Hamburg. Wie St. Paulis Trainer Hürzeler sein Team gegen Karlsruhe einstellt und wer den Kiezclub als „sensationelles Gesamtpaket“ sieht.
Da war es wieder. Das dicke Lob des Gegners für den FC St. Pauli. „Es ist über das Kalenderjahr die beste Mannschaft der Liga“, sagte am Donnerstag Christian Eichner, der Trainer des Karlsruher SC, der an diesem Sonnabend (13 Uhr) im Millerntor-Stadion sein Gastspiel geben wird. „Manchmal machen sie Superspiele, manchmal auch ,nur’ gute Spiele. Das aber in Reihe“, sagte Eichner weiter. Seine Eloge gipfelte schließlich in dem Satz: „St. Pauli ist ein sensationelles Gesamtpaket.“
Es sind genau diese Lobeshymnen, mit denen sich der FC St. Pauli in den vergangenen Wochen konfrontiert sieht, die aber Trainer Fabian Hürzeler mit sehr gemischten Gefühlen aufnimmt. Einerseits sagt er: „Lob hört jeder lieber als Kritik.“ Andererseits aber nimmt er sie zum Anlass, auch nach erfolgreichen Spielen Ansatzpunkte für Verbesserungen zu suchen.
St. Paulis Trainer warnt vor Karlsruhes Mittelfeld
Nach der jüngsten Begegnung beim SC Paderborn, als sein Team eine schwache erste Halbzeit spielte und am Ende vor lauter Begeisterung über die 2:1-Führung und die eigene Spielfreude und Überlegenheit die Konterabsicherung vergaß und sich mit einem 2:2 zufriedengeben musste, fiel es ihm leicht, entsprechende Kritikpunkte anzusprechen. „Wir waren zu schläfrig, im Gegenpressing nicht so aktiv wie in den Spielen zuvor, und waren teilweise im Kopf zu langsam, um die richtigen Entscheidungen zu treffen“, sagte er am Donnerstag. Und weiter: „Wir müssen Spiele seriös zu Ende bringen. Das ist die Lehre aus dem letzten Spiel. Wir dürfen kein Larifari hereinbringen. Das schadet uns, das wollen wir nicht sehen.“
Hürzeler ließ denn auch keinen Zweifel daran, dass wie zuletzt Paderborn nun auch der Karlsruher SC in der Lage sein wird, derartige Nachlässigkeiten zu bestrafen. „Karlsruhe hat eine enorme Qualität im Mittelfeld. Das ist eines der besten in der Liga“, sagte er und nannte insbesondere die Erfahrung von Jerome Gondorf und Lars Stindl (beide 35) sowie die spielerische Qualität von Paul Nebel (21) und Marvin Wanitzek (30). Dazu kämen mit Fabian Schleusener (32) und dem Ex-St.-Paulianer Igor Matanovic (20) zwei schnelle und variabel spielende Stürmer mit gutem Abschluss.
Karlsruhe hat seine Durststrecke rechtzeitig beendet
Die Warnungen vor dem kommenden Gegner fielen Hürzeler auch deshalb leicht, weil die Karlsruher am vergangenen Sonntag mit dem überzeugenden 3:0-Sieg gegen den Bundesligaabsteiger FC Schalke 04 ihre eigene Durststrecke beendeten und ein Abrutschen auf den Abstiegs-Relegationsplatz verhinderten.
Fünf Spiele in Folge hatte der KSC zuvor nicht gewonnen und sich damit zumindest vorerst aus dem Kreis der Mannschaften verabschiedet, die ein Wort um den Bundesligaaufstieg mitreden können. Genau dies hatten den Badenern vor der Saison viele Experten zugetraut – ebenso wie dem FC St. Pauli, der diese Einschätzung bisher auch bestätigen konnte.
Karlsruhe konnte Erwartungen bisher nicht erfüllen
Auf die Frage, warum dies den Karlsruhern, die schon vier Saisonniederlagen hinnehmen mussten, bislang nicht gelungen ist, konnte oder wollte Fabian Hürzeler am Donnerstag keine plausible Antwort geben. „Das ist aus der Ferne schwer zu beurteilen“, sagte er und verwies stattdessen darauf, dass ja auch seine Mannschaft nach dem 2:1-Sieg am ersten Spieltag in Kaiserslautern viermal in Folge nur Unentschieden gespielt habe und niemand recht wusste, warum die jeweilige Überlegenheit nicht zu Toren und Siegen geführt habe. „Zu Karlsruhe kann ich nur sagen, dass sie eine enorme Qualität haben. Sie werden hier als kompakte Mannschaft auftreten. Entsprechend kompakt müssen wir dagegenhalten.“
Zudem wies Hürzeler darauf hin, dass die vorherige Sieglosserie offenbar dem Teamgeist der Karlsruher nichts anhaben konnte. „Mir hat imponiert, wie sie gegen Schalke als Mannschaft aufgetreten sind. Sie waren füreinander da, haben sich immer abgeklatscht und hatten eine gute Körpersprache. Das Spiel wird ein großer Test für uns.“
St. Paulis Abwehrchef Smith vor der Rückkehr
Interessant ist, dass der Karlsruher SC nun bereits St. Paulis sechster Gegner in Folge sein wird, der sein vorheriges Spiel gewonnen hat und mit einem entsprechenden Selbstbewusstsein gegen die Millerntorelf antreten kann. Gewonnen hat bislang noch keiner dieser Kontrahenten. Kiel, Schalke, Hertha BSC und Nürnberg verloren gegen St. Pauli, ehe Paderborn zuletzt ein 2:2 erreichte.
In jenem Spiel am vergangenen Sonnabend hatte Hürzeler bekanntlich auf Abwehrchef Eric Smith, der unter leichten Adduktorenproblemen litt, verzichtet, um „kein Risiko“ einzugehen. Gegen den KSC wird der Schwede aller Voraussicht in die Startformation zurückkehren, nachdem er jetzt wieder komplett am Training teilnehmen konnte.
Enge Entscheidung zwischen Saad und Metcalfe
Offen ließ Trainer Hürzeler indes, ob Außenstürmer Elias Saad erneut von Beginn an agieren wird. Der 23-Jährige war in Paderborn deutlich hinter der bestechenden Form geblieben, die ihn in den Wochen zuvor ausgezeichnet hatte, und war zur Halbzeitpause aus dem Spiel genommen worden.
Jetzt lobte Trainer Hürzeler, wie Saad mit diesem keineswegs ungewöhnlichen Rückschlag umgegangen sei. „Er hat definitiv eine Reaktion gezeigt. Er hat am nächsten Tag sofort wieder voll trainiert, hat viele Meter abgespult und war auch am freien Tag danach da. Er hat sofort gezeigt, dass er weiter an sich arbeitet und sich von so einem Spiel nicht zurückwerfen lässt“, sagte der Coach.
- FC St. Pauli schließt Millionendeal mit Ausrüster Puma
- Hürzelers Taktik: Was St. Paulis Dominanz mit Futsal zu tun hat
- Warum St. Paulis Trainer Hürzeler Connor Metcalfe besonders schätzt
Doch die Tatsache, dass mit der Einwechslung von Connor Metcalfe für Saad das Team eine deutlich stärkere zweite Halbzeit zeigte, könnte dazu führen, dass der Australier erst einmal im Team bleiben wird. Dafür spricht auch, dass Oladapo Afolayan in Paderborn auf der linken offensiven Außenbahn deutlich mehr Wirkung gezeigt hatte als zuvor auf der rechten Seite in der ersten Halbzeit.
Zudem verriet Trainer Hürzeler, dass seine Präferenz auf den offensiven Außenbahnen Spieler seien, die nach innen ziehen und dann ihrem stärkeren Fuß auf das Tor schießen können. Also ein Linksfuß auf rechts und ein Rechtsfuß als links. Dies würde dafür sprechen, dass Metcalfe auch gegen Karlsruhe als Rechtsaußen agieren darf.
St. Paulis Trainer Hürzeler lobt Saad für Reaktion nach Auswechslung
Wie immer sich Fabian Hürzeler am Ende auch entscheidet, steht außer Frage, dass ihm ein Lob seines Kollegen Eichner nach einem Sieg am Sonnabend deutlich lieber ist als schon vorher.