Hamburg. Mitglieder stimmen am Donnerstag über St. Paulis Ausstieg aus der Social-Media-Plattform X ab. Und es gibt noch mehr Brisantes im CCH.
Allein der Gedanke hat schon etwas Skurriles: Teilt der FC St. Pauli am Donnerstagabend über die Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) mit, dass man fortan genau über diesen Weg künftig nichts mehr berichten und von sich preisgeben wird? Eine solche, im Idealfall sofortige Funkstille auf X jedenfalls fordert ein von Vereinsmitgliedern eingereichter Antrag, über den am Donnerstag (ab 19 Uhr) die diesjährige Mitgliederversammlung im CCH abstimmen soll.
FC St. Pauli nutzt X mehrmals täglich für Nachrichten
Bislang nutzt der FC St. Pauli die Plattform X täglich, um Nachrichten aus dem Verein schnell und unkompliziert zu verbreiten. Bei Ligaspielen wird eine Stunde vor dem Anpfiff die Aufstellung des Profiteams über diesen Weg veröffentlicht. In einem Liveticker erfahren all jene, die weder im Stadion noch am Fernsehschirm mit den Kiezkickern mitfiebern können, was sich auf dem Spielfeld an bemerkenswerten Szenen abspielt. Mit einem ähnlichen Aufwand werden auch die Regionalligaspiele des U-23-Teams begleitet.
Doch damit soll nun am besten sofort Schluss sein. „Die Mitgliederversammlung des FC St. Pauli von 1910 e.V. möge beschließen, dass der Verein die Aktivitäten auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) unter Berücksichtigung möglicher vertraglicher Verpflichtungen mit Sponsoringpartnern zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens aber zum 31. 12. 2023 einstellen wird“, heißt es in dem eingereichten Antrag.
Viel Kritik an der Entwicklung von X
Begründet wird diese Forderung vor allem mit der Entwicklung der Kurznachrichten-Plattform, seit diese vor gut einem Jahr von Milliardär Elon Musk vollständig gekauft worden war. „Die unter seiner Führung erfolgten Veränderungen hinsichtlich der Entwicklung der Plattform, dem Umgang mit verifizierten Konten und Aussagen von Elon Musk selbst führten seit der Übernahme mehrfach zu Kritik am Social Network und der Ankündigung vieler Nutzerinnen und Nutzer, Twitter zu verlassen“, heißt es dazu in dem Antrag.
Und weiter: „Musk hatte die Regeln gegen Hass und Hetze gelockert und Moderatorinnen und Moderatoren entlassen, die Inhalte auf Falschinformationen oder Gewalt überprüfen, sodass seit der Übernahme der Plattform vermehrt trans- und queerfeindliche, rassistische, frauenfeindliche und antisemitische Inhalte verbreitet wurden.“
Verbleib desFC St. Pauli bei X sei „untragbar“
In der Folge führen die Antragsteller einige Vorgänge rund um Twitter/X auf, die aus ihrer Sicht Anlass für einen umgehenden Ausstieg des Vereins sind. Elon Musk und seine Mission für X lasse sich „auf gar keinen Fall mit den Werten des FC St. Pauli vereinbaren“, heißt es dort. Folgerichtig sei „ein Verbleib des Vereins auf der Plattform X untragbar geworden“.
Es verspricht Spannung, wie die Vereinsführung um Präsident Oke Göttlich auf die Forderung der Antragsteller reagieren wird. Ebenso interessant wird sein, inwiefern der Verein mit einzelnen Sponsoren Vereinbarungen über eine Erwähnung in den Mitteilungen über Twitter/X getroffen hat, die womöglich so kurzfristig, wie gefordert, gar nicht aufgehoben werden können. Neben X ist der FC St. Pauli auch auf den Plattformen von Instagram, Facebook, Youtube, Twitch, Tiktok, Mastadon und Linkedin aktiv.
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Neben diesem Antrag dürfte auch die vom Verein geplante Veränderung bei der Vergabe von frei werdenden Dauerkarten eifrig diskutiert werden. Nachdem der Verein bereits angekündigt hat, die rund 12.000 Namen umfassende Warteliste abzuschaffen und neue Kriterien für den Bezug einer Dauerkarte einzuführen, gibt es dazu nun einen Alternativvorschlag.
Dieser Antrag sieht ein modifiziertes System vor, in dem sowohl die Warteliste als auch neue Bewerber berücksichtigt werden. Dabei soll der Einfluss der Warteliste von Jahr zu Jahr um jeweils zehn Prozent verringert werden.
St. Pauli plant neue Vergabe von Dauerkarten
Das Grundproblem in diesem Punkt wird sich ohnehin nicht zufriedenstellend lösen lassen. Die Nachfrage nach Dauerkarten übersteigt bei weitem das Angebot. Pro Saison werden von den aktuell 15.700 Dauerkarten lediglich rund 100 nicht verlängert und können neu vergeben werden. Dabei war die Warteliste Anfang 2016 geschlossen worden. Jetzt soll es auch für neue Bewerber eine Chance geben, sich ein derartiges Ticket zu sichern. Voraussetzung bleibt in jedem Fall die Mitgliedschaft im Verein.