Hamburg. Der neue Ausrüstervertrag beschert dem Kiezclub siebenstellige Einnahmen. Was mit der bisherigen Eigenmarke DIIY passiert.
Seit Mittwochnachmittag ist offiziell, was schon seit längerer Zeit in der Branche die Runde gemacht hat. Der FC St. Pauli hat von der kommenden Saison an das Traditionsunternehmen Puma als neuen Ausrüster. Mehr noch: Es ist der wirtschaftlich mit Abstand lukrativste Deal, den der aktuelle Zweitligatabellenführer mit einem Sportartikelhersteller jemals abgeschlossen hat. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf rund zehn Millionen Euro.
„Wir sprechen von einem Vertragsvolumen, das deutlich höher ist als bei unserem vorherigen externen Ausrüster“, sagte am Mittwoch Oke Göttlich, der Präsident des FC St. Pauli. Der US-amerikanische Konzern Under Armour, der bei Mitgliedern und Fans wegen seiner Nähe zur Waffenlobby immer umstritten war, war von Sommer 2016 an fünf Jahre lang der Ausrüster des Kiezclubs gewesen. Es soll sich nahezu um eine Verdoppelung des Betrages handeln.
St. Pauli schließt seinen lukrativsten Ausrüstervertrag ab
Zumindest in den ersten Jahren überwies Under Armour jährlich gut eine Million Euro an St. Pauli. Später sorgten finanzielle Probleme dafür, dass das Unternehmen kein Geld mehr zahlte, St. Pauli dafür aber von den verkauften Trikots und anderen Artikeln die Marge, die eigentlich Under Armour zugestanden hätte, behalten durfte. Ein guter Deal war dies nicht. Dem Vernehmen nach verkaufte St. Pauli pro Jahr maximal 15.000 Trikots mit dem UA-Logo pro Jahr.
Anstatt einen neuen externen Ausrüster zu suchen, hob der FC St. Pauli 2021 die Eigenmarke DIIY (Do it, improve yourself) aus der Taufe und ließ nahezu alle Teamsport-Textilien mit diesem Logo aus nachhaltigen Materialien und überwiegend in der Türkei, also in Europa, unter fairen Bedingungen herstellen. Der Erfolg war, dass der Kiezclub in der ersten Saison (2021/22), in der das Zweitligateam und auch die Nachwuchs-Leistungsmannschaften das DIIY-Dress trugen, alle 30.000 hergestellten Fan-Trikots verkauft wurden. Zuletzt ließ der Hype wieder etwas nach.
Eigenmarke DIIY wird nicht gelöscht
Auf den ersten Blick scheint, dass der FC St. Pauli nun im dritten Jahr mit DIIY eine Rolle rückwärts vollzieht, indem er zu einem externen Ausrüster zurückkehrt. Doch die Sache ist, wie so oft beim FC St. Pauli, durchaus ein wenig komplexer und vielschichtiger. So wird die eingetragene Handelsmarke DIIY keineswegs liquidiert, was eine von mehreren Optionen gewesen wäre.
„Puma war sehr interessiert, die Marke DIIY zu übernehmen. Sie lizenzieren sie über die Vertragslaufzeit, sodass wir punktuell mit Puma und DIIY gemeinsam Produkte herstellen können. Dafür kommen zum Beispiel Sondertrikots oder bestimmte Shirts zu einzelnen Themen in Betracht“, erläuterte Präsident Göttlich.
Auch der vielleicht naheliegenden Annahme, die Gründung von DIIY sei im Nachhinein ein Fehler gewesen, widersprach er vehement: „DIIY hat uns überhaupt erst die Chance gegeben, wieder für die großen Ausrüster interessant zu werden und mit ihnen zu sprechen. Um es klar zu sagen: Puma war wegen DIIY interessiert. Aus den Erfahrungen mit DIIY heraus konnten wir zudem viel besser über die Nachhaltigkeitsstandards auf Augenhöhe sprechen.“
Vertrag mit Puma läuft über mindestens fünf Jahre
Dies führte nun dazu, dass sich Puma auf einen hoch dotierten und langfristigen Deal mit dem FC St. Pauli einließ. Konkret dürfte sich die Vertragsdauer auf mindestens fünf Jahre belaufen, in denen jeweils rund zwei Millionen Euro auf das Konto des FC St. Pauli fließen, sodass es am Ende auf eine zweistellige Millionensumme hinausläuft. Bei einem Aufstieg in die Bundesliga wird es noch einen Zuschlag geben.
„Für den FC St. Pauli bringt die Partnerschaft mit Puma mehr Aufmerksamkeit, mehr kooperative Möglichkeiten und mehr wirtschaftliche Sicherheit durch eine weltweit bekannte Marke“, sagte Göttlich weiter und verriet einen bisher unbekannten Aspekt. So habe die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei der Lizenzierung die aus dem Verkauf der DIIY-Ware entstehenden Beträge nicht als sichere Einnahme anerkannt. Dies sei nun bei einer garantierten Zahlung durch Puma völlig anders.
Präsident Göttlich lobt Arbeit von Bernd von Geldern
„Es ist außergewöhnlich, dass man als Zweitligist direkt einen Vertrag mit einem Ausrüster-Konzern abschließt und nicht über den Umweg eines Großhändlers geht. Das war für uns eine Grundvoraussetzung für die Partnerschaft“, stellte Göttlich am Mittwoch klar. In diesem Zusammenhang hob er auch die Arbeit von Bernd von Geldern positiv hervor, der als Geschäftsleiter Wirtschaft federführend für die Einführung von DIIY, aber auch für die Gespräche mit Puma war, ehe sich die Wege am 30. Juni überraschend trennten.
Fest steht, dass die für den FC St. Pauli hergestellte Ware weiterhin in Europa produziert wird. „Zu unseren bisherigen Produktionsstätten in der Türkei kommt jetzt die Zirkulations-Fabrik in Portugal“, sagte Göttlich. „Puma wird mit uns ein zirkulares Trikot veröffentlichen. Das bedeutet, dass aus Altware Neuware wird“, sagte St. Paulis Präsident.
Trotz des Puma-Einstiegs sollen keine Arbeitsplätze verloren gehen
„Wir haben eine Nachhaltigkeitsstrategie. Wenn wir diese in einen großen Konzern mit übertragen können, kann uns niemand vorwerfen, dass wir unsere Grundsätze aufgeben, um sicheres Geld einzunehmen. Es ist also vielmehr so, dass wir in einem größeren Konzern unsere Fußstapfen hinterlassen“, sagte er weiter.
Oke Göttlich räumte ein, dass das Projekt DIIY auf der Geschäftsstelle des FC St. Pauli viele personelle Ressourcen gebunden habe. Dennoch werde es jetzt, da viele Aufgaben wieder von einem externen Ausrüster übernommen werden, keinen Arbeitsplatzabbau geben, versicherte er.
Ein Vorteil der neuen Partnerschaft soll zudem sein, dass eine Weiterentwicklung in Sachen Nachhaltigkeit allein schon in finanzieller Hinsicht durch einen Großkonzern viel leichter als durch einen Fußball-Zweitligisten zu leisten ist. „In Forschung und Entwicklung können große Konzerne wesentlich mehr investieren, als wir dazu in der Lage sind“, sagte Göttlich dazu.
Puma-Deal kann zu attraktiven Testspielen führen
Dabei ist er davon überzeugt, dass Puma das Anliegen Nachhaltigkeit auch tatsächlich verfolgt. „Sie haben ein Bekenntnis abgegeben, die eigene Produktion zu verbessern, weil der Konzern erkannt hat, dass dies absolut gesellschaftlich relevant ist“, sagte Göttlich dazu.
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In sportlicher Hinsicht könnte der Puma-Deal für den FC St. Pauli noch einen interessanten Aspekt mit sich bringen. So ist die Absicht hinterlegt, Testspiele gegen andere Clubs zu organisieren, die auch von Puma ausgerüstet werden. In der Bundesliga sind das Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach, international zum Beispiel Olympique Marseille, also der französische Erstligist aus Hamburgs Partnerstadt.
Das Trikot wird kommende Saison fünf Euro teurer
Fest steht unterdessen schon jetzt, dass das Puma-Trikot der Saison 2024/25 für Erwachsene mit 79,95 Euro fünf Euro mehr als das DIIY-Shirt für die laufende Saison kosten wird. Diese Preiserhöhung, so betont Oke Göttlich, hätte es aber auch gegeben, wenn man weiter in Eigenregie produziert hätte.