraft agierenden Oladapo Afolayan noch besser auf der linken Seite untergebracht, auch wenn ihm hier mit Elias Saad einer der wertvollsten Spieler der Hinrunde zur Verfügung steht. Zudem wird es eine Aufgabe sein, Stürmer Simon Zoller nach dessen Verletzungen in der Hinrunde in eine konkurrenzfähige Verfassung zu bekommen.
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Erfreulich ist immerhin, dass der bisher einzige Winterzugang, Aljoscha Kemlein (19/Union Berlin), sich schnell integriert hat und als Ersatz für Kapitän Jackson Irvine ein Startelf-Kandidat ist. Irvine und sein St.-Pauli-Kollege Connor Metcalfe waren am Sonnabend mit der Nationalmannschaft Australiens erfolgreich in den Asien-Cup gestartet. Beide standen in der Anfangsformation gegen Indien, Irvine erzielte beim 2:0-Sieg den ersten Treffer.
Die fünfte und mit Abstand brisanteste Baustelle betrifft Trainer Hürzeler selbst. Weiterhin gibt es mit ihm keine Einigung über einen neuen Vertrag vom kommenden Sommer an. Offiziell sind von ihm und von Vereinsseite Bekundungen von Gelassenheit zu vernehmen wie „Gut Ding will Weile haben“. Hinter den Kulissen aber droht die von Hürzelers Beratern geforderte Ausstiegsklausel für einen Wechsel zu einem Bundesligaclub schon im Sommer dieses Jahres zu einer Zerreißprobe zu werden.
FC St. Pauli: Wird Hürzeler-Vertrag zur Zerreißprobe?
Die Clubführung will sich aus guten Gründen nicht auf eine solche Klausel einlassen und hat Hürzeler nach Abendblatt-Informationen stattdessen das höchste Gehalt geboten, das St. Pauli jemals einem Trainer gezahlt hat. Die Rede ist von einer Verdreifachung seiner bisherigen Bezüge. Dennoch ist es bisher nicht zu einer Einigung gekommen. Mittlerweile sollen sich intern Stimmen mehren, zeitnah die Hängepartie zu beenden und eine Entscheidung zu treffen – so oder so. Allen Beteiligten ist bewusst, dass eine ungeklärte Trainerfrage auch Auswirkungen auf den weiteren Saisonverlauf haben dürfte. Fortsetzung folgt garantiert.