Hamburg. Geschäftsleiter Engelbracht erklärt das negative Ergebnis trotz Rekordumsatzes von rund 62 Millionen Euro. Was die WM damit zu tun hat.

Wenn am Donnerstag der FC St. Pauli seine Mitglieder zur jährlichen Versammlung im CCH empfängt, werden die jetzt bereits öffentlich gewordenen Zahlen aus der Gewinn-und-Verlust-Rechnung für das abgelaufene Geschäftsjahr 2022/23 im Mittelpunkt stehen. Diese Zahlen für den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 30. Juni 2023 sind für den FC St. Pauli in einem entscheidenden Punkt höchst ungewöhnlich.

St. Paulis Umsatz steigt auf Rekordwert

So haben die neuen Rekordumsatzerlöse in Höhe von rund 62 Millionen Euro (Vorjahr rund 50 Millionen Euro) des sogenannten Konzerns, also des Vereins und seiner angegliederten Tochtergesellschaften, nicht etwa zu einem Gewinn geführt. Vielmehr beklagt der FC St. Pauli einen für seine Verhältnisse hohen Verlust von rund 4,9 Millionen Euro. Zum Vergleich: In dem von erheblichen Corona-Beschränkungen und damit deutlichen Mindereinnahmen geprägten Geschäftsjahr 2021/22 hatte der Millerntorclub im Konzernabschluss noch einen moderaten Überschuss von circa 300.000 Euro verbuchen können.

Besonders auffällig am aktuellen Jahresabschluss, der für die interessierten Mitglieder des Vereins bereits einsehbar war und in verschiedenen Blogs rund um den Club schon publik gemacht wurde, ist der Verlust im Bereich Merchandising. Auch hier stiegen die Einnahmen im Konzernabschluss zwar im Vergleich zum Vorjahr von rund 8,8 auf rund 10,7 Millionen Euro. Doch unter dem Strich stand ein Minus von rund 1,6 Millionen Euro. In allen Jahren zuvor, seit der Verein die Merchandisingrechte zurückgekauft hat, hatte es in diesem Bereich einen Überschuss gegeben.

WM in Katar belastete das Merchandising

Dazu erklärte auf Abendblatt-Anfrage Wilken Engelbracht, der seit dem 1. November bei St. Pauli tätige kaufmännische Geschäftsleiter, dass im Wesentlichen drei Faktoren für das in diesem Bereich ungewöhnliche Negativergebnis ausschlaggebend waren. So habe der Umzug in ein Lager eines externen Dienstleisters nach der Aufgabe des vereinseigenen Lagers am Winsbergring mehr als geplant gekostet.

„Aber auch die laufenden Kosten für die Logistikdienstleistungen sind im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich höher ausgefallen als ursprünglich geplant“, sagte Engelbracht. Und weiter: „Das Merchandising-Geschäft selbst lag im Umsatz zwar über dem Vorjahr, fiel aber geringer aus als geplant – was unter anderem an der Kaufzurückhaltung im Zuge der WM in Katar lag.“

Positiv im Hinblick auf das laufende Geschäftsjahr sei aber, dass die laufenden Logistikkosten des externen Lagers inzwischen nach unten angepasst werden konnten. Und der negative Faktor des Umzugs, unter anderem begründet durch Umstellungen der IT, war ein Einmaleffekt. Entgegen anders lautender Spekulationen, so Engelbracht, habe es keine bilanzielle Abwertung von Warenbeständen im Lager gegeben.

Nach Ende der Kurzarbeit stiegen die Personalkosten

Als zweiten Bereich, der für den Verlust ausschlaggebend ist, nannte Engelbracht periodenfremde Aufwendungen, also Kosten, die von ihrer Ursache her noch in das vorherige Jahr gehören, aber in 2022/23 angefallen sind. Wie für jeden Privathaushalt schlugen zudem die erhöhten Energiekosten auch beim FC St. Pauli erheblich zu Buche.

Außerdem sind die Personalkosten in der Verwaltung um rund 1,8 Millionen Euro gestiegen. „Das liegt aber nicht allein an Neueinstellungen, sondern auch daran, dass es im Jahr davor Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie gab und daher die Personalkosten im Vergleichszeitraum geringer ausgefallen sind“, sagt Engelbracht. Dazu gibt es seit dem Geschäftsjahr 2022/23 ein zum Teil haupt- oder nebenamtlich tätiges Präsidium.

St. Paulis Gehälter erhöhten sich auf 15,7 Millionen

„Insgesamt spielen viele einzelne Positionen eine Rolle. Aber wir müssen schauen, dass wir die zu Corona-Zeiten praktizierte Kostendisziplin beibehalten“, fasst Engelbracht die Situation zusammen. „Auf der Umsatzseite war es ein positives Jahr. Alle wichtigen Positionen außer dem TV-Geld aus dem DFB-Pokal sind gewachsen. Wir haben also kein Ertragsproblem, sondern ein Ausgabenproblem gehabt“, sagt er.

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Die Personalkosten für die Zweitligamannschaft sind unterdessen eher keine plausible Erklärung für den Millionenverlust. Diese stiegen nur von rund 14,4 auf 15,6 Millionen Euro. Anders gesagt: Mehr als 50 Millionen Euro wurden andere Dinge als Spielergehälter ausgegeben. Und das in einem Unternehmen, dessen Kerngeschäft der Profifußball ist, wie Präsident Oke Göttlich immer wieder betont.