Hamburg. Der FC St. Pauli baut seine Tabellenführung in der Zweiten Liga mit einem starken Auftritt aus. Ein Stürmer sticht besonders heraus.
Was für ein begeisternder Fußballabend des FC St. Pauli im Millerntor-Stadion. Mit dem hochverdienten 5:1 (1:1)-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg baute der Kiezclub seine Tabellenführung in der Zweiten Liga aus und steht nun zwei Punkte vor dem HSV. Vor 29.546 Zuschauern erzielten Elias Saad, zweimal Johannes Eggestein sowie Etienne Amenyido und Connor Metcalfe die Treffer zum fünften Saisonsieg.
Gegenüber dem 2:1-Sieg bei Bundesliga-Absteiger Hertha BSC genau eine Woche zuvor hatte St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler nur eine Änderung in seiner Startelf vorgenommen. Diese Personalie war auch alles andere als überraschend, denn Kapitän Jackson Irvine besaß nach einer vollen Trainingswoche wieder die Verfassung, um von Beginn an spielen zu können. Sein Bänderriss im Sprunggelenk ist damit komplett überwunden.
Irvine zurück in St. Paulis Startelf anstelle von Metcalfe
Der Australier verdrängte im defensiven Mittelfeld seinen Landsmann Connor Metcalfe, der zunächst wieder auf der Bank Platz nehmen musste. In der kommenden Woche fliegen beide gemeinsam nach England, um dort Testspiele gegen den Gastgeber im Wembleystadion in London und gegen Neuseeland in Brentford zu bestreiten.
Zunächst aber ging es erst einmal darum, sich mit einem guten Gefühl aus dem letzten Spiel vor der Länderspielpause zu verabschieden. Und dies sollte sich schon sehr früh einstellen, weil die St. Paulianer eine überaus sehenswerte Kombination, die ihren Ursprung in einem Einwurf von Manolis Saliakas hatte, konsequent zu Ende spielten. Irvine, Eggestein, Marcel Hartel, nochmals Irvine und schließlich der völlig freie Torschütze Saad hießen die Stationen, die zur 1:0-Führung (4.) führten.
Traumkombination führt zum 1:0 durch Saad
Diese Führung und auch das gute Gefühl auf einen glanzvollen Abend aber erhielt durch eine eigene Nachlässigkeit einen mächtigen Dämpfer. Dass daran der Ex-St.-Paulianer Mats Möller Daehli entscheidend beteiligt war, tat ein Übriges. Der Norweger nämlich erlief einen zu schwach gespielten Pass von Torwart Nikola Vasilj aus Saliakas, spielte zu Außenstürmer Kanji Okunuki ab, dessen gezielter Rechtsschuss zum 1:1 (24.) von Vasilj nicht zu halten war. "Ich mache ihm keinen Vorwurf. Für mich war wichtig, wie Niko damit umgeht, und das war gut", sagte Hürzeler.
Wie schon beim späten Anschlusstreffer von Hertha BSC eine Woche zuvor hatte damit das von St. Pauli praktizierte Passspiel von hinten heraus zu einem Gegentor geführt. Hürzeler propagiert dieses Stilmittel und wird nicht müde, es vehement zu verteidigen. Dabei streicht er die Vorteile heraus, die ein gelungenes Überspielen der vorderen Reihe des Gegners mit sich bringt. Das Tor zum 1:0 hatte auch genau darin seinen Ursprung gehabt. Wenn sich allerdings Nachlässigkeiten beim Passspiel im und vor dem eigenen Strafraum einschleichen, ist das Risiko immens.
Vasiljs schwacher Pass leitet 1:1-Ausgleich ein
Die Versuche der St. Paulianer, noch in der ersten Hälfte wieder in Führung zu gehen, fruchteten trotz allen Bemühens nicht. Die beste Gelegenheit vereitelte Nürnbergs Torwart Christian Mathenia, als er den Linksschuss von Oladapo Afolayan entschärfte (36.). St. Paulis Feldüberlegenheit, die sich zur Pause in 71 Prozent Ballbesitz und 8:2 Torschüssen ausdrückte, hatte sich bis dahin nicht ausgezahlt.
Das allerdings änderte sich nach dem Wiederanpfiff grundlegend, weil Eggestein, der schon am ersten Tor beteiligt war, seinen großen Auftritt hatte. Bei einem Freistoß von Eric Smith von links hatte der Mittelstürmer den richtigen Riecher und schob den Ball, der zuvor an allen kopfballstarken Spielern vorbeigeflogen war, mit dem Fuß zur 2:1-Führung (49.) ins Nürnberger Tor.
"Wir sind als ein anderes Team zur zweiten Halbzeit rausgekommen. Ich hoffe, man konnte von außen genießen, wie wir gespielt haben. Wir haben es jedenfalls auf dem Platz genossen", sagte Smith und fügte an: "Die zweite Halbzeit war unglaublich."
Eggestein gelingt Doppelpack innerhalb von sieben Minuten
Nur sieben Minuten später schloss Eggestein einen Hamburger Konter über Hartel zur 3:1-Führung ab. Nach seiner Torpremiere in dieser Saison eine Woche zuvor in Berlin, konnte er sich jetzt also über einen Doppelpack freuen.
"Es war für mich persönlich noch mal eine Steigerung gegenüber dem Spiel in Berlin. Aber auch als Mannschaft haben wir uns abermals gesteigert", sagte Eggestein. "Nach der Pause sind wir sehr gut rausgekommen und haben gezeigt, wer Herr im Haus ist", so der Stürmer.
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Einen Schreckmoment musste St. Pauli noch überstehen, als Torwart Vasilj einen Schuss des eingewechselten Lukas Schleimer an die Latte seines Tores lenkte (70.). Doch ansonsten begeisterte das Team die eigenen Fans mit einem spielerisch starken Auftritt. Der vierte Sieg in Folge und die erfolgreiche Verteidigung der Tabellenführung geriet nicht mehr in Gefahr.
Im Gegenteil: In der Nachspielzeit gelangen den eingewechselten Etienne Amenyido und Connor Metcalfe auch noch die Treffer Nummer vier und fünf. Der Rest war grenzenloser Jubel am Millerntor.
"Wir haben es nach dem ersten Tor ein bisschen schleifen lassen. Das hat mir nicht gefallen, so ist auch das Gegentor gefallen", sagte Hürzeler. "In der zweiten Halbzeit hat aber die Balance wieder gestimmt zwischen defensiver Stabilität und offensiver Torgefahr", so der 30-Jährige.
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas (90. Treu), Irvine, Hartel (90. Boukhalfa), Ritzka - Afolayan (64. Metcalfe), Eggestein (80. Albers), Saad (80. Amenyido).
1. FC Nürnberg: Mathenia - Gyamerah, Marquez, Gürleyen, Handwerker (61. Brown) - Flick, Duman (46. Schleimer), Möller Daehli (82. Geis) - Goller (61. Uzun), Lohkemper (76. Daferner), Okunuki.
Tore: 1:0 Saad (4.), 1:1 Okunuki (24.), 2:1 Eggestein (49.), 3:1 Eggestein (56.), 4:1 Amenyido (90.+3), 5:1 Metcalfe (90.+5). Schiedsrichter: Matthias Jöllenbeck (Freiburg). Zuschauer: 29.546 (ausverkauft). Gelbe Karten: Smith (2), Afolayan (2), Ritzka, Irvine (4) - Handwerker (2). Statistiken: Torschüsse: 20:7. Ecken: 8:4. Ballbesitz: 67:33 Prozent. Zweikämpfe: 88:76. Laufleistung: 121,6:116,1 Kilometer.